1899
(?C5 Michel: „Herrgott! Was für
ein Löwe!“
Zur Lösung der Iprachensragen
in Oesterreich.
Die spiritistische Zeitschrift „psychische Studien"
entnimmt dem „Philosophicai Journal" folgendes:
„Lin Schwede, Namens Larson, der in einer Schiffs-
werft zu New-Pork arbeitete, wurde von einem
fallenden Block schwer getroffen; sein Schädel
wurde gespalten. Beim Herausnehmen der Splitter
wurden ungefähr zwei Unzen des Gehirns zerstört.
Ais Larson zu sich kam, begann der Kranke zu-
erst unartikuiirte Laute auszustoszen, aus den un-
artikulirten Lauten wurde dann — ein fließen-
des, gewandtes und gebildetes Englisch,
während er, der Schwede, vor dem Unfälle darin
ein rechter Stümper gewesen war. Dafür hatte
der Unglückliche aber seine schwedische Mutter-
sprache total verloren."
Daß der Tschech im dunklen Triebe
Sich des rechten Wegs bewußt,
Wenn auf Michels Kopf er Hiebe
prasseln läßt mit wilder Luft —
Das beweist der Zoll des Schweden
Larson (stehe den Bericht),
Der jetzt zwar nicht schwedisch reden
Kann, — doch fließend englisch spricht.
Dst erscheint es roh, ja thierisch,
Was der Tschech dem Michel thut,
Doch im Grund verfährt „empirisch"
(Zwar der Tschech, — doch meint er's gut.
Wenn nur jetzt die Zachgelehrten
Die genaue Theorie
Zünden, um sie zu verwerthen,
(Zu erfahren bald durch ste:
Wie viel Unzen — was für Unzen
Man aus dem Gehirn entfernt,
Daß man Hottentottisch grunzen
Dder tschechisch sprechen lernt.
Michel, magst Du auch darüber
Büßen Deine Sprache ein —
Wirst Du doch sofort, mein Lieber,
Ueberreich entschädigt sein! Ioltl
Dupuy hat bekanntlich mit Binder ge-
wettet, daß die „Affaire" bis zum 20. März
beendet sein werde. Die Freunde Binder's
haben sich infolge dessen zu einer patriotischen
Liga zusammengeschlossen, um eine Revision
der Revision durchzusetzen und, wenn dies nicht
gelingen sollte, zum Staatsstreich zu schreiten.
Die Prätendenten stehen an der Grenze und
zittern vor Aufregung.
. JUGEND .
Geschwindigkeit ist keine Hexerei!
Well,
Schell,
Das ging schnell!
Erst Gebell
Stark und grell,
Dann eine Sd)eU’
Bon höchster Stell' -
Und zurück in
Dein Zell
Zuckst Du schnell.
Ob, monsieur Schell,
Quelle
Ritournelle!
Eos.
osn-o
In Kotzeuau hat neulich eine Souffleuse
gestreikt und dadurch die geplante Wilden-
bruch- oder Blumenthal-Vorstellung unmöglich
gemacht. Aus sämmtlichen Städten und Dörfern
Deutschlands schickte der kunstsinnige Theil des
Publikums Hnldignngstelegramme und Auf-
forderungen zum Gastspiel.
Der Herzog von Orleans ließ eine Un-
menge Medaillen mit seinem Bildnis; prägen
und nach Frankreich schaffen. Sie wurden
jedoch vor der Vertheilung beschlagnahmt.
Infolge dessen mußte die Thronbesteigung des
Herzogs ausfallen.
GN3
Die beiden frommen alten Damen
Und es rief die Jungfer paafche — Auf ein-
mal in frommer Rage: — „Wackeln thun des
Reiches Stützen, — Weil das Beten abgenom-
men, — Denn dem Lande wirklich nützen —
Können nur die wahrhaft Frommen! — wer
den Pfarrer nicht verehrt, — Ist blos einen
Mühlstein werth 1" — Schwester Gröber, die's
vernahm, —■ Aergerte das ganz infam, —
Denn auch sie stand weit und breit — Im
Geruch der pciligkeit. — Und sie rief: „was
die da spricht, — Stimmt, doch imponirt mir’?
nicht. — Fromm sein mag die Jungfrau, doch -
Ich bin zehnmal frömmer noch! — Und sic
lade überhaupt, — wenn sie alles Jenes glaubt,
— Erst den Don Filncius, — Der so vieles
leiden muß, — weil er gar so fromm und
rein, — Sich als lieben pausfreund ein! —
Erst wenn Pater Luci hier ist, — Glanb' ich
ihr, daß was an ihr ist!" — Also sprach die
Schwester Gröber — Frei von ihrer schwarzen
Leber. — Und die fromme Schwester Paasche
— Spürte so was, wie Blamage, — Denn
gerad' von dieser Seite — Patte sich die Buß-
bereite — Anerkennung still erhofft! — Siehst
Du wohl, so geht es oft: — wer sich gar zu
willig gibt, — Ukacht sich dennoch nicht beliebt!
Bob
(Redaktionsschluss: 7. März 1899)
„O jeh! Es war doch nur ein
Lamperl!“
Die vielen beschmutzten und verdorbenen
Reichskassenscheine sollen jetzt eingezogen
werden. Wie wär's, wenn man damit den noth-
leidenden Agrariern von 100 Hektaren und
darüber beispränge? Ausschlagen werden sie nicht.
Die Annäherung an die niedrige
Oeffnung des Zentrumsthurmes wird
immer deutlicher. Herr v. Miguel will im
westlichen Preußen das Kommunal-Wahlrecht
so „reformiren," daß überall die Ultramontanen
das Heft in die Hand bekommen. Auch heißt
es, daß der Fürstbischof Kopp auf die
preußische und die deutsche Regierung einen
noch stärkeren Einfluß übe, als in der Oeffent-
lichkeit bekannt sei. Wenn Hohenlohe wirklich
an dem Fürstbischof einen so wackeren Helfer
hat, so kann er vergnügt im Reichskanzlerpalais
umhertanzen und singen: „Ich Hab' meine Sach'
auf'n Kopp gestellt, juchhe!"
Eine Führerin der Thierschutzbe-
wegung hat einen Aufruf erlassen, in dem
es heißt: „Ans! zur gemeinsamen Bekämpfung
der verruchtesten, teuflischsten, gcineinsten aller
Thierquälereien, der Vivisektion, der sog.
wissenschaftlichen Thierfolter." — Die Qualen
der Thiere beseitigen oder mildern wollen, ist
stets löblich; sobald aber Weiber zu Hyänen
werden, sind sie Partei.
In Pilsen ist wieder einmal ein 73jähriger
Greis von jungen czechischen Gentlemen
halbtodt geschlagen worden, weil er deutsch
gesprochen hat. Sollte der alte Mann mit
dem Leben davon kommen, so dürfte er wegen
Aufreizung zum Rassenhaß vor die Ge-
schworncn verwiesen werden.
Im Münchner Knnstverein hat sich
Herr Doktor von Lenbach sehr ungnädig über
die Kritik geäußert: „Dem Publikum ge-
falle das freie Drauflosgehen in der
Malerei wenig, was ihm aber gefalle,
das werde in der Presse stets herunter-
gemacht." — Wie bemerkt doch der Dichter
so richtig: „Bilde Künstler — rede nicht!"
Ein agrarischer Major hat im Zirkus Busch
in Berlin die gegnerische Presse „niederträch-
tig, frech und infam" genannt und allein
schon durch diese drei Adjektive jubelnden Beifall
erzielt. Kein Wunder: dergleichen wirkt schon auf
Gemüseweiber, wie dann erst auf Kornjunker!
„Tausende von Wählern sind uns dadurch
durch die Lappen gegangen," meinte der
edle Waidmann. Das ist wirklich gemein! Er
hätte sie so gerne zur Strecke gebracht.
i99
(?C5 Michel: „Herrgott! Was für
ein Löwe!“
Zur Lösung der Iprachensragen
in Oesterreich.
Die spiritistische Zeitschrift „psychische Studien"
entnimmt dem „Philosophicai Journal" folgendes:
„Lin Schwede, Namens Larson, der in einer Schiffs-
werft zu New-Pork arbeitete, wurde von einem
fallenden Block schwer getroffen; sein Schädel
wurde gespalten. Beim Herausnehmen der Splitter
wurden ungefähr zwei Unzen des Gehirns zerstört.
Ais Larson zu sich kam, begann der Kranke zu-
erst unartikuiirte Laute auszustoszen, aus den un-
artikulirten Lauten wurde dann — ein fließen-
des, gewandtes und gebildetes Englisch,
während er, der Schwede, vor dem Unfälle darin
ein rechter Stümper gewesen war. Dafür hatte
der Unglückliche aber seine schwedische Mutter-
sprache total verloren."
Daß der Tschech im dunklen Triebe
Sich des rechten Wegs bewußt,
Wenn auf Michels Kopf er Hiebe
prasseln läßt mit wilder Luft —
Das beweist der Zoll des Schweden
Larson (stehe den Bericht),
Der jetzt zwar nicht schwedisch reden
Kann, — doch fließend englisch spricht.
Dst erscheint es roh, ja thierisch,
Was der Tschech dem Michel thut,
Doch im Grund verfährt „empirisch"
(Zwar der Tschech, — doch meint er's gut.
Wenn nur jetzt die Zachgelehrten
Die genaue Theorie
Zünden, um sie zu verwerthen,
(Zu erfahren bald durch ste:
Wie viel Unzen — was für Unzen
Man aus dem Gehirn entfernt,
Daß man Hottentottisch grunzen
Dder tschechisch sprechen lernt.
Michel, magst Du auch darüber
Büßen Deine Sprache ein —
Wirst Du doch sofort, mein Lieber,
Ueberreich entschädigt sein! Ioltl
Dupuy hat bekanntlich mit Binder ge-
wettet, daß die „Affaire" bis zum 20. März
beendet sein werde. Die Freunde Binder's
haben sich infolge dessen zu einer patriotischen
Liga zusammengeschlossen, um eine Revision
der Revision durchzusetzen und, wenn dies nicht
gelingen sollte, zum Staatsstreich zu schreiten.
Die Prätendenten stehen an der Grenze und
zittern vor Aufregung.
. JUGEND .
Geschwindigkeit ist keine Hexerei!
Well,
Schell,
Das ging schnell!
Erst Gebell
Stark und grell,
Dann eine Sd)eU’
Bon höchster Stell' -
Und zurück in
Dein Zell
Zuckst Du schnell.
Ob, monsieur Schell,
Quelle
Ritournelle!
Eos.
osn-o
In Kotzeuau hat neulich eine Souffleuse
gestreikt und dadurch die geplante Wilden-
bruch- oder Blumenthal-Vorstellung unmöglich
gemacht. Aus sämmtlichen Städten und Dörfern
Deutschlands schickte der kunstsinnige Theil des
Publikums Hnldignngstelegramme und Auf-
forderungen zum Gastspiel.
Der Herzog von Orleans ließ eine Un-
menge Medaillen mit seinem Bildnis; prägen
und nach Frankreich schaffen. Sie wurden
jedoch vor der Vertheilung beschlagnahmt.
Infolge dessen mußte die Thronbesteigung des
Herzogs ausfallen.
GN3
Die beiden frommen alten Damen
Und es rief die Jungfer paafche — Auf ein-
mal in frommer Rage: — „Wackeln thun des
Reiches Stützen, — Weil das Beten abgenom-
men, — Denn dem Lande wirklich nützen —
Können nur die wahrhaft Frommen! — wer
den Pfarrer nicht verehrt, — Ist blos einen
Mühlstein werth 1" — Schwester Gröber, die's
vernahm, —■ Aergerte das ganz infam, —
Denn auch sie stand weit und breit — Im
Geruch der pciligkeit. — Und sie rief: „was
die da spricht, — Stimmt, doch imponirt mir’?
nicht. — Fromm sein mag die Jungfrau, doch -
Ich bin zehnmal frömmer noch! — Und sic
lade überhaupt, — wenn sie alles Jenes glaubt,
— Erst den Don Filncius, — Der so vieles
leiden muß, — weil er gar so fromm und
rein, — Sich als lieben pausfreund ein! —
Erst wenn Pater Luci hier ist, — Glanb' ich
ihr, daß was an ihr ist!" — Also sprach die
Schwester Gröber — Frei von ihrer schwarzen
Leber. — Und die fromme Schwester Paasche
— Spürte so was, wie Blamage, — Denn
gerad' von dieser Seite — Patte sich die Buß-
bereite — Anerkennung still erhofft! — Siehst
Du wohl, so geht es oft: — wer sich gar zu
willig gibt, — Ukacht sich dennoch nicht beliebt!
Bob
(Redaktionsschluss: 7. März 1899)
„O jeh! Es war doch nur ein
Lamperl!“
Die vielen beschmutzten und verdorbenen
Reichskassenscheine sollen jetzt eingezogen
werden. Wie wär's, wenn man damit den noth-
leidenden Agrariern von 100 Hektaren und
darüber beispränge? Ausschlagen werden sie nicht.
Die Annäherung an die niedrige
Oeffnung des Zentrumsthurmes wird
immer deutlicher. Herr v. Miguel will im
westlichen Preußen das Kommunal-Wahlrecht
so „reformiren," daß überall die Ultramontanen
das Heft in die Hand bekommen. Auch heißt
es, daß der Fürstbischof Kopp auf die
preußische und die deutsche Regierung einen
noch stärkeren Einfluß übe, als in der Oeffent-
lichkeit bekannt sei. Wenn Hohenlohe wirklich
an dem Fürstbischof einen so wackeren Helfer
hat, so kann er vergnügt im Reichskanzlerpalais
umhertanzen und singen: „Ich Hab' meine Sach'
auf'n Kopp gestellt, juchhe!"
Eine Führerin der Thierschutzbe-
wegung hat einen Aufruf erlassen, in dem
es heißt: „Ans! zur gemeinsamen Bekämpfung
der verruchtesten, teuflischsten, gcineinsten aller
Thierquälereien, der Vivisektion, der sog.
wissenschaftlichen Thierfolter." — Die Qualen
der Thiere beseitigen oder mildern wollen, ist
stets löblich; sobald aber Weiber zu Hyänen
werden, sind sie Partei.
In Pilsen ist wieder einmal ein 73jähriger
Greis von jungen czechischen Gentlemen
halbtodt geschlagen worden, weil er deutsch
gesprochen hat. Sollte der alte Mann mit
dem Leben davon kommen, so dürfte er wegen
Aufreizung zum Rassenhaß vor die Ge-
schworncn verwiesen werden.
Im Münchner Knnstverein hat sich
Herr Doktor von Lenbach sehr ungnädig über
die Kritik geäußert: „Dem Publikum ge-
falle das freie Drauflosgehen in der
Malerei wenig, was ihm aber gefalle,
das werde in der Presse stets herunter-
gemacht." — Wie bemerkt doch der Dichter
so richtig: „Bilde Künstler — rede nicht!"
Ein agrarischer Major hat im Zirkus Busch
in Berlin die gegnerische Presse „niederträch-
tig, frech und infam" genannt und allein
schon durch diese drei Adjektive jubelnden Beifall
erzielt. Kein Wunder: dergleichen wirkt schon auf
Gemüseweiber, wie dann erst auf Kornjunker!
„Tausende von Wählern sind uns dadurch
durch die Lappen gegangen," meinte der
edle Waidmann. Das ist wirklich gemein! Er
hätte sie so gerne zur Strecke gebracht.
i99
[nicht signierter Beitrag]: Ein agrarischer Major...
[nicht signierter Beitrag]: Der Herzog von Orleans...
[nicht signierter Beitrag]: Die vielen beschmutzten und verdorbenen...
[nicht signierter Beitrag]: Die Annäherung an die niedrige...
[nicht signierter Beitrag]: Eine Führerin der Thierschutzbewegung...
[nicht signierter Beitrag]: In Pilsen ist wieder einmal...
[nicht signierter Beitrag]: Im Münchner Kunstverein...
[nicht signierter Beitrag]: In Kotzenau hat neulich eine Souffleuse...
Monogrammist Frosch: Jungfer Paasche
Loki: Zur Lösung der Sprachenfragen in Österreich
Eos: Geschwindigkeit ist keine Hexerei!
Monogrammist Frosch: Was für ein Löwe!
Bob: Die beiden frommen alten Damen
[nicht signierter Beitrag]: Dupuy hat bekanntlich...
[nicht signierter Beitrag]: Der Herzog von Orleans...
[nicht signierter Beitrag]: Die vielen beschmutzten und verdorbenen...
[nicht signierter Beitrag]: Die Annäherung an die niedrige...
[nicht signierter Beitrag]: Eine Führerin der Thierschutzbewegung...
[nicht signierter Beitrag]: In Pilsen ist wieder einmal...
[nicht signierter Beitrag]: Im Münchner Kunstverein...
[nicht signierter Beitrag]: In Kotzenau hat neulich eine Souffleuse...
Monogrammist Frosch: Jungfer Paasche
Loki: Zur Lösung der Sprachenfragen in Österreich
Eos: Geschwindigkeit ist keine Hexerei!
Monogrammist Frosch: Was für ein Löwe!
Bob: Die beiden frommen alten Damen
[nicht signierter Beitrag]: Dupuy hat bekanntlich...