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1899

JUGEND

Nr. 26

II.

Zwei kleine Knaben saßen nebeneinander
aus der Schulbank und rangen beständig um
den ersten Klassenplatz. Eines Tages fragte
der Lehrer den ersten der beiden Knaben:

„Wieviel ist 8 mal 9?"

„721" antwortete prompt der Schüler.

Da fragte der Lehrer den zweiten Knaben:
„Wieviel ist 7 mal 8?"

Der erste Knabe aber flüsterte seinem Nach-
barn mit freundlichem Lächeln zu: „54."

„54!" antwortete der Gefragte, lind blieb
der Zweite.

Jener Knabe aber blieb auch später ein vor-
züglicher Rechner und wurde ein adeliger Finanz-
minister. Sein Name war Johannes Miguel.

III.

Ein kleiner Knabe saß am Fenster seines
Elternhauses, an dem täglich viele Leute vor-
übergingen. Er hatte neben sich eine große
Menge leerer Tüten. Die blies er mit vollen
Backen auf: dann schlug er mit der Hand da-
rauf, daß sic mit einem furchtbaren Knall zer-
platzten. Viele Leute schauten ihm zu und hatten
ihre Freude daran. Der kleine Knabe wurde
auch später ein großer Dramatiker. Sein Name
war Ernst v. Wildenbruch.

IV.

Ein kleiner Knabe in Berlin kam eines Tages
vom Spiel nach Hause und erwiderte auf
die Frage seiner Mutter, wo er gewesen sei: „Im
Thiergarten. Und
da Hab ich gesehen
ä großes Feuer,
was hat gebrannt
in Lcitomischl."

„Jung'," rief
die Mutter, „wie
kannste sehen ä
Feuer, was brennt
in Lcitomischl!"

„As ich Hab ä
lehrrwaitcn Blick!"
erwiderte der froh-
gemnthe Knabe.

Der kühne Kna-
be wurde später ein
großer Afrikarei-
sender. Er hieß
Esser.

V.

Ein kleiner Kna-
be zeigte schon früh
ein unerhörtes Ta-
lent zum Dichten.

Wenn er in der
Weltgeschichtsstnn-
de etwas gehört
hatte, so ruhte er
nicht eher, bis er

es weggcoichict
hatte. Sämmt liehe
Zahlen der preuß-
ischen Geschichte
brachte er in Verse
und konnte sie auf
Kommando hersa-
gen. Er wurde auch
ein vortreffltcher
Artillerist. Sein
Name war I o -
ieph Laufs.

Forgeur

Korrekte Meldung

Der Underzeichnete bringt hiemit zur Ahn-
zeige, das der Hund des Lohnkutfchcrs Andres,
welcher Rattenfänger, mehre Tage ohne Marke
und Maulkorb herum leuft, ohne sich darum
zu Kümmern und höhnisch dazu lacht, wenn
derselbe genannt wird Joseph Körner Polizei-
Serschant.

Heues von Serenissimus

Serenissimus besucht einen musikalischen
Thce bei seinem Theaterintendanten. Hierbei
stellt ihm der Hausherr seinen Neffen, Fähnrich
bei den xten Ulanen, vor.

Serenissimus: „Was sind Sic denn,
äh l mein lieber."

Der Intendant: „Mein Neffe ist Leut-
nant in spe!"

Serenissimus: „Aeh. . ist wohl recht
nette Garnison — was? — das Spee!-"

Sdjlau

— Ivie machen Sie es denn, Herr Müller,
daß Sic immer unbehelligt durch Rußland
reifen, trotzdem Sie Jude sind?

— 3d) schreib' überall in die Rubrik „Religion":
„Poste restante“. Das lesen die Beamten,
wenn sie überhaupt lesen können, „prote-
stantc."

Klas Kinnekk

Alas Hinnerk war dafür bekannt, daß nie»
mand von ihm eine höhere Meinung hatte,
als er selbst. Da er der reichste Bauer im Dorf
und obendrein natürlich Schulze war, so hielt
er eine Begrenzung seines Sclbstbcwnßtfeins
überhaupt für unthunlich. Der Einzige, der
ihm nicht so unbedingt huldigte, war Jan
Jochen, und das kam daher, daß Jan Jochen,
obwohl ein kleiner Bauer, citt gut Theil klü-
ger war als Alas Hinnerk. Natürlich war
nun aber Alas Hinnerk an der Anerkennung
gerade Jan Jochen? etwas gelegen. Er
fühlte sich darum schon geschmeichelt, als Jan
Jochen ihn eines Abends, da er in den Dorfkrug
cintrat, mit den lVorten begrüßte: „2üh dort
Alas Hinnerk! Hüt Nach hcvv iek vun di drönit!"

„3, wat Du feggst!" rief Hinnerk inter-
efsirt. „wär't wat Gndes?"

„Na notürli!" rief Fachen. „Fck dröm, iek
war' in ’tt Himmel, tut as iek dar so'n Tid-
lattg west war', doo keems Du ook an de Dör
un fnacks mit PetrnS."

„So, so I" warf Hinnerk eifrig dazwischen.
„Scct he mi denn rin?"

„verstellst sick!" rief 3achen. „He mök 'n
decpe Verbeugung un sä: .Treten Sie näher'."

„Un do?" frag Hinnerk.

„Na, do kcem iek op di too tut gecv Di de
Hand — wecßt dat ni mehr?"

„Nee," rief Hinnerk.

„Na, ntt do
bröch ick Di dor-
hin, wo uns' Herr-
gott war un de
heilige Geiß un
uns' Herr Jesus,
.sitzend zur Rech-
ten des Vaters"
— Du weeß jo!"

„3°, jo!" stieß

Hinnerk hervor,
und feine Mienen
wurden immer ge-
spannter. „Un
do?" —

„Na, do sä nnp
Herrgott Di ,gun'
Dag' un „freut
mich, Sie wohl zu
feh'n' un wat man
denn so feggen
deiht!"

„So — So!"
sagte Hinnerk und
schmunzelte übers
ganze Gesicht. „Sä
he ook funs noch
wat?" forschte er
begierig.

„Fo, he sä noch
to nnsen Herrn Je-
sus : ^tah opp,
groot Fung, un
lat Alas Hinnerk
sitten!!'" —

• Fetzt gab es in
der ganzen Stube
nur Einen, der
nicht schmunzelte.

K. U.

A. i. Kuli y. (München)

Kindermädchen: „weshalb wollen Sie denn mit der kleinen Baroneß nicht spielen?"

Der kleine Freiherr: „Fällt mir gar nicht ein, sie hat ja meine letzte Visite gar nicht erwidert!"

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Register
Alexander (Sandor) v. Kubinyi: Der kleine Freiherr
R. R.: Klas Hinnerk
[nicht signierter Beitrag]: Korrekte Meldung
[nicht signierter Beitrag]: Neues von Serenissimus
[nicht signierter Beitrag]: Schlau
 
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