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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 28 (8. Juli 1899)
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Nr. 28

JUGEND

1899

Max Bernuth (München)

©antherspiele

(Mit Zeichnung von M. Bernuth)

Ich will mich bücken, €[uphemia,

Auk meinen braunen Rücken
Iiass Deinen Danther springen.
Darthenias flinker, gewandter,
scheckiger Danther
Sehnt sich nach Deinen warmen,

Runden ^rmen;

Ich warf ihr meinen erschreckten

Danther zu.

Im Dogen zu kurzer I^uh
Kommt er in ihre Arme geflogen.

Seht ihr die Eifersucht nach eureml^acken
Die Iiüsternen packen?

Heissa, das ist eine I^atze!

Katze auf Katze, Tatze auf Tatze
Tappt mir flink wie im Hlug
Auf des Rückens Dug,

Im wilden Aatz dem andern den Dlatz

zu rauben.

CCCie sie lechzen und schnauben,

CCCie ihre blitzenden, dunkeln Augen

funkeln! —

Halt, ihr Aasenden! Die Deitsche euch,

Katzen!

CDir hebt ihr die Tatzen?

CQir fletscht ihr die Zähne?

Hun ich mich dehne, haltet Stand

meinem Dlick!

QOCas senkt ihr das feige Genick,

Ihr Destien? Hieder! Schmerzt euch

mein Dlick?

Dass ihr euch duckt und nicht zuckt!
Knurrt nicht, das könnte euch übel taugen !
Ihr CDädchen, was senkt auch ihr den Dlick?
Ihr Mädchen was schliesst auch ihr die

Augen? . . .

HUGO SALUS

Mische harte Kringel

Ein Scherzlegenbchen
von Gustav Lühl

tr machte ein sehr erstauntes Gesicht, der große
Christoph, als er den Kopf neben die aufge-
schlagenen Fensterladen hinausstreckte und ein klei-
nes Bürschchen draußen stehn sah, kaum drei Käse
hoch, das mit weitgeöffneten blauen Augen zu ihm
emporblickte. Barfuß stand das Dingchen da, ein
verblichen blau wämslein um den Leib; aus seinen
goldbraunen Locken aber hatte der wind wirrkrause
Härchen gelöst, die in der hellen Sonne wie ein
Schein von Licht seinen Kopf umrahmten. Den
linken Arm hatte das Kind schwerfällig rund um
seine Weltkugel geschlungen, in der rechten Zaust
aber hielt es eine große, angebissene Brezel; an
den holdseligen wundwinkeln saßen noch ein paar
Krümchen.

„Hast Du geklopft?" fragte der Alte.

„Li gewiß, trag mich über's Wasser!"

Die Holzladen klappten wieder zu, und gleich
darauf kam Lhristopher tief gebückt zur Thüre
heraus, während sein langer Stab hinterherschleifte.
Als er draußen war, richtete er sich auf und stand
nun da, schier noch einmal so hoch als seine ganze
Hütte; der sah aus, als könnt' er in vier Schritten
die Lauenburger Höhen hinaufspringen, die hinter
seinem Häuschen im Sonnenglanze badeten. Lr
nahm das Bürschchen behutsam zwischen seine klob-
igen Hände, war aber doch so grob dabei, daß das
Kind seinen Kringel fallen ließ und beinah geschrieen
hätte; aber Christoph sprach: „Ist so besser, da
kannst Du Dich in meinem Haar festhalten," hob
den Kringel vom Boden auf und steckte ihn in
seine Ledertasche, die er alleweil um den Leib ge-
gürtet trug.

was nun folgte, das weiß die Welt: wie er
leichtlich in das stäche Wasser und weiter hinein in

den starken Llbstrom schritt, wie aber die lieve
Last auf seiner Schulter und seinem Kopfe schwerer
drückte und schwerer, also daß seine Kniee zu zit-
tern begannen, sein Rücken sich bog und das
Wasser in starken Wellen um seine Brust brandete
und sogar dem Kinde die Waden netzte. Als sie
endlich drüben waren, stellte er den Kleinen recht
zart auf den Boden, zog den Kringel aus der
Tasche und gab ihn ihm wieder in die Hand, dann
aber setzte er sich auch nieder, um zu verschnaufen.
Das Christkindchen biß gleich wohlgemuth mit sei-
nen diamantharten Fähnchen hinein und rief ver-
wundert: „DH! Lr ist gar nicht aufgeweicht im
Wasser! Das hat mein lieber Vater gethan, der
kann 'ne Wenge Wunder!"

Lhristopher schüttelte den Kopf: „Ich kenne
die Art, sprach er, Du hast ihn zu Lübeck bekom-
men. was ein Lübscher harter Kringel ist» der
bleibt groß, und wenn er acht Tage in Butter-
milch liegt. Doch verzeih mir diese weltlichen Re-
den — ich weiß wohl, wer Du bist! Segne mich,
Herr Iesu Christ, mich hungert nach dem himm-
lischen Brode!"

Sprach das Christkind: „Hast Du nicht meine
Hände auf Deinem Haupte gefühlt, da Du mich
durch's Wasser trügest? So bleibe getreu!" —und
verschwand. —

wer aber nicht glauben will, daß die Geschichte
sich so zugetragen, der reise nach Lübeck und sehe
sich in der Domkirche um: Da hängt eine mäch-
tige Tafel, auf der ist der lange Christusträger in
Lebensgröße abgemalt, wie er just mit dem Hei-
land auf der Schulter in's Wasser schreitet; aus
seiner Gürteltasche schaut der harte Kringel her-
aus. wer's aber auch dann noch nicht glauben
will, der gehe zu Petri oder Schabbel*) und kaufe
sich einen Kringel und beiße hinein — ober vor-
sichtig!

*) Alte Lübische Bäckereien.

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Register
Hugo Salus: Pantherspiele
Max Bernuth: Zeichnung zum Text "Pantherspiele"
Gustav Kühl: Lübische harte Kringel
 
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