1899
JUGEND -
Nr. 2G
Wie ich heu verdammten Schuster an-
Oeirf)nau3t habe, brauche ich Ihnen nicht
zu schildern. Er wusste schon, welches
Unheil er angerichtct hatte, denn er hatte
bereits Emma's Besuch empfangen, welche
ihm in sittlicher Entriistnng die „Äppel-
kähne", wie sie das Schuhwerk meiner ehe-
lichen Wahl frevelnd bezeichnete, vor die
Füße geworfen hatte. Erst als sie erfuhr,
daß ich die richtigen Goldkäfer ausgesucht
hatte, und daß eine dumme Verwechslung
vorlag, war ihr Zorn verflogen; und sie
hatte nun die RigolettePantosfeln gleich
mitgenommen.
Ich hatte mit Herrn Hellmer eine ziem-
lich umständliche geschäftliche Abwickelung.
Also erst: das Paar für meine Frau Um-
tauschen. Nachzahlung 18 Mark 50. Ein
Paar der selben Nummer für Frau von
Petzdorf, Hildebrandstraße: 32 Mark, Zu-
schuß ans meiner Tasche 18Alark50. Ein
Paar, zwei Nummern größer, für meine
Schwägerin — die konnten erst einige Tage
später geliefert werde», da die Nummer nur
ans besondere Bestellung nngcfertigt wurde
— abzngcben im Kaijerhof; aber ich zahlte
sie gleich; 32 Mark. Ich hatte also, nach-
dem ich am Vormittag schon 45 Mark 50
für die beiden Paar (32 Mark und 13 Mark
50) gezahlt, nur noch für di- drei jetzt be-
stellten Paare L 32 Mark — 96 Mark zu zahlen
von denen aber 13 Mark 50 für die von
Emma mit Entrüstung znrückgeschlenderten
„Äppelkähne" abzuzichcn waren- Blieben also
für die Nachmittagsrechnung nur 82 Mark 50.
Gesammtzahlung an den Schuster für
einen Tag Pantoffellieferung: 45 Mark 50
-f 82 Mark 50 — 128. Darauf hatte mir aber
Frau v. Petzdorf 13 Mark 50 gezahlt, so daß
ich für meinen privaten Bedarf mit 114 Mark 50
ausgckommen war.
Ich hatte schon die Klinke in der Hand.
Ta fiel mir etwas ein. . . Wenn mein Kätz-
chen am Ende selbst! . . Um GottcSwillen! .
lind diesmal kein Verzeihen! . .
„Hören Sie 'mal," sagte ich dem Schuster,
„wenn zufälligerweise eine Daine ein Paar
von den verwünschten Pantoffeln bestellen
sollte . . . oder auch mehrere . . . und be-.
hanptete, die kosteten 13 Mk. 50, dann sage»
Sie keinen Ton! Sie liefern die Pantoffel
auf Verlangen zu 13 Mk. 50 — die Differenz
zahle ich. Verstanden'? Hier ist meine Karte."
„Zu Befehl, Herr Baron."
Paul Rieth (München)
Zn Neujahr erhielt ich folgende Rechnung
von Herrn Hellmer, K. K. Schuherzeuger aus
Wien, Filiale; Berlin IV. Passage.
19 Paar Pantoffel Alodell Rigolette,
Goldkäfer ff. ä 32 Mk. Darauf empfangen
a 13 Mk. 50.
Nachzuzahlen ä 18 Mk. 50 Mk. 351,50.
Frau v. Pctzdorf hatte die Güte gehabt,
den Lieferanten der billigen Pantoffel allen
ihren Freundinnen auf das Wärmste zu em-
pfehlen.
Und nun frage ich Sic, ob ich Pech habe?
Paul Lindau.
41!
JUGEND -
Nr. 2G
Wie ich heu verdammten Schuster an-
Oeirf)nau3t habe, brauche ich Ihnen nicht
zu schildern. Er wusste schon, welches
Unheil er angerichtct hatte, denn er hatte
bereits Emma's Besuch empfangen, welche
ihm in sittlicher Entriistnng die „Äppel-
kähne", wie sie das Schuhwerk meiner ehe-
lichen Wahl frevelnd bezeichnete, vor die
Füße geworfen hatte. Erst als sie erfuhr,
daß ich die richtigen Goldkäfer ausgesucht
hatte, und daß eine dumme Verwechslung
vorlag, war ihr Zorn verflogen; und sie
hatte nun die RigolettePantosfeln gleich
mitgenommen.
Ich hatte mit Herrn Hellmer eine ziem-
lich umständliche geschäftliche Abwickelung.
Also erst: das Paar für meine Frau Um-
tauschen. Nachzahlung 18 Mark 50. Ein
Paar der selben Nummer für Frau von
Petzdorf, Hildebrandstraße: 32 Mark, Zu-
schuß ans meiner Tasche 18Alark50. Ein
Paar, zwei Nummern größer, für meine
Schwägerin — die konnten erst einige Tage
später geliefert werde», da die Nummer nur
ans besondere Bestellung nngcfertigt wurde
— abzngcben im Kaijerhof; aber ich zahlte
sie gleich; 32 Mark. Ich hatte also, nach-
dem ich am Vormittag schon 45 Mark 50
für die beiden Paar (32 Mark und 13 Mark
50) gezahlt, nur noch für di- drei jetzt be-
stellten Paare L 32 Mark — 96 Mark zu zahlen
von denen aber 13 Mark 50 für die von
Emma mit Entrüstung znrückgeschlenderten
„Äppelkähne" abzuzichcn waren- Blieben also
für die Nachmittagsrechnung nur 82 Mark 50.
Gesammtzahlung an den Schuster für
einen Tag Pantoffellieferung: 45 Mark 50
-f 82 Mark 50 — 128. Darauf hatte mir aber
Frau v. Petzdorf 13 Mark 50 gezahlt, so daß
ich für meinen privaten Bedarf mit 114 Mark 50
ausgckommen war.
Ich hatte schon die Klinke in der Hand.
Ta fiel mir etwas ein. . . Wenn mein Kätz-
chen am Ende selbst! . . Um GottcSwillen! .
lind diesmal kein Verzeihen! . .
„Hören Sie 'mal," sagte ich dem Schuster,
„wenn zufälligerweise eine Daine ein Paar
von den verwünschten Pantoffeln bestellen
sollte . . . oder auch mehrere . . . und be-.
hanptete, die kosteten 13 Mk. 50, dann sage»
Sie keinen Ton! Sie liefern die Pantoffel
auf Verlangen zu 13 Mk. 50 — die Differenz
zahle ich. Verstanden'? Hier ist meine Karte."
„Zu Befehl, Herr Baron."
Paul Rieth (München)
Zn Neujahr erhielt ich folgende Rechnung
von Herrn Hellmer, K. K. Schuherzeuger aus
Wien, Filiale; Berlin IV. Passage.
19 Paar Pantoffel Alodell Rigolette,
Goldkäfer ff. ä 32 Mk. Darauf empfangen
a 13 Mk. 50.
Nachzuzahlen ä 18 Mk. 50 Mk. 351,50.
Frau v. Pctzdorf hatte die Güte gehabt,
den Lieferanten der billigen Pantoffel allen
ihren Freundinnen auf das Wärmste zu em-
pfehlen.
Und nun frage ich Sic, ob ich Pech habe?
Paul Lindau.
41!