1899
JUGEND
Nr. 31
Lin Traum
von z. z. mm
^ch war im Coneert. Der große hohe Saal
war voll von Leuten und von Hellem Lichter-
glanz durchströmt. Das ganze auserlesene Pu-
blikum der Hauptstadt, sowohl das musikalische
als das unmusikalische, hatte sich diesen Abend
eingefunden, um die Symphonie anzuhören, die
unter der Leitung des neuen Dirigenten in her-
vorragender Weise aufgeführt werden sollte.
Der erste Theil des Eoncertes, der aus einigen
kleinen Nummern bestand, war bald zu Ende;
überall entstand die übliche Unruhe und Lärm.
Es kam eine Pause.
Ich blieb auf meinem Platze und hörte auf
die Gespräche. Alle warteten auf die Symphonie
und Viele sprachen von ihr. Manche unterhielten
sich von anderweitigen Dingen.
Ich saß rechts von dem breiten Mittelgang,
so daß das Publikum während der ganzen Pause
dicht an mir vorbei auf und abging. Ich war
übler Laune, alles erschien mir an diesem Abend
besonders düster. In jedem neuen Gesicht, das
ich sah, entdeckte ich etwas Widerliches, Dummes,
Böses; jeder Satz, jedes Wort, das ich hörte,
schien mir hoffnungslos trivial.
Die Toiletten, die Gesichter, die Gespräche,
diese Musik, die wir soeben gehört hatten und
die durch ihre technischen Akrobatenkünste ver-
blüffte, aber nicht auf die Seele wirkte, das alles
schien mir unsagbar leer und zwecklos. Mir
war traurig und einsam zu Muthe. Ich fühlte,
wenn ich Jemand von meiner Stimmung er-
zählte, so würde man mich nicht verstehen, nur
höflich lächeln. Deshalb blieb ich ruhig auf mei-
nem Platze sitzen und hatte nicht das geringste
Verlangen, ein Gespräch anzuknüpfen. Ich sah
und hörte und war, offen gesagt, nahe daran,
die Menschheit zu hassen. Ich hatte vor mir
Leute jeglichen Alters, Vertreter der besten Ge-
sellschaft; und wenn ich sie so ansah, die Alten
und die Jungen, und aufmerksam ihren Ge-
sichtsausdruck, den Spiegel ihrer Seele, beob-
achtete, so fand ich überall dieselbe Leblosigkeit
und Kälte. Einige eilten geschäftig durch den
Saal, andere begrüßten sich mit erheuchelter
Freude, dort unterhielt man sich lebhaft mit er-
künsteltem Interesse; es schien, als ob alle däch-
ten, fühlten und lebten. Aber sie konnten mich an
diesem Abende nicht täuschen. Ich sah in ihnen keine
wirklichen Menschen, sondern nur schlechte Schau-
spieler, die Menschen spielten. Nichts Narürliches,
nichts Aufrichtiges, nichts Lebendiges war in
dieser bunten, lärmenden Menge, die sich in dem
geräumigen Saale zusammen gefunden hatte.
Die Pause war bald zu Ende, das Glockenzeichen
ertönte und das Publikum
nahm Platz. Mit Ungeduld
wartete ich auf die ver-
sprochene Symphonie und
bereitete mich vor, sie mit
Aufmerksamkeit zu hören.
Auch alle Andern erwar-
teten offenbar etwas Be-
sonderes.
Endlich erschien der Diri-
gent und nach stürmischem
Beifall trat lautlose, er-
wartungsvolle Stille ein.
Die Musiker hielten ihre
Instrumente in Bereitschaft
und harrten gespannt. Man
hörte den trockenen, kurzen
Schlag des Taktstocks auf
dem hölzernen Pult. Der
Dirigent musterte mit ei-
nem Blick das Orchester,
erhob den Arm und die
Musik begann.
H, Christiansen
Es sing pianissimo an, wie um die Zuhörer
vorzubereiten. Diese schüchterne Einleitung schien
etwas Geheimnißvolles anzukündigen. Und in
der That, man mußte sich diesem weichen und
doch kraftbewegten Anfang der Symphonie ganz
hingeben. Plötzlich erklang unter der stetig an-
wachsenden Fülle von Tönen die Melodie, sie
schlich sich wie unbemerkt ein, aber sofort gewann
sie die Oberhand und die Begleitung neigte sich
demüthig vor der Gebieterin. Die Musik wuchs.
Bald spielte sie, Stärke gewinnend, lauter und
schneller, bald wiederum erstarb sie, aber nur,
um desto breiter und mächtiger sich zu entwickeln,
desto höher sich empor zu schwingen.
Ich horchte regungslos, und mein ganzes
Sein ging auf in den Tönen. Fieberschauer
lief mir über den Körper. Ich schaute um mich:
der ganze Saal war erstorben, bezaubert durch
die Kraft der göttlichen Symphonie. Gott, Gott,
wiederholte ich in Gedanken, welche Kraft, welche
Leidenschaft, welche Wahrheit!.
Thrünen der Rührung und des Entzückens
verschleierten mir den Blick. Meine ganze Seele
kam in Bewegung und erbebte, erfüllt von Schauer
und wie von ungewohnter Entschlossenheit.
Alle die Leute, die vor mir saßen und die
ich vor Kurzem nahezu gehaßt hatte, erschienen
mir jetzt schön, und ich liebte sie heiß wie Brüder.
— Ja, ja, ihr habt Recht, ihr berückenden,
außergewöhnlichen Töne! Du mußt handeln,
Du mußt fühlen, Du mußt lieben — sprach zu
mir eine leidenschaftliche, innere Stimme und
noch bewußter fühlte ich in mir neue Kraft.
Und diese Kraft rief zu Thaten, zur Selbst-
aufopferung. Ich hörte jetzt nur eine Mahnung,
die voll von Feuer und Ueberzeugung, unab-
lässig und gebieterisch auf mich wirkte. Ich
war bereit, ihr zu folgen und im Bewußtsein
dieser Bereitwilligkeit fühlte ich mich glücklich.
Und da schien es mir, als ob die Töne der
Symphonie erzitterten, irsts Schwanken geriethen.
wie bereit sich vom Boden zu erheben und sich
in das Reich zu schwingen, von dem sie sangen.
— Gehorcht, folgt mir, sang die Symphonie —
folgt gleich, ohne zu säumen; ich zeige Euch den
wahren Weg. —
Mir versagte der Athem. Niemals hatte ich
in mir eine solche Erregung gefühlt. Ja ich
war in dieser Minute zu allem bereit, ich war
mir dessen wohl bewußt. Ich wollte der Sym-
phonie zurufen, ich wollte jener Stimme ant-
worten, die mich rief, aber in demselben Augen-
blick trennten sich die Töne vom Podium und
schwangen sich langsam in die Höhe.
Ich sprang von meinem Sitz auf, das ganze
Publikum folgte meinem Beispiel. Ich blickte
um mich; erschrockene Gesichter, voll von Angst
und Bestürzung, starrten mir entgegen. Da,
erfüllt von Begeisterung und Wagemuth, rief
ich der mich umgebenden Menge zu: Hört Ihr
denn nicht, seht Ihr denn nicht, daß mau ihr
folgen muß, daß diese Musik uns zum Wahren,
zum Guten, zum Glück führt- sofort ohne
Säumen muß man ihr nach.
Die Stimme versagte mir, übertönt vom Ge-
räusch der Symphonie. Und in demselben Augen-
blick fühlte'ich, wie meine Füße sich vom Boden
lösten und wie ich selbst, gleich der Symphonie,
empor schwebte. Zu meiner Verwunderung sah
ich über mir den weiten, dunkeln, mit Sternen
besäten Himmel. Das Gebäude, in dem wir uns
befanden, hatte sich von selbst aufgethan. Oben
hoch über uns spielte jetzt ein unsichtbares Or-
chester, immer höher schwebend... ich folgte ihm.
Ich blickte hinab und sah, wie die Menge sich
langsam vom Boden hob und mir nachschwebte.
Ich bemerkte, daß eine ungewöhnliche Veränder-
ung mit ihr vorgegangen war. Auf den be-
geisterten, erregten Gesichtern zeigte sich jetzt Ent-
schlossenheit und frohes Lächeln. Ich sah, daß
Alle, wie auch ich, widerstandslos der Symphonie
folgen würden. Wir erhoben uns immer höher
und höher hinter der Symphonie und endlich
flogen wir aus den Mauern des Gebäudes in
den weiten, grenzenlosen Raum. Unermeßlich
breitete sich die Stadt unter uns aus. Wir sahen
die goldenen Häupter der Kirchen, die weißen
Reihen der Häuser, die schwarzen, hohen Fabrik-
schlote. Winzige Lichter flackerten unten in den
engen, spaltähnlichen Straßen; Ameisen gleich,
krochen darin Menschen und Wagen.
* * *
Wir flogen rasch dahin. Die Musik spielte
jetzt noch mächtiger, majestätischer. Je weiter
wir kamen, desto mehr wuchs die Menge hinter
uns. Wir schwebten über der Stadt dahin und
flogen in eine weite, menschenleere Steppe. Eine
überaus warme Luft, leicht und belebend, wehte
uns in's Gesicht. Ich erinnerte mich, daß es
Winter gewesen war, als
ich durch die Stadt in's
Coneert fuhr; hier aber war
es wann und Frühlings-
lüfte wehten. Das setzte
mich nicht in Erstaunen. —
Wir senkten uns wieder
hinab, der Symphonie nach
und schwebten über der
Erde hin, mit den Füßen
kaum die duftigen Blumen
streifend, die die Steppe be-
deckten. Die große Silber-
scheibe des Mondes stieg
am Horizonte empor und
beleuchtete mit ihren schrä-
gen Strahlen uns und das
Land vor uns. Immer
dichter schwoll die Menge
hinter uns an. Die ganze
Steppe schien ein schwarzes
Meer menschlicher Gestal-
ten, die über sie hinschweb-
3 d y 11 e R. Eddelbüttel
JUGEND
Nr. 31
Lin Traum
von z. z. mm
^ch war im Coneert. Der große hohe Saal
war voll von Leuten und von Hellem Lichter-
glanz durchströmt. Das ganze auserlesene Pu-
blikum der Hauptstadt, sowohl das musikalische
als das unmusikalische, hatte sich diesen Abend
eingefunden, um die Symphonie anzuhören, die
unter der Leitung des neuen Dirigenten in her-
vorragender Weise aufgeführt werden sollte.
Der erste Theil des Eoncertes, der aus einigen
kleinen Nummern bestand, war bald zu Ende;
überall entstand die übliche Unruhe und Lärm.
Es kam eine Pause.
Ich blieb auf meinem Platze und hörte auf
die Gespräche. Alle warteten auf die Symphonie
und Viele sprachen von ihr. Manche unterhielten
sich von anderweitigen Dingen.
Ich saß rechts von dem breiten Mittelgang,
so daß das Publikum während der ganzen Pause
dicht an mir vorbei auf und abging. Ich war
übler Laune, alles erschien mir an diesem Abend
besonders düster. In jedem neuen Gesicht, das
ich sah, entdeckte ich etwas Widerliches, Dummes,
Böses; jeder Satz, jedes Wort, das ich hörte,
schien mir hoffnungslos trivial.
Die Toiletten, die Gesichter, die Gespräche,
diese Musik, die wir soeben gehört hatten und
die durch ihre technischen Akrobatenkünste ver-
blüffte, aber nicht auf die Seele wirkte, das alles
schien mir unsagbar leer und zwecklos. Mir
war traurig und einsam zu Muthe. Ich fühlte,
wenn ich Jemand von meiner Stimmung er-
zählte, so würde man mich nicht verstehen, nur
höflich lächeln. Deshalb blieb ich ruhig auf mei-
nem Platze sitzen und hatte nicht das geringste
Verlangen, ein Gespräch anzuknüpfen. Ich sah
und hörte und war, offen gesagt, nahe daran,
die Menschheit zu hassen. Ich hatte vor mir
Leute jeglichen Alters, Vertreter der besten Ge-
sellschaft; und wenn ich sie so ansah, die Alten
und die Jungen, und aufmerksam ihren Ge-
sichtsausdruck, den Spiegel ihrer Seele, beob-
achtete, so fand ich überall dieselbe Leblosigkeit
und Kälte. Einige eilten geschäftig durch den
Saal, andere begrüßten sich mit erheuchelter
Freude, dort unterhielt man sich lebhaft mit er-
künsteltem Interesse; es schien, als ob alle däch-
ten, fühlten und lebten. Aber sie konnten mich an
diesem Abende nicht täuschen. Ich sah in ihnen keine
wirklichen Menschen, sondern nur schlechte Schau-
spieler, die Menschen spielten. Nichts Narürliches,
nichts Aufrichtiges, nichts Lebendiges war in
dieser bunten, lärmenden Menge, die sich in dem
geräumigen Saale zusammen gefunden hatte.
Die Pause war bald zu Ende, das Glockenzeichen
ertönte und das Publikum
nahm Platz. Mit Ungeduld
wartete ich auf die ver-
sprochene Symphonie und
bereitete mich vor, sie mit
Aufmerksamkeit zu hören.
Auch alle Andern erwar-
teten offenbar etwas Be-
sonderes.
Endlich erschien der Diri-
gent und nach stürmischem
Beifall trat lautlose, er-
wartungsvolle Stille ein.
Die Musiker hielten ihre
Instrumente in Bereitschaft
und harrten gespannt. Man
hörte den trockenen, kurzen
Schlag des Taktstocks auf
dem hölzernen Pult. Der
Dirigent musterte mit ei-
nem Blick das Orchester,
erhob den Arm und die
Musik begann.
H, Christiansen
Es sing pianissimo an, wie um die Zuhörer
vorzubereiten. Diese schüchterne Einleitung schien
etwas Geheimnißvolles anzukündigen. Und in
der That, man mußte sich diesem weichen und
doch kraftbewegten Anfang der Symphonie ganz
hingeben. Plötzlich erklang unter der stetig an-
wachsenden Fülle von Tönen die Melodie, sie
schlich sich wie unbemerkt ein, aber sofort gewann
sie die Oberhand und die Begleitung neigte sich
demüthig vor der Gebieterin. Die Musik wuchs.
Bald spielte sie, Stärke gewinnend, lauter und
schneller, bald wiederum erstarb sie, aber nur,
um desto breiter und mächtiger sich zu entwickeln,
desto höher sich empor zu schwingen.
Ich horchte regungslos, und mein ganzes
Sein ging auf in den Tönen. Fieberschauer
lief mir über den Körper. Ich schaute um mich:
der ganze Saal war erstorben, bezaubert durch
die Kraft der göttlichen Symphonie. Gott, Gott,
wiederholte ich in Gedanken, welche Kraft, welche
Leidenschaft, welche Wahrheit!.
Thrünen der Rührung und des Entzückens
verschleierten mir den Blick. Meine ganze Seele
kam in Bewegung und erbebte, erfüllt von Schauer
und wie von ungewohnter Entschlossenheit.
Alle die Leute, die vor mir saßen und die
ich vor Kurzem nahezu gehaßt hatte, erschienen
mir jetzt schön, und ich liebte sie heiß wie Brüder.
— Ja, ja, ihr habt Recht, ihr berückenden,
außergewöhnlichen Töne! Du mußt handeln,
Du mußt fühlen, Du mußt lieben — sprach zu
mir eine leidenschaftliche, innere Stimme und
noch bewußter fühlte ich in mir neue Kraft.
Und diese Kraft rief zu Thaten, zur Selbst-
aufopferung. Ich hörte jetzt nur eine Mahnung,
die voll von Feuer und Ueberzeugung, unab-
lässig und gebieterisch auf mich wirkte. Ich
war bereit, ihr zu folgen und im Bewußtsein
dieser Bereitwilligkeit fühlte ich mich glücklich.
Und da schien es mir, als ob die Töne der
Symphonie erzitterten, irsts Schwanken geriethen.
wie bereit sich vom Boden zu erheben und sich
in das Reich zu schwingen, von dem sie sangen.
— Gehorcht, folgt mir, sang die Symphonie —
folgt gleich, ohne zu säumen; ich zeige Euch den
wahren Weg. —
Mir versagte der Athem. Niemals hatte ich
in mir eine solche Erregung gefühlt. Ja ich
war in dieser Minute zu allem bereit, ich war
mir dessen wohl bewußt. Ich wollte der Sym-
phonie zurufen, ich wollte jener Stimme ant-
worten, die mich rief, aber in demselben Augen-
blick trennten sich die Töne vom Podium und
schwangen sich langsam in die Höhe.
Ich sprang von meinem Sitz auf, das ganze
Publikum folgte meinem Beispiel. Ich blickte
um mich; erschrockene Gesichter, voll von Angst
und Bestürzung, starrten mir entgegen. Da,
erfüllt von Begeisterung und Wagemuth, rief
ich der mich umgebenden Menge zu: Hört Ihr
denn nicht, seht Ihr denn nicht, daß mau ihr
folgen muß, daß diese Musik uns zum Wahren,
zum Guten, zum Glück führt- sofort ohne
Säumen muß man ihr nach.
Die Stimme versagte mir, übertönt vom Ge-
räusch der Symphonie. Und in demselben Augen-
blick fühlte'ich, wie meine Füße sich vom Boden
lösten und wie ich selbst, gleich der Symphonie,
empor schwebte. Zu meiner Verwunderung sah
ich über mir den weiten, dunkeln, mit Sternen
besäten Himmel. Das Gebäude, in dem wir uns
befanden, hatte sich von selbst aufgethan. Oben
hoch über uns spielte jetzt ein unsichtbares Or-
chester, immer höher schwebend... ich folgte ihm.
Ich blickte hinab und sah, wie die Menge sich
langsam vom Boden hob und mir nachschwebte.
Ich bemerkte, daß eine ungewöhnliche Veränder-
ung mit ihr vorgegangen war. Auf den be-
geisterten, erregten Gesichtern zeigte sich jetzt Ent-
schlossenheit und frohes Lächeln. Ich sah, daß
Alle, wie auch ich, widerstandslos der Symphonie
folgen würden. Wir erhoben uns immer höher
und höher hinter der Symphonie und endlich
flogen wir aus den Mauern des Gebäudes in
den weiten, grenzenlosen Raum. Unermeßlich
breitete sich die Stadt unter uns aus. Wir sahen
die goldenen Häupter der Kirchen, die weißen
Reihen der Häuser, die schwarzen, hohen Fabrik-
schlote. Winzige Lichter flackerten unten in den
engen, spaltähnlichen Straßen; Ameisen gleich,
krochen darin Menschen und Wagen.
* * *
Wir flogen rasch dahin. Die Musik spielte
jetzt noch mächtiger, majestätischer. Je weiter
wir kamen, desto mehr wuchs die Menge hinter
uns. Wir schwebten über der Stadt dahin und
flogen in eine weite, menschenleere Steppe. Eine
überaus warme Luft, leicht und belebend, wehte
uns in's Gesicht. Ich erinnerte mich, daß es
Winter gewesen war, als
ich durch die Stadt in's
Coneert fuhr; hier aber war
es wann und Frühlings-
lüfte wehten. Das setzte
mich nicht in Erstaunen. —
Wir senkten uns wieder
hinab, der Symphonie nach
und schwebten über der
Erde hin, mit den Füßen
kaum die duftigen Blumen
streifend, die die Steppe be-
deckten. Die große Silber-
scheibe des Mondes stieg
am Horizonte empor und
beleuchtete mit ihren schrä-
gen Strahlen uns und das
Land vor uns. Immer
dichter schwoll die Menge
hinter uns an. Die ganze
Steppe schien ein schwarzes
Meer menschlicher Gestal-
ten, die über sie hinschweb-
3 d y 11 e R. Eddelbüttel