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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 41 (7. Oktober 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3779#0244
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Oer neue

f ls er zuerst mit seines Geistes Blitz
Aus sträfliche Dalunken losgewcttert,
war jedes Wort wie eine tanze spitz
Und jeder satz hat Feinde hingeschmettert.

Und als er muthig der Verbannung Loos
Aus sich genommen des verfolgten wegen.

Da fah'n wir auf zu ihm, da war er groß,
Zugleich ein Dichter und ein tapfrer Degen!

Nun ist die Wahrheit auf dem Marsch — doch irrt
Sie Hang noch um und sucht die rechte Straße —
Das hat ihm wohl den klaren Sinn verwirrt
Und wieder schallt sein Wort jetzt mit Emphase:
Doch spricht er heute keine Schwerter mehr.

Die niedersausen auf die feilen Tröpfe —

Ein Zchwall von Phrasen ist es, hohl und leer,
wie seiner Gegner wahngeschlagne Köpfe!

Er weiß vom „Weltall", wie es aufgerührt
Durch seines Schützlings Leiden fei, zu melden,
Den er in Zukunfts-Rnhmestempel führt —
Sogar zum Gott ernennt er seinen Beiden!
Brrr —Zola —Brrr I Du gleichst dem Sonnensoh»,
Der nach des Lichtgotts Ruhme trug Verlangen —
Da find auch Dir, dem neuen phaöton,

Die Sonnenroffe schmählich durchgegangen!

Phaeton

Fm Taumel dann, vom eignen Glanze blind,
Bast Du den Mann und sein Geschick verwechselt,
Und überschwänglich, thöricht, wie ein Rind,

Ein wunderlich Fdol zurecht gedrechselt!
von Ruhm und Größe weist er keine Spur,

Den Du erheben willst zu höhern Sphären,
was ihm gebührt, ist ein Erbarmen nur —

Fhn selber nicht, sein Unglück muß man ehren!

Ihn selber nicht! Den finnbethörten Mann,

Der seines Vaters Vaterland verachtet,

Der feine Beimath so vergessen kann,

Daß er ihr haßerfüllt zu schaden trachtet.

Der eingcstimmt in jener Schurken Schrei,

Die drei Fahrzehnte jetzt am Frieden rütteln.

Und allzu gut es nur versteh'», dabei

vom Baum des Bastes goldne Frucht zu schütteln!

Und diesen Mann zum Beiden ausgebauscht!

Und der ein Balbgott, der betrog'ne Schächer?
Brrr — Zola — Brrr! halt ein! Du bist berauscht
von Deiner Phrasen übervollem Becher!

Bab' Acht!.Und fester nimm' die Zügel Du,

Laß Deine Rosse nicht so stürmisch rennen —
Schon jagen ste den schmalen Grenzen zu,

Die das Erhab'ne von der Narrheit trennen!

o.

Ausgrabungen in Puttkamerun

Dein Sandrath v. Pultkam er in Pommern
ist eine Ausgrabung gelungen, welche ihm
den Ehrennamen eines neuen S ch 11 e m d it n
erwerben dürfte: er hat eine Verordnung
aus dem Jahre J805 über die Spur-
weite der Mag eit entdeckt, welche die
Breite des Geleises aller Magen auf 4 Fuß
4 Zoll preußisch festsetzt. Sofort wurden die
betreffenden Unterbehörden angewiesen, alle
Besitzer und Führer von wagen anzuzeigen,
deren Fuhrwerke nicht die befohlene Spurweite
haben. Da heute Niemand mehr- auf eine
gleichmäßige Spurweite achtet, an modernen
Mageir auch meistens die Spur der vorderen
Näder schmaler ist, als die der Hinteren, so
regnet es natürlich Straferlasse. Mir machen den
genialen Entdecker jener fossilen Verordnung
auf eine Thatsache aufmerksam, welche , dem
Fiskus eine glänzende Einnahme an Straf-
geldern garantirt: Die Fahrräder haben
gar keine Spurweite, also Übertritt jeder
Radfahrer in Puttkamerun in geradezu frivoler
Meise die Vorschriften seiner klugen und väter-
lichen Regierung. Die Äerls müßte man doch
ordentlich rankriegen!

Mie wir hören, soll die Ausgrabung des
Sandraths v. Puttkamer einem Berliner lllu-
seum — wahrscheinlich den paläontologischen
— oder heißt's pathologischen? — Sammlungen
einverleibt werden.

Herausgeber: Dr. GEORG HlRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratenteil: G. EICHMÄNN, sämmtlich in

Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.

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Monogrammist Frosch: Zeichnung zum Gedicht "Der neue Phaeton"
O. [Ostini]: Der neue Phaeton
[nicht signierter Beitrag]: Ausgrabungen in Puttkamerun
 
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