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Der §all Ariedmann-Kraus

Der Redakteur der „Zacket", Herr Kraus, rief Anfang TUai
In Wien ein Hauptfpektakei, einen Aufruhr fast herbei.

„Im grellsten Lichte sieht man" — so schrieb er — „den Ruin
„Der Bühne an Herrn Zriedmann. (D armes, armes Wien!

„Lin Stück von Zriedmann gaben am Larltheater sie.
„Verführt den Zriedmann haben die Ltaque und Loterie,
„Obgleich von dem Verfasser behördlich konstatirt
„Schon längst ist worden, daß er am Schwachsinn laborirt.

„Lin Aktenstück beweist das (schrieb Kraus) dem Augenschein,
„Zahl: Linundsünfzigtausendneunhundertvierzigneun,

„Richt will ich ihm verdenken seinen Schwachsinn, Gott bewahr!
„Den Vorwurf muß man lenken auf Karlweiß, Bauer, Bahr!"—

Die rothe „Zackel"-Rummer ssog in das Land hinaus,

Und ohne Angst und Kummer ging in's Lass Herr Kraus.

Re bene gesta dehnt er sich auf dem Kanapee.

Herr Adler jauchzt: „Ersehnter, Gottlob, daß ich Dich seh!"

Durch Adler telephonisch verständigt, wo Kraus sei,

Lacht Zriedmann jetzt dämonisch mit wildem Racheschrei:
„Wohlauf denn Kameraden, folgt mir in's ,Imperial' —

„Seid hössich eingeladen zu einem Hauptskandal!"

Dem Zriedmann folgt die Rotte. Bei Gott, das wird famos r
Herr Kraus in seiner Grotte saß gänzlich ahnungslos.

Da packt als wilder Hauer ihn Zriedmann beim Genick.

Die Andern bilden Rlauer ringsum im Augenblick.

Und während Zriedmann heftig seines Opfers Haar zerzaust
Und dessen Kehle kräftig erfaßt mit seiner Zaust,

Ruft zornentbrannt der Rächer: „Willst jetzt noch immer dreist
Behaupten wohl, Du Zrecher, es sei nicht stark mein Geist?"

Beim Strafgericht entschied man — das war das Lnd vomLied—:
Zehn Tage brummt der Zriedmann. Und weiterhin entschied
Das Strafgericht: Den Späher, den Zelir Adler, läßt
tzUan, daß dem Zreund er näher, mitsitzen im Arrest!

* # *

Ich aber, der ich lyrisch nur meine Zeder führ'

Und durchaus nie satirisch an Uebelstände rühr' —

Ich, der, sobald behaglich ein Schwachkops dichtet, nie
Ihn tadle, weil es fraglich, ob seine Poesie

Richt ebenfalls sich paare mit starkem Körperbau

Und ob er mich beim Haare nicht nimmt und prügelt blau —

Ich zieh aus TUordgeschichten, wie diese, hier die Lehr',

Auch fernerhin zu dichten nur lyrisch wie bisher!

JOHCfllS

Wie nachträglich bekannt wird, stützte sich
die Anklage gegen den Prof. Schell u. a. auf
seine „nur bedingte Annahme der Ewigkeit der
Höllenstrafen". Und darin, scheint uns, hätte
Schell sofort Entgegenkommen zeigen sollen.
Er hätte erklären sollen:

„Wer Werth darauf legt, eine ewige Höllen-
strafe unbedingt anzunehmen, den will
ich darin nicht stören. Dies ist eine Sache,
die jeder mit seinem Gewissen abmachen
muß. Suum cuique.“

Nach dieser loyalen Erklärung, würde ihn die
Index-Kongregation nicht mehr behelligt haben.

Ein amerikanischer Gelehrter veröffentlichte
eine Aufforderung, es möge nachgcforscht wer-
den, welchem Amerikaner das Verdienst ge-
bühre, zuerst Europa entdeckt zu haben.

Einige Irrenärzte behaupteten, das; der
Mann an krankhaften Ideen leide und in einer
Heilanstalt untergebracht werden müsse.

Das erregte einen Sturm der Entrüstung
in der gesammteu Presse, und die überwiegende
Mehrheit des Volkes erklärte die Ideen des
bahnbrechenden Gelehrten für durchaus gesund
und vernünftig und im höchsten Maße würdig
der großen amerikanischen Nation.

Der sozialdemokratische „Süddeutsche
Postillon" bringt in 9tr. 17 ds. Js. unter dem
Titel „Glossen" Nachfolgendes: „Wir sind
die einzigen, die das Andenken der Revolution
feiern, und jedes Jahr wissen wir besser, daß
wir jungen Achtundvierziger nicht mehr so
ungeschickt sein werden, wie die alten Acht-
undvierziger."

Unmittelbar darauf heißt es:

„Nur dumme Leute erzählen immer,
wie gescheidt sic sind."

Aber, lieber „Postillon", wer wird sich denn
selbst glossiren?!

Herausgeber: Hr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil; G. EICHMANN; sämmtlich in Münchei*

Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
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[nicht signierter Beitrag]: Wie nachträglich bekannt wird...
Josefus: Der Fall Friedmann-Kraus
Monogrammist Frosch: Die Haager Kongreß-Garde
 
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