Nr. 16
JUGEND
1899
der Beschämung und des Entsetzens aus, so daß
mit einemmale alles vor den traurigen Blicken
Unserer Lieben Frau und ihrer Gefährtinnen ver-
gehen zu müssen glaubte, bis auf den Bauern-
lümmel, der in seiner Mohnblüthe unentwegt
draus los ziehharmonikate.
Unser abseits stehendes Poetlein, dem eS über
dem wilden Reigen in einem fort kalt und heiß
über den Rücken gelaufen war, hatte aber end-
lich genug von der aufdringlichen Vertretung,
als es sah, wie sich die guten Augen Unserer
Lieben Frau feuchteten. Er fuhr plötzlich un-
gestüm auf die leuchtende Mohnblüthe los und
gab dem unermüdlichen Bruder in Apoll einen
derartigen Stoß, daß dieser Hals über Kopf aus
seinem Schunkelivalzer heraus mit einem schrillen
Mißton der Ziehharmonika gleich einer Kanonen-
kugel eine Kette himmlischer Schönen sprengte
und zu Fall brachte. Obwohl deren Ueberpurzeln
lächerlich genug ausschaute, that Unsere Liebe
Frau bei diesem ungewohnten und absonderlichen
Zwischenspiel mit einem vorwurfsvollen Blick
auf das allzu stürmische Poetlein einen tiefen
Seufzer und wandte sich ab, und auf dem Wege,
den sie mit ihrem Gefolge einschlug, leuchtete es
von den Thränen der heiligen Frauen, als sei
ein Thau auf Blatt und Blüthe niedergegangen.
Die heilige Magdalena hatte vor Scham ihr
Antlitz in ihr Haar verborgen, so daß es sie
gleich einem Mantel umwallte; Sankt Peter kuuf-
selte nüt rothem Gesicht an dem unglückseligen
Ziehharmoniker herum, der dagegen knurrte und
fauchte; und das Poetlein hielt ingrimmig seine
Flöte umklammert, als möcht es diese Stimme
zarter Regungen als eine Wehr und Waffe miß-
brauchen. Von den Tänzerinnen hatten so ziem-
lich alle rothe Augen und Näslein, und eine nach
der anderen konnte man gewahren, wie sie einem
verschtviegenen Plätzlein an einem Quell zustrebte,
sich die Augen wusch, die Haare strählte und das
weiße Kleid paradiesischer Unschuld wieder zurecht
zu zupfen suchte.
Gelang das auch nach außen hin so ziemlich,
so sickerte doch die Kunde von den Vorgängen
am himmlischen Hofstaate bis in die tiefsten Tie-
fen durch. Und just, als man glaubte, es sei das
erste Gras über die Geschichte gewachsen, als au
einem erneuten schönen Morgen die heilige Mag-
dalena und ihre Gespielen zunr ersten Male wie-
der ein Tänzlein auf der smaragdenen Wiese zu
wagen dachten, wozu sich das Poetlein eigens
in einen lichtblauen Frack mit sammtnen Schößen
geworfen hatte, that sich vor den vergebens flüch-
tenden Blicken der bestürzten Tanzgilde am Him-
melssaum etwas wie ein Vorhang auf, und alles
sah, tvie sich auf einem schwarzen Grunde der
flammende Böse mit hochgetragener Schwanz-
quastc abhob. Hin und her paradirte protzig
ivohlgefällig das Schreckniß, und wie zu bitterem
Hohne hatte es den Schwanz mit zarten Lilien
umwunden und in die borstige Spitze Marien-
blümlein verflochten. Vor den Seufzern und
Thränen der himmlischen Tänzerinnen zog sich
zwar der Vorhang über der ärgerlichen Erschein-
ung zu; aber jedes erneute Beginnen, in der
Folge an einem schönen Morgen den lieben ge-
wohnten Reigen zu schlingen, vereitelte die er-
neute Parade des bösen Feindes. In dieser Noth
wurde das Poetlein zu Unserer Lieben Frau ent-
sandt und von Unserer Aller Herrin in Gnaden
mit dem lieblich lautenden Bescheid entlassen, so-
fern nur eine der himmlischen Tänzerinnen eine
vollkommene Reue über jene Veranstaltung un-
heiligen Angedenkens empfunden habe, derart,
daß sie wünschen möchte, sie habe niemals Theil
daran gehabt, so sei ihr Macht über den bösen
Feind verliehen. Sie möge daun getrost auf das
Schreckniß zugehen und ihm den üppigen haar-
sträubenden Schwanzzopf mit den Blumen Un-
serer Lieben Frau abzuschneidcn trachten — ge-
linge das, so sei der Bann gebrochen.
Die heilige Magdalena hatte kaum solch gute
Botschaft vernommen, als sie hell ausjauchzte und
das funkelnde Scheerlein vom Mieder nestelte,
womit sie zu Zeiten, wann auf Erden bittere
Noth um eine Reliquie war, einen ihrer schönen
goldenen Haarringel zu opfern Pflegte. Und un-
gesäumt ließ sie ihre Gespielen zum Reigen an-
treten und schwang sieghaft ihr Scheerlein, als
sich auch das leidige Bild ungesäumt zeigte. Der
böse Feind aber grinste nur von einem Horne
bis zunr andern, als die himmlische Schöne so
auf ihn eindrang, und als sie nahe genug ge-
kommen war, schlug er sie mit der blühenden
Schwanzquaste auf die zarten Finger, daß die
Scheere gleich einem Pfeile der Hand entschnellte
und an einem Sternlein hängen blieb. Und mit
einem schrecklichen Gelächter war er daun ent-
schwunden, alle Glieder der himmlischen Tanz-
gilde und vornehmlich die heilige Magdalena in
beängstigender Vertvirrung und Bedrängnis; und
in bitteren Thränen zurücklassend. Also hatten
sie es doch nicht über sich vermocht, jede ange-
nehm prickelnde Erinnerung an den unglückseligen
Ziehharmonikamorgcn auszurottcu — also tvar
keine Reue so vollkommen, daß nicht irgendwo
noch die Erinnerung an den wilden Trubel ein
kleines verbotenes Verlangen aufzustöbern ver-
mocht haben würde.
Die Thränensluth, welche so von Tag zu Tag
höher schwoll, war dem Poetlein schon bei dem
ersten Losbruche bis an's Herz gestiegen, und
um nicht vollends zu schmelzen und hiuweggc-
waschen zu werden, hatte es sich noch einmal,
diesmal aber verstohlen und insgeheim au Unsere
Liebe Frau gewagt und ihren gnädigen Beistand
erfleht. Und in ihrer unendlichen Güte rieth
Unser Aller Herrin ihm, am Himmelsthor Um-
schau zu halten, ob nicht einmal ein Mädchen
eiuziehe, das den Tanz über alles geliebt, ihn
aber einsam und verschwiegen einzig zu Ehren
der Himmlischen ausgeübt habe. Einem solchen
solle Macht verliehen sein, vom bösen Banne zu
lösen.
Das Poetlein unterzog sich der so gestellten
Aufgabe vom frühen Morgen bis zum späten
Abend, obivohl sie gar nicht so leicht war, denn
seit jener Affäre mit der hl. Magdalena hielt
sich St. Peter mehr denn je an der äußersten
Grenze des Himmels, also just unter dem Thvre
auf und paffte dazu einen gar starken Kanaster,
den die in den Gefilden der Seligen lustwandeln-
den gelehrten Heiden nicht wohl riechen mochten.
Denn diese alten Bursche hatten eS sich in den
Kopf gesetzt, Sankt Peteru mit kleinen Neckereien
zu plagen, seitdem die Tanzgeschichte ruchbar
geworden war, und dem himmlischen Großthür-
hüter so die Theilnahme an den Bestrebungen
zur Bekämpfung des Nektarismus zu vergelten
und wohl auch zu vergällen.
Auch unseres Poetleins Nase konnte sich mit
dem Fliegentödter, den St. Peter in seinen Nöthen
qualinte, nur schmerzlich abfinden. Dazu kam,
daß der Himmelspförtner ihn bisweilen an-
knurrte und zum Beispiel von ihm wissen wollte,
ob er deßhalb nicht auS seinen Fußstapfen zu
vertreiben sei, weil er ihn, Sankt Petern, zum
Helden eines modernen Romans durch und durch
zu studiren gedenke, und ob dein strebsamen Autor
zur Erleichterung dieser Arbeit nicht ein paar
abgelegte Hosen aus den besten Jahren des
Helden förderlicher sein dürften. Auch brummte
der himnllische Thürhüter oft und vernehmlich
genug über die zunehmende Verwilderung der
Jugend, wenn unser armes Poetlein der einen
und anderen ein- imd anziehenden Schönen
unter den Hut zu blicken suchte, ob da nicht aus
eineni Augenpaare so etivas wie Glück bringende
Verheißung spreche.
lieber unser Poetlein war nach vielen solchen
vergeblichen Versuchen gemach eine Niedergeschla-
genheit gekommen, die es tiefsinniger erscheinen
machte, als gar seines Amtes war. Und als
Unsere Liebe Frau und Aller Herrin mit ihrem
Hofstaate den armen Knaben einmal unversehens
überraschte, wie er im Grase lag, den Mond an-
starrte und ihm ein Schmetterling auf dem weißen
Nascnzipflein träumte, wovon er nichts zu spüren
schien, lächelte sie milde hinter ihrem zarten
Schleier und winkte eine ihrer Frauen zu sich.
Und der gab sie Auftrag, eineni holdseligen
Königskinde den Weg zur ewigen Seligkeit zu
weisen, das derweil noch irgendwo auf Erden
die Gänse hütete und von dem Unsere Liebe Frau
wußte, daß es sie in der Einfalt eines unschul-
digen Herzens mit einem Tänzlein zu ehren liebte.
Es >var an einem warmen Nachmittage, die
weißen Tauben saßen verträumt auf den Thor-
simsen und Sankt Petrus, der Pförtner, war
unter dem Bogen zu einem Schläflein eingenickt.
Die Himmelsthüre stand nur angelehnt, und
unser Poetlein, das in einer versteckten Nische an
seiner Flöte fingerte, als wolle es an den Löchern
das Einmaleins vor und rückwärts studiren,
konnte durch den Spalt auf einen Streifen des
Vorplatzes lugen, wo einige vorlaute Spatzen
in die Stille lärmten. Und während es so sinnirte,
that sich das Psörtlein unversehens weiter und
weiter auf, und der himmlische Glanz fiel auf
»J$
S, H, Walther
JUGEND
1899
der Beschämung und des Entsetzens aus, so daß
mit einemmale alles vor den traurigen Blicken
Unserer Lieben Frau und ihrer Gefährtinnen ver-
gehen zu müssen glaubte, bis auf den Bauern-
lümmel, der in seiner Mohnblüthe unentwegt
draus los ziehharmonikate.
Unser abseits stehendes Poetlein, dem eS über
dem wilden Reigen in einem fort kalt und heiß
über den Rücken gelaufen war, hatte aber end-
lich genug von der aufdringlichen Vertretung,
als es sah, wie sich die guten Augen Unserer
Lieben Frau feuchteten. Er fuhr plötzlich un-
gestüm auf die leuchtende Mohnblüthe los und
gab dem unermüdlichen Bruder in Apoll einen
derartigen Stoß, daß dieser Hals über Kopf aus
seinem Schunkelivalzer heraus mit einem schrillen
Mißton der Ziehharmonika gleich einer Kanonen-
kugel eine Kette himmlischer Schönen sprengte
und zu Fall brachte. Obwohl deren Ueberpurzeln
lächerlich genug ausschaute, that Unsere Liebe
Frau bei diesem ungewohnten und absonderlichen
Zwischenspiel mit einem vorwurfsvollen Blick
auf das allzu stürmische Poetlein einen tiefen
Seufzer und wandte sich ab, und auf dem Wege,
den sie mit ihrem Gefolge einschlug, leuchtete es
von den Thränen der heiligen Frauen, als sei
ein Thau auf Blatt und Blüthe niedergegangen.
Die heilige Magdalena hatte vor Scham ihr
Antlitz in ihr Haar verborgen, so daß es sie
gleich einem Mantel umwallte; Sankt Peter kuuf-
selte nüt rothem Gesicht an dem unglückseligen
Ziehharmoniker herum, der dagegen knurrte und
fauchte; und das Poetlein hielt ingrimmig seine
Flöte umklammert, als möcht es diese Stimme
zarter Regungen als eine Wehr und Waffe miß-
brauchen. Von den Tänzerinnen hatten so ziem-
lich alle rothe Augen und Näslein, und eine nach
der anderen konnte man gewahren, wie sie einem
verschtviegenen Plätzlein an einem Quell zustrebte,
sich die Augen wusch, die Haare strählte und das
weiße Kleid paradiesischer Unschuld wieder zurecht
zu zupfen suchte.
Gelang das auch nach außen hin so ziemlich,
so sickerte doch die Kunde von den Vorgängen
am himmlischen Hofstaate bis in die tiefsten Tie-
fen durch. Und just, als man glaubte, es sei das
erste Gras über die Geschichte gewachsen, als au
einem erneuten schönen Morgen die heilige Mag-
dalena und ihre Gespielen zunr ersten Male wie-
der ein Tänzlein auf der smaragdenen Wiese zu
wagen dachten, wozu sich das Poetlein eigens
in einen lichtblauen Frack mit sammtnen Schößen
geworfen hatte, that sich vor den vergebens flüch-
tenden Blicken der bestürzten Tanzgilde am Him-
melssaum etwas wie ein Vorhang auf, und alles
sah, tvie sich auf einem schwarzen Grunde der
flammende Böse mit hochgetragener Schwanz-
quastc abhob. Hin und her paradirte protzig
ivohlgefällig das Schreckniß, und wie zu bitterem
Hohne hatte es den Schwanz mit zarten Lilien
umwunden und in die borstige Spitze Marien-
blümlein verflochten. Vor den Seufzern und
Thränen der himmlischen Tänzerinnen zog sich
zwar der Vorhang über der ärgerlichen Erschein-
ung zu; aber jedes erneute Beginnen, in der
Folge an einem schönen Morgen den lieben ge-
wohnten Reigen zu schlingen, vereitelte die er-
neute Parade des bösen Feindes. In dieser Noth
wurde das Poetlein zu Unserer Lieben Frau ent-
sandt und von Unserer Aller Herrin in Gnaden
mit dem lieblich lautenden Bescheid entlassen, so-
fern nur eine der himmlischen Tänzerinnen eine
vollkommene Reue über jene Veranstaltung un-
heiligen Angedenkens empfunden habe, derart,
daß sie wünschen möchte, sie habe niemals Theil
daran gehabt, so sei ihr Macht über den bösen
Feind verliehen. Sie möge daun getrost auf das
Schreckniß zugehen und ihm den üppigen haar-
sträubenden Schwanzzopf mit den Blumen Un-
serer Lieben Frau abzuschneidcn trachten — ge-
linge das, so sei der Bann gebrochen.
Die heilige Magdalena hatte kaum solch gute
Botschaft vernommen, als sie hell ausjauchzte und
das funkelnde Scheerlein vom Mieder nestelte,
womit sie zu Zeiten, wann auf Erden bittere
Noth um eine Reliquie war, einen ihrer schönen
goldenen Haarringel zu opfern Pflegte. Und un-
gesäumt ließ sie ihre Gespielen zum Reigen an-
treten und schwang sieghaft ihr Scheerlein, als
sich auch das leidige Bild ungesäumt zeigte. Der
böse Feind aber grinste nur von einem Horne
bis zunr andern, als die himmlische Schöne so
auf ihn eindrang, und als sie nahe genug ge-
kommen war, schlug er sie mit der blühenden
Schwanzquaste auf die zarten Finger, daß die
Scheere gleich einem Pfeile der Hand entschnellte
und an einem Sternlein hängen blieb. Und mit
einem schrecklichen Gelächter war er daun ent-
schwunden, alle Glieder der himmlischen Tanz-
gilde und vornehmlich die heilige Magdalena in
beängstigender Vertvirrung und Bedrängnis; und
in bitteren Thränen zurücklassend. Also hatten
sie es doch nicht über sich vermocht, jede ange-
nehm prickelnde Erinnerung an den unglückseligen
Ziehharmonikamorgcn auszurottcu — also tvar
keine Reue so vollkommen, daß nicht irgendwo
noch die Erinnerung an den wilden Trubel ein
kleines verbotenes Verlangen aufzustöbern ver-
mocht haben würde.
Die Thränensluth, welche so von Tag zu Tag
höher schwoll, war dem Poetlein schon bei dem
ersten Losbruche bis an's Herz gestiegen, und
um nicht vollends zu schmelzen und hiuweggc-
waschen zu werden, hatte es sich noch einmal,
diesmal aber verstohlen und insgeheim au Unsere
Liebe Frau gewagt und ihren gnädigen Beistand
erfleht. Und in ihrer unendlichen Güte rieth
Unser Aller Herrin ihm, am Himmelsthor Um-
schau zu halten, ob nicht einmal ein Mädchen
eiuziehe, das den Tanz über alles geliebt, ihn
aber einsam und verschwiegen einzig zu Ehren
der Himmlischen ausgeübt habe. Einem solchen
solle Macht verliehen sein, vom bösen Banne zu
lösen.
Das Poetlein unterzog sich der so gestellten
Aufgabe vom frühen Morgen bis zum späten
Abend, obivohl sie gar nicht so leicht war, denn
seit jener Affäre mit der hl. Magdalena hielt
sich St. Peter mehr denn je an der äußersten
Grenze des Himmels, also just unter dem Thvre
auf und paffte dazu einen gar starken Kanaster,
den die in den Gefilden der Seligen lustwandeln-
den gelehrten Heiden nicht wohl riechen mochten.
Denn diese alten Bursche hatten eS sich in den
Kopf gesetzt, Sankt Peteru mit kleinen Neckereien
zu plagen, seitdem die Tanzgeschichte ruchbar
geworden war, und dem himmlischen Großthür-
hüter so die Theilnahme an den Bestrebungen
zur Bekämpfung des Nektarismus zu vergelten
und wohl auch zu vergällen.
Auch unseres Poetleins Nase konnte sich mit
dem Fliegentödter, den St. Peter in seinen Nöthen
qualinte, nur schmerzlich abfinden. Dazu kam,
daß der Himmelspförtner ihn bisweilen an-
knurrte und zum Beispiel von ihm wissen wollte,
ob er deßhalb nicht auS seinen Fußstapfen zu
vertreiben sei, weil er ihn, Sankt Petern, zum
Helden eines modernen Romans durch und durch
zu studiren gedenke, und ob dein strebsamen Autor
zur Erleichterung dieser Arbeit nicht ein paar
abgelegte Hosen aus den besten Jahren des
Helden förderlicher sein dürften. Auch brummte
der himnllische Thürhüter oft und vernehmlich
genug über die zunehmende Verwilderung der
Jugend, wenn unser armes Poetlein der einen
und anderen ein- imd anziehenden Schönen
unter den Hut zu blicken suchte, ob da nicht aus
eineni Augenpaare so etivas wie Glück bringende
Verheißung spreche.
lieber unser Poetlein war nach vielen solchen
vergeblichen Versuchen gemach eine Niedergeschla-
genheit gekommen, die es tiefsinniger erscheinen
machte, als gar seines Amtes war. Und als
Unsere Liebe Frau und Aller Herrin mit ihrem
Hofstaate den armen Knaben einmal unversehens
überraschte, wie er im Grase lag, den Mond an-
starrte und ihm ein Schmetterling auf dem weißen
Nascnzipflein träumte, wovon er nichts zu spüren
schien, lächelte sie milde hinter ihrem zarten
Schleier und winkte eine ihrer Frauen zu sich.
Und der gab sie Auftrag, eineni holdseligen
Königskinde den Weg zur ewigen Seligkeit zu
weisen, das derweil noch irgendwo auf Erden
die Gänse hütete und von dem Unsere Liebe Frau
wußte, daß es sie in der Einfalt eines unschul-
digen Herzens mit einem Tänzlein zu ehren liebte.
Es >var an einem warmen Nachmittage, die
weißen Tauben saßen verträumt auf den Thor-
simsen und Sankt Petrus, der Pförtner, war
unter dem Bogen zu einem Schläflein eingenickt.
Die Himmelsthüre stand nur angelehnt, und
unser Poetlein, das in einer versteckten Nische an
seiner Flöte fingerte, als wolle es an den Löchern
das Einmaleins vor und rückwärts studiren,
konnte durch den Spalt auf einen Streifen des
Vorplatzes lugen, wo einige vorlaute Spatzen
in die Stille lärmten. Und während es so sinnirte,
that sich das Psörtlein unversehens weiter und
weiter auf, und der himmlische Glanz fiel auf
»J$
S, H, Walther