Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 22

1899

Die Frau als pharmaceut

Eine Runde ist mir zugckommcn,

Dran mein Herz gerechte Freude hat:

Als Beschluß ward's neulich angenommen
Vom verehrten hohen Bundesrath,

Daß die Frau'» i» Deutschland dürfen

künftig

pharmacic studire» unbeirrt!

Dies ist außerordentlich vernünftig,
was kein Billiger bestreiten wird.

Allerdings, cs sicht der LZcid des Brodcs,
Dcm's ja immer fehlt an Eonfegucnz,
Sozusagen mit der Angst des Todes
2luf die hier crwachf'nc Loncurrcnz.

Doch ein Pharmaceut, der Philanthrop ist
Und Geschäftsmann auch zu gleicher Zeit,
Muß gestehen, daß gar sehr myop ist,
wer bei dieser Wachricht Zeter schreit.

Denkt Euch nur, wenn bei den Apothekern
Holde Fräulein die Mixturen brau'»,
wird auch der Gesunde wohl zum Schäkern
Gern mal in die Apotheke schau'» I
Manches Rilo Pulver wird er schlucken,
Das jetzt unbegehrt im Rasten liegt,
weil er schon beim kleinsten Magendrücken
In die Arme einer Hcilmaid fliegt.

Ioh. Wolfgang Goethe

Aus den

„Dichtcr-Diographieen für das kathol. Volk",

herausgegeben auf

Anstifter, der Finsteraarschluchter BischofsKonferen;
vom pfarret Lueginsland

Goethe war, die Wahrheit muß
leider gesagt werden, ein großer Dich-
tcr, aber ein niedriger Mensch. Er
wurde am ((. November (659 zu
Kamen; in Dstpreußen als der achte
Sohn eines Protestanten geboren. Was Wun-
der, daß er schon als Knabe Töpfe zerschmiß,
wiederholt eine schmutzige Nase hatte und
Abends nicht zu Bett wollte. Seine spätere
Lasterhaftigkeit bereitete sich eben schon in der
Kindheit vor. Mit 25 Jahren bezog er die
Universität in Wetzlar, um ketzerische „Theo-
logie" zu studieren; er fiel aber durch, wurde
wegen palctotdiebstahls relegiert und ergriff
nun den Beruf eines Hausierers. Tr verführte
dann im Laufe seines kurzen Lebens 5^7 Frauen
und Jungfrauen, die er darauf entweder ver-
giftete oder durch seinen Freund Kotzebue heim-
lich ertränken ließ. Den Tod seines „Freundes"
Schiller hat, er ebenfalls auf dem Gewissen,
indem er in hinterlistiger Weise eine Art von
lyrischen Gedichten machte, die Schiller nicht
konnte. Mit hämischer Bosheit schrieb er dann
nach Schillers Tode noch den „Epilog zn Schillers
Glocke". Er lebte in wilder Ehe mit einem
Fräulein v. Klettenberg, die in der Literatur-
geschichte auch Frau Rath genannt wird. Nach-
dem er noch eine Stange Gold gestohlen hatte,
überwältigte ihn die Finsternis; der Bolle; er
schrie angstvoll „Mehr Licht!" und starb am
9. Mai (359. Die größte Gemeinheit, die er
verübte, war die Entdeckung des Zwischen-
kiefers. An Büchern schrieb er Folgendes: Das
Nibelungenlied, Ardinghello, Lumpenmüllers
Lieschen, Emile, Kosmos und Der Probepfeil.
Das katholische Volk hat ihm nichts zu danken
und sollte nichts von ihm lesen als das kleine,
schlichte, einem wahrhaft kirchlichen Gemüth
verständliche Lied von der Wassermans und
Kröte. Amen.

Französische LNilitärschule

(Nach dem Fall Duruy)
Hauptmann (vor der Front): Stillgestanden!
Die Compagnie (unisono): Maul halten!
Hauptmann: Was?

Die Compagnie: Mauis. halten!

Abzieh'n! (Der Hauptmann holt
den Major und berichtet ihm den
Fall.)

Major: Ja, mein lieber Herr Hauptmann,
das ist eine allgemeine und spontane Kund-
gebung ; dagegen ist nichts zu machen. (Zu
den Leuten): Leute —

Die Compagnie: Schafskopp!

Major: Wa — wa — wa —?

Die Compagnie: Esel! Pack Dich!

(Der Major holt den Obersten und berichtet
ihm den Fall.)

Oberst: Ja, mein lieber Herr Major, das ist
das, was man eine allgemeine und spontane
Kundgebung nennt; das müssen wir respck-
tiren. (Zu der Compagnie): Meine Herren —
Die Compagnie: Kehrt! Marsch, marsch!
Oberst: Wie -?

Die Compagnie: Verduften! Aber plötzlich!
(Der Oberst holt den General und berichtet
ihm den Fall.)

General: Ja, mein lieber Herr Oberst, das
ist eben eine allgemeine und spontane Kund-
gebung; der müssen wir uns beugen. (Zu
den Leuten): Kameraden!

Die Conrpagnie: Ruhig, oller Mcergrcis!
General: Ja, was —

Die Compagnie: Spuckt ihn an! (Geschieht).
(Der General macht dem Kriegsminister tele-
phonische Anzeige. Die Compagnie legt ein
Faß Bier auf und hält einen Cammers.
Der Kriegsministcr erscheint. Er wird mit
großem Hurrah empfangen, als Fangemandl
von Hand zn Hand geworfen und schließlich
übergelcgt und verprügelt.)

Der Kriegsministcr (nach beendigter Exe-
kution): Soldaten! Das war eine spontane
und allgemeine Kundgebung, ich fühl' es.
Mit einer solchen Armee schlagen wir jede»
Feind! Soldaten! Ich werde den Herrn
General bitten, Euch 6 Wochen Soinmer-
fcrien zu bewilligen!

Die Compagnie: Machen wir selber! Profi!
Schmollis! (Allgemeiner patriotischer Jubel.
Der Erzbischof von Paris erscheint und segnet
das Ganze.) u«h

&

Zwei Friedensfreunde

(Zum englisch-russischen Lhina-Abkommen)

(Mißtrauisch haben Tag und Macht
Sich Leopard und Bär bewacht.

Weil sie dem Hirsch befreundet waren,
Besorgten sie für ihn Gefahren,

Und jeder ward dem Freunde Bürge,
Daß ihn der andre nicht erwürge.

Doch endlich, um des Friedens willen,
verbanden sich die zwei im Stillen
Und rissen zu des. Schützlings Heil
Seih vordertheil vom Hintertheil.

Du sollst die eine Hälfte haben,

Ich will mich an der andern laben,

Und gern verbürgen wir uns Beide,
Daß nichts geschieht dem Freund zu Leide,
Wir garantiren, wenn auch spät.

Dem Freunde Hirsch — Integrität.

ProtliUH

Um dev Augen schöner NZägdlcin willen
Frühstückt Mancher Senncsblärrcrthce,
Und mir Wollust kaut er Schwcizcrpillcn,
Rola, Morphium und Aloe!

Und der muntre Sohn der alma mator,
Der sonst Häring nahm als Medizin,
Braucht von nun ah gegen seinen Rater
Eirrophcn blos oder Migränin.

Und die Acrztc, die bekanntlich hcur in
Hohem Grade mcdizincnbang,

Schrieben für die schöne pharmaceutin
Gern Rcccpte und noch mal so latig!

Und die Runden würden förmlich wimmeln
Bei den pricstcrinnen Acsculaps,

Und sie Nachts noch aus dem Schlafe

bimmeln,

Wär's auch nur um einen Magcnjchnaps!

2lch, und für die Frau im Rampf um's

Dasein

Gab' es neue Auskunftsmittcl dann,

Weil nicht Jede Gattin und Mama fein
Und von ihren Renten leben kann.

Drum verzeiht, wenn ich mein Glas erhebe
Und nun rufe mit vergnügtem Sinn:
„Divat Hoch! Die pharmaceutin lebe!
Vivat segusns: Fräulein Doktorin!

Biedermeier mit ei

Das neue Italien. Ministerium

Auffällig ist, daß der Minister des Aus-
wärtigen nur ein Diccgraf (Visconti)
ist. Der Rricgsministcr Nl i rri macht hof-
fentlich seinem Namen Ehre und bringt
den Waffenruhm Italiens wieder in einen
guten (Myrrhen)Geruch. Der Bauten-
Minister Lacava ist hoffentlich für Ita-
lien kein nutzloser Schacht (la cava) und
der Rultusministcr Baccclli keine leere
Hülse (baceello). Vielleicht sieht Bcrtolo,
der Ehcf der Marine, bald seine Matrosen
in einer chinesischen Rneipe (bettola).

Licers in (Oesterreich csnfiszierr!

Erklärung:

„NZir höchster Befriedigung wiederhole
ich meine patriotischen Worte (pro Sestio 49):

Servavi igitur rem publicam discessu
meo! (Ich habe den Staat durch mein
Entfcrntwerden gerettetI)"

Liccro, Eonsul a. D.

Der Fall Arons

„Auch war der Herr (Bosse) sehr zornig
Aarons halber, daß er ihn vertilgen wollte."

(S Mos. S, 22)

Z)8
Index
Eos: Französische Militärschule
Proteus: Zwei Friedensfreunde
Julius Diez: Asklepios Biedermeier
Pfarrer Lueginsland: Johann Wolfgang Goethe
[nicht signierter Beitrag]: Das neue italienische Ministerium
[nicht signierter Beitrag]: Cicero in Oesterreich confisziert!
[nicht signierter Beitrag]: Der Fall Arons
 
Annotationen