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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 30 (22. Juli 1899)
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Nr. 30 (Redaktionsschluss: 13. Juli 1899)

JUGEND

O

1899

Das Kammergericht in Berlin hat entschieden, daß jeder Radfahrer verpflichtet ist, beim Zähren
durch preußische Städte stets die für die betreffende Stadt jeweilig vorgeschriebenen Zahrradnummern
an seinem Rad anzubringen.

Der eifrige Tourenfahrer Schulze, der auf Umwegen zum Münchner Radfahrercongreß radelte,
hat in Zolge deffen beim paffiren des Siegesthores so ausgesehen, wie ihn das obige Bild zeigt!

Zn den bnyrischkn Fnndtngswnhlen

Bei den Wahlen für Bayerns Kammer
Gab es jüngst einen großen Kammer,
weil man die Schwarzen da Hand in Hand
Mit den Genoffen Vollmars fand.

Die Liberalen, die derentwegen
Bei diesen Wahlen unterlegen,

Fanden den ungesunden Pakt
Niederträchtig und abgeschmackt!

Von der Partei für Altäre und Throne
war dies der Pakt ja zweifelsohne,

Von der Partei für Freiheit und Recht
Zind' ich ihn auch jesuitisch und schlecht!

Aber mich dünkt, die Liberalen,

Wenn sie da sprechen von Skandalen,
Sollten sie lieber doch dafür
Kehren vor ihrer eigenen Thür'.

Liberalsein verdeutsch' ich: Freisein!

Freier Sinn muß immer dabei sein.
Weite Herzen und weiter Blick
Für des Landes und Volkes Geschick!

Vorwärts wollen und vorwärts gehen,
Wege suchen und Wege sehen,

Auch am eigenen Vortheil vorbei —
Dos heißt liberal sein und frei!

Aber mich dünkt, bei Licht besehen,
Blieb da gar Manches ungeschehen,

Und gar Manches geschah sodann,

D'ran man sich nicht wohl freuen kann!

Werden künftig die Liberalen
Liberaler, die Liberalen
Wählen gewiß bei der nächsten Wahl
Alle lieber liberal! Fips

Dr. Karl Lueger
und die Opposition in Wien

Immer wilder und verweg'ner
Wird der schöne Rcrrl in Wien.
„Buben" nennt er seine Gegner.

Ach, sein Frohsinn ist dahin!

Und sein Großvezier, der Strobach,
Spricht von „Diebsgesindel" gar.
Mancher ist in Wien jetzt grob, ach!

Der sonst sehr gemüthlich war!

welch' ein Umschwung! Ich erstaune,
Sagt mir nur, wohin entfloh
Aarls des Schönen frohe Laune?
Mürrisch ist er jetzt und roh.

Antwort that ein hochbejahrter
Seher mir gefälligst kund.

Also sprach sein weißbehaarter
Trefflicher Prophetenmund:

„Seine Jovialität hat
Sich zum Teufel jetzt verfügt,

Und die schwarze Majestät hat
Jüngst geäußert höchst vergnügt:

Karls Humor ist nun der meine,

Und dazu in kurzer Zeit

Hol' ich mir dann auch noch seine

Bürgermeister-Herrlichkeit!"

I,oki

£

Die Philatelisten ober Briefmarken-
sammler beklagen sich bitter darüber, daß
Liechtenstein und Andorra noch keine Post-
werthzeichen haben. Man muß aber doch Ver-
nunft brauchen und billige Rücksicht nehmen!
Sobald die Marken auf den Priesen sitzen,
ist's ja gut; aber wo sollen sie vordem Platz
finden?

Diese Sports-Nummer
der „Jugend“

ist den Theilnehmern am 16. Bundestag
des „Deutschen Radfahrer - Bundes(< zu
München sowie allen übrigen Radlern und
Radlerinnen mit kräftigem „All-Heil!“
gewidmet.

Eine fette Pfründe

Für Militäranwärter ist im Bezirk des
2ten bayrischen Armeekorps beim protestant-
ischen Pfarramt Windsbach eine Kir*
chendienerstelle an der Kapelle zur
Gottesruhe ausgeschrieben, und zwar mit
folgenden Bedingungen:

0 Protestantische Konfession des Bewerbers
und seiner Familie; kirchliche Haltung; körper-
liche Rüstigkeit; geordnete vermögeusverhält-
niffe . 2) Jederzeit widerruflich; }3 Mk. 45 pfg.
jährlich; freie Wohnung im Siechenhause, Hälfte
der Kliilgelsackeinlage am Karfreitag und Him-
melfahrt vor- und Nachmittags, Genuß des
etwa *4 Dezim. großen Gartens am Siechen-
hause. 3) ordnungsmäßig belegte Gesuche sind
bei dem König!, bayrischen Konsistorium Ans-
bach einzureichen.

wir glauben im Interesse vieler Militär-
Anwärter zu handeln, wenn wir bei dem
hochw. Konsistorium anfragen, wie der zukünf-
tige Kirchendiener mit diesem großartigen Ge-
halt von (5 Mk. 43 Pfg. ein Jahr auskommen
soll. Daß er stehlen oder den Herrn Pfarrer
ganz um die angegeführten Klingelsackein-
lagen betrügen soll, wird das hochw. Konsi-
storium doch wohl selbst nicht wollen.

£

Runstnachrichten

Das Kgl. Schauspielhaus in Berlin
hat für die nächste Spielzeit folgende Stücke

angenommen:

Albrecht der Bär, Schauspiel in 5 Akten
Markgraf Otto I. „ „ 4 „

„ Otto II. „ „ 5 „

Albrecht II. „ „ 4 „

Johann I. u. Otto III. „ „ 5 „

Otto mit dem Pfeil „ „ 4 „

Waldemar „ „ 5 „

Der falsche Waldemar „ „ 4 „

Die wittelsbachcr „ „ 5 „

Jost von Mähren „ „ 4 „

Hieran wird sich in der darauf folgenden
Saison die Serie „Brandenburg unter Hohen-
zollern" anschließen.

Blumenthal Sc Kadelburg haben's gut. Sie
haben ihr Stück fertig und können ruhig in
die Sommerfrische gehen. Uns steht's noch
bevor. Forgcur

£

Im Technikum Mittweida ist unter den
Hörern ein Ausstand ausgebrochen. Sie wollen
die Vorlesungen nicht mehr besuchen, wenn
nicht ein bestimmter Lehrer vom Amte entfernt
wird. Graf Posadowsky arbeitet im Ver-
ein mit der sächsischen Regierung an einer Vor-
lage für den Reichstag, nach welcher ausständ-
ige Hörer an deutschen Hochschulen mit Zucht-
haus nicht unter 20 Jahren bestraft, Hörwillige
dagegen mit sofortigem Erlaß des Staats-
examens belohnt werden sollen.

Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München

Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
Register
[nicht signierter Beitrag]: Die Philatelisten...
Arpad Schmidhammer: Der preußische Tourenfahrer
[nicht signierter Beitrag]: Im Technikum Mittweida...
[nicht signierter Beitrag]: Kunstnachrichten
Loki: Dr. Karl Lueger und die Opposition in Wien
Pips: Zu den bayrischen Landtagswahlen
[nicht signierter Beitrag]: Eine fette Pfründe
 
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