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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 40 (30. September 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3779#0228
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0 shocking! Shocking! Shocking!

In den Zeitungen lesen wir:

„In London wurde jüngst eine wichtige „Afrika-
frage" entschieden. Dort ist nämlich ein vollständ-
iges Kafferndorf mit 200 Eingeborenen ausgestellt,
Es scheint nun, daß die zarten Londoner Msses
sich für den Zwang, den die englische Prüderie auf-
erlegt, an der robusten Audität dieser Landsleute
Dom Pauls ergiebig schadlos hielten, so schadlos,
daß besorgte Familienväter und Ehemänner für
den Teint ihrer Deszendenten anfingen Be-
fürchtungen zu fassen und sich an die Behörden
wandten mit der Bitte, den Damen den Besuch
des Kaffernkraals zu verbieten. Die ausstellende
Gesellschaft erhielt späterhin wirklich die Aufforder-
ung, den Kraal für weibliche Besucher zu schließen."

In London wurde jüngst einmal
Zur Schau gestellt ein Kaffernkraal
(Ich glaub', er kam aus dem Transvaal).
Zweihundert Schwarze gab's an Zahl,
Mit Gliedern stark, als wie von Stahl,
Die Haut so glatt, wie die vom Aal,
Bekleidet kaum mit einem Shawl —

Ls war ein Anblick, ideal! —

Da kamen denn die Ladies all
Herbeigeströmt in großem Schwall
Und fah'n dieSchwarzen, stramm und prall.
Denn weil Dld England überall
Herrscht auf dem weiten Lrdenball,

Und jeder Schwarze sein Vasall,

Ist äußerst lehrreich solch ein Fall!

Das Studium im Kaffernkraal
war aber schlimm für die Moral,

Und mancher arme Lhgemahl
Besorgte gräßlichen Skandal,

Denn schließlich ist's ja nicht egal,
wenn solch ein Kaffer ein Rival,

Und wenn die Babies, — wie fatal!

Viel dunkler werden, als normal!

Da liefen denn auf ZaU und Knall
Die Männer zu des Richters Hall'

Und machten schrecklichen Krawall :

„Ls sei so klar, als wie Krystall,

Daß jene Kaffern, schwarz und drall,
Verleiteten zum Sündensall
Die tugendsamen Ladies all!"

Die Klagen fanden Widerhall
Und weise schloß das Tribunal
Den Damen ein für allemal
Ganz kategorisch das Portal
Vom fündenhaften Kaffernkraal,

Im Interesse der Moral.

Das war den Schönen eine Dual;

Doch ob's geholfen radikal,

Zeigt erst ein späteres (Quartal!

Kilian

An einem Berliner Denkmal, ausge-
führt von der Firma R. Begas & Cie., sind,
wie ein Blatt feststellt, nicht weniger als .157
Thiere angebracht, nämlich: 21 Pferde, 2 Och-
sen, 8 Schafe, 4 Löwen, 16 Fledermäuse,
6 Mäuse, 1 Eichhorn, 10 Tauben, 2 Raben,
2 Adler, 16 Eulen, 1 Eisvogel, 32 Eidechsen.
18 Schlangen, 1 Karpfen, 1 Frosch, 16 Krebse.
Der unbefangene Leser wird meinen, es handle
sich um ein Denkmal für Vater Brehm? O
nein! Es handelt sich um das National-
denkmal für Kaiser Wilhelm I. — Und
dafür zweiunddreißig Eidechsen!

Schnurrige Inserate

wer jemals eine Artistenzeitung durch-
gesehen hat, der wird sich über die unge-
mein komische und für den Uneingeweihten
räthselhafte Art von Annoncen, die man
in solchem Blatte findet, gewundert haben.
Nach mancherlei Bemühungen sind wir in
der Lage, über einige wenige dieser Inse-
rate Aufklärung geben zu können, z. B.:

„Gesucht ein Mittelmann und
Sänger, der auch spring t und wer-
fen kann." (Zu melden beim Fürsten von
Monaco!)

„Ein Artist, Rückwärts-Schl an«
genmen sch, arbeitet auf Tisch, sucht
Engagement." (Am liebsten im Herren-
hause!)

„Suche für mein Restaurant eine B a rt-
dame oder schwarze Rekln er in."
(Der Pächter des Reichstagsrestaurants!)

„Der Häuptlingshund „Nero", weiß,
geschoren wie Löwe, ist wegen
Mangel an Play spottbillig abzu-
gebcn." (Hört auch auf den Namen
„Ro chefort"!)

„Ich suche einen August als Rol-
leg en, junge Leute bevorzugt." (Derou-
lede!) j. de G.

Wissenschaft und Kunst

Gin Düsseldorfer Zentrumsblatt ereifert sich
darüber, daß andere Düsseldorfer ein Ljeine-
Denkmal fordern, und meint, Düsseldorf sei gar
nicht stolz darauf, „das Ferkel in der deut-
schen Litteratur" hervorgebracht zu haben.

Es ist albern, auf jemand mit Verachtung
hinabzublicken, nur weil inan ausgewachsen

Allgemeine Wehrpflicht in Lhina

Der Kaiser von Lhina, Hab' ich gelesen'.
Beschloß die Wehrpflicht aller Lhinesen.

Ich las es und gab mir sogleich das Wort,
Nie Kriegsministcr zu werden dort.

Nein, mag es den Kaiser noch so verdrießen,
Ich werde mich niemals dazu entschließen,
wie soll ich Uniformen und Waffen
Für Zwanzig Millionen Lhinesen beschaffen?
Und wie, auf welche denkbare weise
Für zwanzig Millionen Lhinesen Speise?
Und vor Allem: wie krieg' ich ohne Blainage
Für Zwanzig Millionen Lhinesen Lourage?

Stefan

Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratenteil: G. EICHMANN, sämmtlich in München.

Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTE^,

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Register
Stefan: Allgemeine Wehrpflicht in China
Monogrammist Frosch: Zeichnung zum Text "O shocking!"
Kilian: O shocking! Shocking! Shocking!
[nicht signierter Beitrag]: An einem Berliner Denkmal...
J. de G. J. d. G.: Schnurrige Inserate
[nicht signierter Beitrag]: Wissenschaft und Kunst
 
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