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1899

Graf Christian»: Mr. Knigge.

Graf Ballestrem: Richt Herr v. Frege!
Zinanzminister v. Miguel: Ferdinand v. Lesseps
— der berühmte Löser von Kanalfragen.
Fürstin Chimay-Rigo: Die keusche Susanna.
GeneralKitchener: Franziscus Xavenus» der
heilige Apostel der Inder.

General Otis sforkwährender Vernichter der
philippinos): Der schnellfüßige Achill!
Marimilian Harden: Der getreue Lckardt!
Herr v. Frege: König Behanzin von Dahome,
weil der nie blaß geworden ist.

Emile Iola: Die Marlitt!

Graf Thun: Theseus — der einen Ausweg
aus dein Labyrinth fand,
vr. Daller: Cardinal Richelieu!

Qr. Orte rer: poo Bah aus dem Mikado, der
zwölf Aemter und zwölf Gehalter zugleich hatte.
Ohm Krüger: Admiral de Ruyter, der die
Engländer verhauen durfte.

Milan: König Midas, der Goldmensch!

Rico laus II.: Tamerlan, der Friedensfürst!
Lugen Richter: Moltke und Roon, die Be-
gründer der deutschen Heeresmacht!

Mac Kinley: Kaiser Schihuangti, der Erfinder
der chinesischen Mauer!

Lfenömngeit kr französischen Volksseele

Der Fürst von Monaco hat Dreyfus,
(für den Fall von dessen Freisprechung natür-
lich) auf sein Schloß eingeladen, Darüber sind
die Franzosen und nicht zum Wenigsten Graf
Castellane (einer der Haudegen von Auteuil)
außer sich. — Wie wär's mit einem kleinen
Rachefeldzug? Eine so billige Gelegenheit, die
etwas blind gewordene >Gloire« ber grrrande
armöe, aufzufrischen, kommt nicht wieder I
* * *

Der Berichterstatter der „Patrie“ schreibt
bei einer Schilderung der Ankunft Dreyfus':
„Da also ist er leibhaftig vor uns, dieser
Mann, der Frankreich entzweireißt
und die Ursache so vielen Unglücks, so
vieler Verbrechen ist."

Ungefähr so, wie Carnot der Urheber
eines Präsidentenmordes war, oder wie
seinerzeit die Ketzer in Spanien die
Mordthaten Torguemadas auf dem Ge-
wissen hatten!

Schon begeistert sich der französische
Nationalaujust Döronlöde im Hinblick
auf eine mögliche Freisprechung Dreyfus'
und ruft aus: „Der Spruch des Kriegs-
gerichtes im Sinne der Unschuld muß
nicht allein ein Freispruch werden, son-
dern eine Ruhmeserhebung, eine
Apotheose. Eine andere Lösung
wäre Frankreichs unwürdig."

Armer Dreyfus! Wenn Deroulede
den Text zu dieser Apotheose dichtet, das
hält der Schwergeprüfte nicht aus!

Pips

, In einer Mädchenschule in Konstan-
tinopel, die von Töchtern aller Nationen
besucht wird, hat man festgestellt, daß die
Griechinnen es in den Sprachen
allen andern Schülerinnen zuvorthun,
aber gar nichts in der Arithmetik
leisten. So erklärt es sich auch, daß die
Söhne der Griechinnen vortreffliche
Händler, für Zahlen aber durchaus
nicht eingenommen sind.

• JUGEND «

Die Prager panique

am 28. Juni

Trotz einer kalten Wasserkur — Der Car-
dinal gen Fimmel fuhr, — Und durch die
Prager Straßen hin — Sieht man das Volk
in Massen ziehn. — Be sondern Beiz dem Zug
verlieh — Die Prager Bürger-Cavall'rie. —
Es gibt gar manchen Reitersmann, — Der
gute Würste machen kann, — Manch andern,
dem es wohl geräth, — Sobald er einen Rock
uns näht, — Manch dritten, der uns Stiefel
macht, — Daß uns das Herz im Leibe lacht,

— Doch'wenn zu Pferd sie alle Drei, — Ist
es mit ihrer Kunst vorbei! — Am „Graben"
war's um halber Bier, — Schulkinder bilden
ein Spalier, — Tribünen waren ausgebaut, —
wo man bequem herunterschaut, — Und
mancher schöne Busen schwoll — Begeistert
und erwartungsvoll, — weil man jetzt bringt
i»n Sonnenstrahl — Herbei den todten Car-
dinal. — Doch als es just am schönsten war,

— Entstand Verwirrung und Gefahr, — Denn
ein „berittner Bürger-Gaul", — Der weiße
Schaum hängt ihin vo»n Maul, — will plötz-
lich auf zwei Beinen stehn — Und wie ein
Mensch spazieren gehn. — Der Reiter gleicht
beinah ein wenig — Dem Freiligrath'schen
Wüstenkönig, — Dem Löwen, der sich mit
Gewalt — In seines Mpfers Rücken krallt.

— Das Pferd betrat den Bürgersteig, — Rings
stob man auseinander feig. — Manch Einem
ward der Rock zerfetzt, — Er selbst, wenn auch
nur leicht, verletzt, — Manch Einer, auf den
Bauch getreten, — wird nicht mal um „Par-
don" gebeten, — Und Manchem wird im Leib
ein Knochen — Sammt seinem Regenschirm
zerbrochen. — Draus sieht nun wieder Jeder-
mann: — Nicht reite, wer nicht reiten kann!

— Dann schrieb ein Blatt der Clerisei: —
Das allergrößte Glück dabei — war, daß er
uns noch segnen ließ, — Bevor er fuhr in's
Paradies, — Der Cardinal. Parole d’honneur,

— Sollst wär viel größer das Malheur!

Loki

Nr. 29

In Dingsda

P

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Deutsche Thrönchenfolger

Der kleine Connaught zum kleinen Albany: „Charlie, wenn Du
nicht artig bist, hat der Papa gesagt, verzichten wir nicht
auf das deutsche Thrönchen, dann darfst Du nicht Herzog
von Coburg werden.“

Es sprach der strenge Präsident:

„Man zieht allhier Lnr Parlament
Niemals die fürstliche Person
Und, was sie spricht, in Diskussion,

Dieweil des Fürsten Majestät
Hoch über unsrer Meinung steht."

Ein Laie aus dem Publikum
Rief gar verwundert drauf: „warum?
wenn unser König was thut und spricht,
So paßt's uns oder paßt uns nicht:
Gefällt es und »nan preist ihn drob —
Mich dünkt, ihn selber freut das Lob!
Doch wenn's »nißfällt und wenn's uns kränkt,
So muß er wissen, wie man denkt,
Dieweil er doch als Mensch und Christ,
Der recht von Gottes Gnaden ist,

Bei jeder That und Rede nicht
An Andres denkt als Recht und Pflicht
Und sicher dankbar dem sich neigt,

Der ihm die Wahrheit nicht verschweigt!"

Ein Andrer drauf: „Doch wenn damit
Des Königs würde Schaden litt,

So Einer haß- und groll-erfüllt
In grobe Form die Wahrheit hüllt?"

Und Jener: „Lieber Freund! Es wär'
Die Königs würde nicht weit her,
wenn jeder Flegel solchen Hort
Entweihen könnt' mit einem Wort!

Je höher Einer steht und ragt
Je besser muß auch, was er sagt
Und was er thut in Amt und Pflicht,
Vertragen hellstes Sonnenlicht!"

So sprachen die Zweie; 's ist lange her,
Gibt weder das Land noch den König mehr —
Doch wissen möcht' ich, ich sag' es offen,
wer von den Zwei'n das Rechte getroffen!

Bob

Die Iunggesellensteuer

In Hessen hat die Kammer einer
Iunggesellensteuer zugestimmt,
nachdem sie schon auf Fahrräder, Equi-
pagen, Reitpferde eine Steuer gelegt.
Auch die Jagdkarten wurden besteuert,
was insofern interessant ist, als hiebei
eine Steuer (was Anderes ist die Iagd-
kartengebühr nicht!) noch einmal be-
steuert wird. Noch schlimmer steht's
freilich mit der Iunggesellensteuer, denn
der Junggeselle versteuert etwas, was
er gar nicht hat, nämlich eine
Frau. Die hessischen Hagestolze sind
sehr entrüstet darüber, daß sie für ihr
trübseliges Dahinvegetiren in öder Ein-
samkeit auch noch berappen sollen und
behaupten, man könne ebensogut eine
Steuer auf die Vermögenslosigkeit legen.
Der katholische Clerus soll von dieser
Iunggesellensteuer befreit sein, wahr-
scheinlich betrachten die Gesetzgeber den
Besitz einer Base, Haushälterin oder
Köchin als genügenden Ersatz für das
verheiratetsein! Denn sonst wäre die
Steuerfreiheit des Llerus eine Unge-
rechtigkeit gegen die anderen, mehr oder
minder freiwilligen Cölibatäre. Das
sieht doch ein blinder Hesse ein!

O-

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Index
[nicht signierter Beitrag]: In einer Mädchenschule...
Monogrammist Frosch: Deutsche Thrönchenfolger
Bob: In Dingsda
Loki: Die Prager Panik
Pips: Offenbarungen der französischen Volksseele
[nicht signierter Beitrag]: Die Junggesellensteuer
 
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