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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 38 (16. September 1899)
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Nr, 38 (Redaktionsschluss: 5. Sept. 1899)

. JUGEND •

Hast Du, Zreund Sam, nicht oft genug Dir Pfote schon verbrannt und Schnabel?
Und wieder greifst Du happig zu — Du bist und bleibst wohl incurabel?

1899

Schwarz muß er werden!

Der Bürgermeister von Dar es Salaam,
So lim an bin N asr, ist nach Berlin ge-
kommen. Wie man hört, soll er dem liberalen
Bürgermeister Kirschner als Muster vorgeführt
werden. So schwarz müsse er erst werden,
um Bestätigung zu finden.

(5^

Es scheinen die alten Eiben so grau

Die beiden alten Eiben im Garten des
Herrenhauses in Berlin, die s. Zt. be-
kanntlich versetzt werden mußten, kommen, wie
man hört, auf ihrem neuen Platze ganz vor-
trefflich fort. Denselben versuch will man jetzt
mit einer ganzen Reihe von alten Herren des
Herrenhauses machen. Man will sie versetzen
und hofft, daß sie fort kommen.

Aus dem lyrischen Tagebuch
des Leutnants von Verjewitz

VI. Jena.

Eijentlich Schlachtfeld wejen allein
weg über Jena jenommen,

Höchstens erinnert an saueren wein —
Aber janz anders jekommen!

Völkchen jefunden hier, riesig jescheidt —
Unheimlich fast, muß jestchen —
Staunenswerte Belesenheit,

Manche noch Ioethe jeschen!

Stadt zwar janz einfach — aber dafür
Haus für Haus Namen beschrieben:
Irößte Ieister je wohnt einst hier,
Viele hier immer jcblieben!

Aiesig-jemüthlich bis Mitternacht
Bei „kalter Ente" jesessen —

Lieder jesungcn — un drüber Schlacht
Iänzlich, un Schlachtfeld verjessen. —

Früher oft Jena hören verschrei'rr
Spießbürjcrlich — bestreit ich!

Ort mir jefallen janz unjemein!

Hoffe auch — jegenseitig.

Dichter jehaust hier auf schlichte Art,
Beinah nichts ausjegeben,

Mächtig an Rost un Logis jespart,

Aber — doll-jeistiges Leben!

Heut noch so! Ileichmut vor Stand unRang!
Bürgern in Rneipe jeseffcn:

Jroße Je! ehrte mitten mang —
Einem Salzfaß jegessen!

Ausflug nach „Fuchsthurm", Stieg nich leicht,
Dann mit Wurstfleisch beladen —

Oben vor Herd mir Häckel'n jezcigt:
Bratwurst auf Rost sich jebraten!!!

Selber jcbraten — eigener Hand!
Mir unjeheuer jefallen!

Auch jleich versucht. Aber — Wurst ver-
b r a n n t I

Braucht eben Praxis m Allem!

Den „Münchner Neuesten Nachrichten" wurde
in Oesterreich der Postdebit entzogen. Damit
ist die Bewegung der deutschen Opposition de-
finitiv unterdrückt!

Der alte König Mi das hatte bekanntlich
sehr stark entwickelte äußere Gehörwerkzeuge.
Das sagte ihm sein Spiegel jeden Tag.

Da ließ er den Glaser henken, der den
Spiegel gemacht hatte . . .

Die kaltgestellten Landrathe in Preußen

Nachklänge zur Goethefeier

In einer Hamburger Familie kommt das
Töchterchen sehr animiert von der Goethefeier
nach brause.

„Denk Dir bloß," sagt sie zu dem Dienst-
lnädchen, einer Berlinerin, „was uns der
Lehrer voll Goethe erzählt hat! Zn spaßig!
Also einmal hat er einen kleinen Topf geschenkt
gekriegt, und da gehen Männer vorbei, und die
sagen, er soll den Topf hinschmeißen. Und das
thut er, und dann holt er noch mehr Steinzeug
und wirft es alles auf die Straße, und schließ-
lich macht er seiner Mutter ihre ganze Rüche
leer und klar! auf die Steine damit, immer
eins nach dem andern!"

„So!" versetzt die Röchln mit der ganzen
Bissigkeit einer Zurückgesetzten — „det is de
janze Herrlichkeit? Dafor feiern se mir nich!!"

Im Lessingtheater zu Berlin wurde zur Feier
des Geburtstages unseres größten Dichters
dessen Lustspiel „Im weißen Rößl" gegeben.
Das Haus war festlich erleuchtet.

,,So Kinderchen, das wird Luch
ein wenig den LNousseux däinpfen
— weiter hat's keinen Zweck!"

Das „Deutsche Theater" in Berlin eröffnete
seine Saison am September mit dein „Fuhr-
mann Henschel." Der „Fuhrmann Herrsche!"
ist gewissermaßen der „Faust" unseres Trien-
niums.

VW

Parteiische Regierung

— Haste geheert, Schlaume, da hat sich
wieder gebildet ä Verain ßur „Errichtung
von Brausebädern!"

— Ja. — So was verbieten se nich!!

P. T.!

Die „Jugend" hat schon zahlreiche Stellen
aus alten Schriftstellern gebracht, die mehr oder
weniger klar darauf hinweiseü, daß schon die
Alten radelten. Unumstößlich aber ist dieser
Beweis erbracht durch eine alte Münze, die
dieser Tage in Olympia ausgegraben wurde.
Bild und Legende sagen doch deutlich
Ev-xöxXc!) — noaZsL« — Radfahrunterricht.

Das also ist die summa rerum, die die alten
Hellenen von ihren „Gebildeten" verlangten.
Und auch sonst undeutliche Dinge werden grell
beleuchtet; diese kostbare Münze hat auf dem
Revers die Inschrift:
xrjc, &peT7j£ ISporca frsol TuporcapoiSsv
Rein Zweifel: Hesiod war Radfahrlehrer und
redete seinen Zöglingen ein, vor die Tüchtig-
keit (— apsxY]) hätten die Götter (nicht er) „den
Schwitz" gestellt.

Herausgeber: Dr. GEORG H1RTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OST INI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratenteil: G. EICHMANN, sämmtlich in München*

Druck von KNORR & HIRTH, Ges. ra. beschr. Haftung in München.

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[nicht signierter Beitrag]: Den "Münchner Neuesten Nachrichten" wurde...
Monogrammist Hase: Die kaltgestellten Landräthe in Preußen
[nicht signierter Beitrag]: P. T.!
Monogrammist Frosch: Incurabel
Leutnant v. Versewitz: Aus dem lyrischen Tagebuch des Leutnants von Versewitz
[nicht signierter Beitrag]: Schwarz muß er werden!
[nicht signierter Beitrag]: Der alte König Midas...
[nicht signierter Beitrag]: Nachklänge zur Goethefeier
[nicht signierter Beitrag]: Es scheinen die alten Eiben so grau
 
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