Nr. 22 (Redaktionsschluss: 18. Mai 1899)
JUGEND
1899
SU L H i rt itttfr ftt ne 13FI t it t ft c r
„Önlloli! Von Friedenskonferenz im Haag jehört? Werde ooch etwas «brüsten! Sie, mein lieber von Wellenberg, veranlassen olle llndine
zu Secjungfern- und Meerfrauen-Meeting, und Sie, mein lieber Graf Seestern, machen Vorschläge, wie man Hechten und Haifischen Beißkörbe
«liegen kann. Pol; Auster und Seekrebs l — Das bringt Leben in's Aquarium — und kostet nischt!"
Oer schwarze Karl
(Komödie in zwei Akten)
Personen:
Dr. Karl Lueger, Bürgermeister von Wien
Der Jesuitengeneral
Der »icderösterr. Statthalter, stumme Person
Thor der christlich-sozialen Sodawasser-Köpfe
Erster Akt
lSchanPlatz: Rom. — Zeit April 1831.)
Jesuitengeneral:
Gesegnet sei Dein Eintritt, schöner Karl!
Lntrunzle Deine Stirn, komm' an mein Herz,
Denn Gleich und Gleich gesellt sich immer gern.
Lueger:
vernimm, o Meister, was meiir Herz bedruckt.
Ich kam aus Wien direkt hieher nach Rom,
Dich, der Dn noch geriebner bist als ich,
Hut einen Rath zu bitten.
Jesuitengeneral:
-Sprich, mein Sohn!
Lueger:
Dem Juden hohn fiel ich anheim, weil ich
Lin Heidengeld zu frommer
Christen Pflicht
Des Kirchenbau's hochachtungsvoll
ergebenst
Lntlchnen wollte der Gemcinde-
kaffe -
Und weil sein Veto jählings der
Verwaltungs-
Gerichtshof gegen diesen Plan erhob.
Du weißt, der hat die frechen
Staatsgesetz er
Zu garantiren für die f f t Ketzer.
Jesuitengeneral:
Nur Nuth, in c i n Sohn! —
So hoch dies Tribunal,
So soll es dennoch unsre Rache
fühlen.
Uns trotzt auf Lrden Keiner
ungestraft.
vor Allem gilt es jetzt, die Lebensläufe
Der Richter jenes Forums zu durchsxäh'n:
Mit Gottes Hilfe finden wir vielleicht
In irgend einer ganz geheimen Falte
Lin nettes schwarzes „Fleckchen auf der Lhr!"
Nur Muth, mein Sohn! Ist dieser Fleck
gefunden,
Dann wird der Bursche öffentlich geschunden!
Lueger:
Ach, edler Meister, welch' ein Himmelswnnder:
In diesem Augenblick durchzuckt mein Hirn
Lin längst bereits vergessenes Detail:
Der Line jener Richter, Hofrath Bnrckhard,
Schrieb eines Tages ein Theaterstück,
In welchem ein Bezirksgerichtsadjunkt
Als ein frivoler Mensch geschildert wird.
Jesuitengeneral:
Gott Lob! Frivol war der Gcrichtsadjunkt!
Das ist, den wir gesucht: Der schwarze Punkt.
Las; strahlen Deine fromme Schlechtigkeit,
Du edles Kirchenlicht, im heil'gen DiensU
Zerschmettern laß uns jetzt der Feinde Brut,
Nur Muth, Du schöner Karl, nur
Muth, nur Muth!
(Sic umarmen und busseln eluandcr.
Der Borhaug fällt.)
Zreycinet's Nachfolger
>upup: „Ncmt, frouwe, discn Rrany!
(walth. v. d. vogelweide)
Zweiter und letzter Akt
(Schauplatz: Wiener Landtag. Am Hintergründe
schweigt der Statthalter. Zeit: 13. Mai ISD9.)
Lueger:
Jetzt aber will den Gauner ich entlarven,
Der uns verwehren will, zu Kirchenbauten
Aus der Gemeindekaffe beizusteuern.
Llektrisch will ich dein Gesellen leuchten
Ins zuckende Verbrecher-Angesicht!
Hör's Gregorig! Du meine ganze Bande
Hör's, was der Bnrckhard, dieser Iudenknecht,
Schamlos verbrochen hat!
(Allgemeine Entkorkung der Sodawasscrköpfe.)
— — Lr schrieb ein Stück . ..
Lhor der Sodawaffer-Köpfe:
Der Lump, der Schuft, der Gauner!
Lueger:
In welchem ein Bezirksgerichtsadjunkt....
Lhor:
Pfui Teufel! Gauner! Schurke! Strizzi! Lump!
Lueger
Lin solcher Spitz bub will es uns verbieten,
Daß wir für Kirchenbauten ...
Lhor:
Schweinehund!
(Der Statthalter schiveigt noch immer. Der
Vorhang fällt. Draußen geben Graf
Schönborn und Hofrath v. Heiterer
ihre Visitenkarten ab. Hofrath Burck-
hard pfeift auf den Pöbel, setzt seinen
Stößer auf und freut sich auf den Heurigen.)
Lok!
SragcandicLriedcnscMifcrcnz:
„warum wird Tag für Tag
Geschütz gegossen
Und in der Ferne Rricgsgcräth
gekauft?
warum gepreßt für werfte?
Rann jemand mich belehren?"
(Shakesp., Hamlet I. J.)
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmllich in München
Druck von KNORR Sc HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
ALLE RECHTS VORBEHALTEN.
JUGEND
1899
SU L H i rt itttfr ftt ne 13FI t it t ft c r
„Önlloli! Von Friedenskonferenz im Haag jehört? Werde ooch etwas «brüsten! Sie, mein lieber von Wellenberg, veranlassen olle llndine
zu Secjungfern- und Meerfrauen-Meeting, und Sie, mein lieber Graf Seestern, machen Vorschläge, wie man Hechten und Haifischen Beißkörbe
«liegen kann. Pol; Auster und Seekrebs l — Das bringt Leben in's Aquarium — und kostet nischt!"
Oer schwarze Karl
(Komödie in zwei Akten)
Personen:
Dr. Karl Lueger, Bürgermeister von Wien
Der Jesuitengeneral
Der »icderösterr. Statthalter, stumme Person
Thor der christlich-sozialen Sodawasser-Köpfe
Erster Akt
lSchanPlatz: Rom. — Zeit April 1831.)
Jesuitengeneral:
Gesegnet sei Dein Eintritt, schöner Karl!
Lntrunzle Deine Stirn, komm' an mein Herz,
Denn Gleich und Gleich gesellt sich immer gern.
Lueger:
vernimm, o Meister, was meiir Herz bedruckt.
Ich kam aus Wien direkt hieher nach Rom,
Dich, der Dn noch geriebner bist als ich,
Hut einen Rath zu bitten.
Jesuitengeneral:
-Sprich, mein Sohn!
Lueger:
Dem Juden hohn fiel ich anheim, weil ich
Lin Heidengeld zu frommer
Christen Pflicht
Des Kirchenbau's hochachtungsvoll
ergebenst
Lntlchnen wollte der Gemcinde-
kaffe -
Und weil sein Veto jählings der
Verwaltungs-
Gerichtshof gegen diesen Plan erhob.
Du weißt, der hat die frechen
Staatsgesetz er
Zu garantiren für die f f t Ketzer.
Jesuitengeneral:
Nur Nuth, in c i n Sohn! —
So hoch dies Tribunal,
So soll es dennoch unsre Rache
fühlen.
Uns trotzt auf Lrden Keiner
ungestraft.
vor Allem gilt es jetzt, die Lebensläufe
Der Richter jenes Forums zu durchsxäh'n:
Mit Gottes Hilfe finden wir vielleicht
In irgend einer ganz geheimen Falte
Lin nettes schwarzes „Fleckchen auf der Lhr!"
Nur Muth, mein Sohn! Ist dieser Fleck
gefunden,
Dann wird der Bursche öffentlich geschunden!
Lueger:
Ach, edler Meister, welch' ein Himmelswnnder:
In diesem Augenblick durchzuckt mein Hirn
Lin längst bereits vergessenes Detail:
Der Line jener Richter, Hofrath Bnrckhard,
Schrieb eines Tages ein Theaterstück,
In welchem ein Bezirksgerichtsadjunkt
Als ein frivoler Mensch geschildert wird.
Jesuitengeneral:
Gott Lob! Frivol war der Gcrichtsadjunkt!
Das ist, den wir gesucht: Der schwarze Punkt.
Las; strahlen Deine fromme Schlechtigkeit,
Du edles Kirchenlicht, im heil'gen DiensU
Zerschmettern laß uns jetzt der Feinde Brut,
Nur Muth, Du schöner Karl, nur
Muth, nur Muth!
(Sic umarmen und busseln eluandcr.
Der Borhaug fällt.)
Zreycinet's Nachfolger
>upup: „Ncmt, frouwe, discn Rrany!
(walth. v. d. vogelweide)
Zweiter und letzter Akt
(Schauplatz: Wiener Landtag. Am Hintergründe
schweigt der Statthalter. Zeit: 13. Mai ISD9.)
Lueger:
Jetzt aber will den Gauner ich entlarven,
Der uns verwehren will, zu Kirchenbauten
Aus der Gemeindekaffe beizusteuern.
Llektrisch will ich dein Gesellen leuchten
Ins zuckende Verbrecher-Angesicht!
Hör's Gregorig! Du meine ganze Bande
Hör's, was der Bnrckhard, dieser Iudenknecht,
Schamlos verbrochen hat!
(Allgemeine Entkorkung der Sodawasscrköpfe.)
— — Lr schrieb ein Stück . ..
Lhor der Sodawaffer-Köpfe:
Der Lump, der Schuft, der Gauner!
Lueger:
In welchem ein Bezirksgerichtsadjunkt....
Lhor:
Pfui Teufel! Gauner! Schurke! Strizzi! Lump!
Lueger
Lin solcher Spitz bub will es uns verbieten,
Daß wir für Kirchenbauten ...
Lhor:
Schweinehund!
(Der Statthalter schiveigt noch immer. Der
Vorhang fällt. Draußen geben Graf
Schönborn und Hofrath v. Heiterer
ihre Visitenkarten ab. Hofrath Burck-
hard pfeift auf den Pöbel, setzt seinen
Stößer auf und freut sich auf den Heurigen.)
Lok!
SragcandicLriedcnscMifcrcnz:
„warum wird Tag für Tag
Geschütz gegossen
Und in der Ferne Rricgsgcräth
gekauft?
warum gepreßt für werfte?
Rann jemand mich belehren?"
(Shakesp., Hamlet I. J.)
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmllich in München
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