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Nr. 13 «JUGEND- 189.9

J. R. Witzei (München)

von dcr Steigere. Angelegentlich scheint sie Cvra's
Bild zu betrachten. „Nun — Sie müssen nicht
so laut sprechen — Andere brauchen doch nicht
gerade zu hören." —

„O — aber Alle wissen ja... Alle sind so
gut... Ach, Lisa, wie ich so.froh bin! Ich
dachte mir — eigentlich fürchtete ich mich." —
.,Sst — um Himmelswillen." —

Die Damen im Sofa, angelockt durch das
Eets-ä-Eeto der beiden jungen Frauen haben
sich erhoben und nähern sich. Paul und Miedler
lehnen in der Thür des Rauchzimmers einander
gegenüber an den Pfosten.

„Was haben Sie denn da?" bewundert die
Regicrungsräthin über Lisa's Schulter hinüber.
„Was für eine schöne Photographie! Gewiß
eine Künstlerin!"

„Bildschön!"

„Sieht der Prinzessin Chimay ähnlich —
aber noch viel reizender." '

„Nicht wahr?" Gigi strahlt vor Stolz und
nickt Paul herausfordernd zu, der aufzuckt, als
er in den Händen seiner Cousine das Bild der
Chansonnette erblickt. Unruhig nähert er sich,
von Miedler gefolgt. Gigi wird doch nicht? —
Wie könnte man nur rasch die allgemeine Auf-
merksamkeit ablenken? — Seinen ausdrucksvollen
Blick scheint sic nicht zu verstehen...

„Ja, sie ist wirklich
schön, wunderschön,"
sagt sie mit Genugthu-
ung. „Schade, daß wir
uns so wenig ähnlich
sehen. Es ist meine
Schwester."

Jetzt erst sieht Lisa
mit Bewußtsein, was
sie so lange und so eifrig
zu betrachten schien.

„Eine Schönheit er-
sten Ranges," sagt sie
bewundernd. — „Wie
heißt sie denn, Ihre
Schwester?"

„Cora."

„Jedenfalls schon
verheirathct," sagt die
Regicrungsräthin: „die
vielen Schmucksachen
deuten darauf hin." —

„Ach nein," sagt Gigi
niit einem vertrauens-
vollen und fröhlichen
Blick der von der Re-
gierungsräthin zu Lisa
hinübergleitet, „ver-
heirathet ist sie zwar
nicht." —

„Gigi!" ruft Paul
in Todesangst mit dem
athemlosen, gequetsch-
ten Tone eines Ertrin-
kenden, „wo — wo ist

eigentlich — der Schlüssel zum.Tantalus' mit
der Chartreuse-Flasche?"

„Verheirathct nicht," fährt Gigi arglos fort,
während sie Paul mit einer leichten Handbeweg-
ung auf das Schlüsselschränkchen verweist. „Aber
sie hat ein sehr einträgliches Berhältniß." —

„Der Schlüssel — ist hier nicht!" keucht Paul
vom Schränkchen her. Der kalte Schweiß steht
ihm auf der blassen Stirn.

„Auch mit einem reichen alten Herrn," endet
Gigi halblaut ihren Satz, zu Lisa gewandt, ihr
mit einem Blick treuherzigen Verstehens zunickcnd.
Sie sieht nicht das Erstarren, das Erbleichen des
hübschen jungen Gesichtes, in dem sich ein paar
steinerne Medusenaugen geöffnet haben, nicht
bc:i offenen Mund des alten Doktors Werth,
dem das Gebiß thatsächlich auf der Zunge liegt

— getrost wendet sie sich und eilt in das Kinder-
zimmer, um ihr Schlüsselkörbchen und darin
den kleinen Schlüssel zum „Tantalus" zu suchen ..

Man muß leise sein, damit das Kind nicht
auswacht... Es dauert lange, bis sie die Streich-
hölzer,. dann das Körbchen und schließlich den
winzigen Schlüssel gesunden hat. Im Corridor
glaubt sie ein Rascheln von Kleidern, ein halb
unterdrücktes Wort, das Oeffnen rmd Schließen
der Thür zu vernehmen — was mag es da geben?

— Sie kehrt in's Zimmer, in den Salon zurück. —

Der Salon ist leer!

Nein, nicht leer. In einem Sessel kauert Paul

und hält sich mit beiden Händen den Kopf.

Dcr Vorhang fällt.

Ja... ja. ..

Und so wartet Gigi noch immer darauf, sich
von der Familie ihres Paul als gleichwerthiges
Mitglied anerkannt zu sehen.

Merkwürdig!

Von allen Lehrern geniesst der Radfahrlehrer die meiste Anhängli

&

Lachende Gedanken

Das Gesicht mancher Frau zeigt stets
auf Feiertag. Es ist immer roth ange-
strichen.

'&

Eine der reinsten Freuden ist das
Wiederbekommen verborgter Bücher.

Man nimmt bei uns Deutschen nur
die Dichter ernst, denen noch nie was
Komisches eingefallen ist.

Auf unsern grossen Bällen sieht man
sehr viel unverschämte Arme.

Paul v. Schönthan

Ein Realist

Kamerad: „ksast
D u mit D einer Köchi n
auch schon einen Ro-
man erlebt?"

Dragoner: „Und
ob! Vorgestern erst hat
sie mir vier Leber-
würste auf einmal
vorgesetzt."

-Lumpenstol;

Intimus: „Dein
letzter Einbruch gab
den Reportern aber
'was zu schreiben."

Gauner: „Ja,

wenn die Könige bau-
en, haben die Kärrner
Arbeit."

Ein Pechvogel

„.. Der Schulze hat
doch unerhörtes Poch.
Der ist gestern auf der
Straße über radelt
und im Avancement
Max Feldbauer üb ergangen wor-

chkeit bei den Damen öcit."

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Register
[nicht signierter Beitrag]: Ein Pechvogel
[nicht signierter Beitrag]: Lumpenstolz
[nicht signierter Beitrag]: Ein Realist
Max Feldbauer: Merkwürdig!
Josef Rudolf Witzel: Auf die Mensur!
[nicht signierter Beitrag]: Lachende Gedanken
 
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