1899
Nr. 45■’ t (Redaktionsschluss: 25. Okt. 1899) - JUGEND «
Jr*t&
WI M U
D/ A
K. Lß. Zwinßurne und die Suren
Die Lorbeeren des Doktor Johann Baptist
Sigl in Btünchen haben den englischen Poeten
Mr. Algernon Charles Swinburne
nicht schlafen lassen und er hat in den „Times"
ein Sonett gegen die Buren veröffentlicht, das
sich liest, wie ein Artikel, in dem das „Bayr-
ische Vaterland" gegen Juden, Preußen oder
Freimaurer loszieht. Die besten Verse des
wahnwitzigen gereimten Geschimpfes lauten, in
unser, für solche Expektorationen allzu höfliches
Deutsch übertragen, etwa:
Aus eklerem Munde hat wohl nie so dreist
Gebet, das sich in Fluch und Schimpf gewandelt,
Des Herrn beschmutztem Namen noch mißhandelt,
Zum Hohn der Wahrheit, die nun peitschen heißt
Die tollen Hunde und dem Tode weih'n —
England schlag' drein! Und kräftig schlage drein!
-r- -r-
Ohm Krüger hat bei all dem Trubel, der
ihm jetzt den Kopf warm machen mag, Zeit
gefunden, auf das Meisterstück englischer Vers-
kunst zu antworten. Natürlich, den Umständen
angemessen in Knittelversen. Da sind sie:
O Schweineborn! Dein schwülstig Sonett
Macht Euer mageres Kraut nicht fett,
Mit Deinen tückischen Dum-Dum-Strophen
Lockst Du ja doch keinen Hund vom Ofen!
Und jedem Kind auf dem Erdenrund
(Bis auf den Uncle Sam) ist's kund,
Daß Euer „Nachekrieg" doch nur so
Ein Jameson-Einfall ist, en grosi
Ein Raubzug in König Mammons Sold,
Ein Einbruchdiebstahl um rothes Gold!
Und schlagen sich Eure Söldner auch muthig
Und färben die „blaue Erde" blutig,
Es fehlt ihnen doch der Ehre Schmuck —
Denn Muth hat auch der Mameluck!
Und wenn Ihr zum Schlüsse auch Sieger bleibt,
Und uns von Haus und Hof vertreibt,
Und wenn Jh^uns schließlich rottet aus
Mit Weib und Kind, mit Mann und Maus,
Bleibt Euch die Schmach doch in Ewigkeit,
Daß Ihr Banditen.und' Mörder seid!
Aber nicht zu viel Selbstvertrauen! —
Wir haben Euch schon einmal verhau'n,
Könnt' wohl sein, daß Ihr wieder mal
Den Buckel vollkriegt in Transvaal!
Bor der Hand, edler Schweineborn,
Kostet nur erst der Buren Zorn,
Kostet nur unsere blauen Bohnen,
Die zwar nicht tückisch im Leib zerplatzen,
Aber nicht fehlen und nicht verschonen.
Weg die beutegierigen Tatzen!
Ihr seid, nicht „Hunde, mit schäumendem Maul,"
Ihr. seid Wölfe mit lechzenden Rachen — .
Nä, und das Raubzeug stunun zu machen,
Das versteht man bei Uns!
Ohiu Paul
Das nette Jahrhundert
Unser Mitarbeiter, Herr Dr. Kühl, den
wir um einen Beitrag für unsre am, Januar
t900 erscheinende „Fest-Nummer zur Jahr-
hundertwende" ersuchten, schreibt uns:
Liebe verehrte Fugend!
Mich wundert,
Daß Du das zwanzigste Jahrhundert
Offiziell bereits heuer feierst
Und so laut und vernehmlich beierst.
Ist doch längst zur Genüge bewiesen,
Daß man beim Zählen nach Adam Riesen
Immer mit Eins, nicht mit Null beginnt;
So was lernt man doch schon als Rind!
Allzufrüh lustig sein stürzt nur in Schulden;
Möchte mich gern noch ein Jährchen gedulden.
Aber Hirth und Ostini lachen:
will Er sich wohl auf die Leine machen?!
Wir sind nicht Mathemankprofessoren!
Ist auch das Rind vor der Hochzeit geboren,
Zappelt und strampelt es dennoch munter,
Zetert und kreischt und die Welt geht
nicht unter.
Jugend, Jugend will zeitige Lust:
wir pflücken die Aepfel schon im August.
Gustav Kühl
* *
Unsre Antwort lautet:
Ganz gewiß, Freund Gustav Rühl,
Fein durchschaust Du unser Gefühl!
Für uns ist das Säkulum
Mit dem nächsten Sylvester um,
Und wir begrabenes ohne Reue —
Ist's Dir vielleicht nicht alt genug?—
Und begrüßen mit Recht und Fug
Hoffend und freudevoll das Neue.
Ist dasIahrhundcrt auch wirklich und wahr
in der That um,
Ist doch der Spaß an dem neuen Datum
Längst schon verdorben in einem Jahr!
D'rum nicht lange und ängstlich besonnen,
Frisch das Jahrhundert proleptisch begonnen
Und begossen mit Punsch und Bowlen! —
Die Mathematik soll der Teufel holen!
„Fugend"
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München.
Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
Nr. 45■’ t (Redaktionsschluss: 25. Okt. 1899) - JUGEND «
Jr*t&
WI M U
D/ A
K. Lß. Zwinßurne und die Suren
Die Lorbeeren des Doktor Johann Baptist
Sigl in Btünchen haben den englischen Poeten
Mr. Algernon Charles Swinburne
nicht schlafen lassen und er hat in den „Times"
ein Sonett gegen die Buren veröffentlicht, das
sich liest, wie ein Artikel, in dem das „Bayr-
ische Vaterland" gegen Juden, Preußen oder
Freimaurer loszieht. Die besten Verse des
wahnwitzigen gereimten Geschimpfes lauten, in
unser, für solche Expektorationen allzu höfliches
Deutsch übertragen, etwa:
Aus eklerem Munde hat wohl nie so dreist
Gebet, das sich in Fluch und Schimpf gewandelt,
Des Herrn beschmutztem Namen noch mißhandelt,
Zum Hohn der Wahrheit, die nun peitschen heißt
Die tollen Hunde und dem Tode weih'n —
England schlag' drein! Und kräftig schlage drein!
-r- -r-
Ohm Krüger hat bei all dem Trubel, der
ihm jetzt den Kopf warm machen mag, Zeit
gefunden, auf das Meisterstück englischer Vers-
kunst zu antworten. Natürlich, den Umständen
angemessen in Knittelversen. Da sind sie:
O Schweineborn! Dein schwülstig Sonett
Macht Euer mageres Kraut nicht fett,
Mit Deinen tückischen Dum-Dum-Strophen
Lockst Du ja doch keinen Hund vom Ofen!
Und jedem Kind auf dem Erdenrund
(Bis auf den Uncle Sam) ist's kund,
Daß Euer „Nachekrieg" doch nur so
Ein Jameson-Einfall ist, en grosi
Ein Raubzug in König Mammons Sold,
Ein Einbruchdiebstahl um rothes Gold!
Und schlagen sich Eure Söldner auch muthig
Und färben die „blaue Erde" blutig,
Es fehlt ihnen doch der Ehre Schmuck —
Denn Muth hat auch der Mameluck!
Und wenn Ihr zum Schlüsse auch Sieger bleibt,
Und uns von Haus und Hof vertreibt,
Und wenn Jh^uns schließlich rottet aus
Mit Weib und Kind, mit Mann und Maus,
Bleibt Euch die Schmach doch in Ewigkeit,
Daß Ihr Banditen.und' Mörder seid!
Aber nicht zu viel Selbstvertrauen! —
Wir haben Euch schon einmal verhau'n,
Könnt' wohl sein, daß Ihr wieder mal
Den Buckel vollkriegt in Transvaal!
Bor der Hand, edler Schweineborn,
Kostet nur erst der Buren Zorn,
Kostet nur unsere blauen Bohnen,
Die zwar nicht tückisch im Leib zerplatzen,
Aber nicht fehlen und nicht verschonen.
Weg die beutegierigen Tatzen!
Ihr seid, nicht „Hunde, mit schäumendem Maul,"
Ihr. seid Wölfe mit lechzenden Rachen — .
Nä, und das Raubzeug stunun zu machen,
Das versteht man bei Uns!
Ohiu Paul
Das nette Jahrhundert
Unser Mitarbeiter, Herr Dr. Kühl, den
wir um einen Beitrag für unsre am, Januar
t900 erscheinende „Fest-Nummer zur Jahr-
hundertwende" ersuchten, schreibt uns:
Liebe verehrte Fugend!
Mich wundert,
Daß Du das zwanzigste Jahrhundert
Offiziell bereits heuer feierst
Und so laut und vernehmlich beierst.
Ist doch längst zur Genüge bewiesen,
Daß man beim Zählen nach Adam Riesen
Immer mit Eins, nicht mit Null beginnt;
So was lernt man doch schon als Rind!
Allzufrüh lustig sein stürzt nur in Schulden;
Möchte mich gern noch ein Jährchen gedulden.
Aber Hirth und Ostini lachen:
will Er sich wohl auf die Leine machen?!
Wir sind nicht Mathemankprofessoren!
Ist auch das Rind vor der Hochzeit geboren,
Zappelt und strampelt es dennoch munter,
Zetert und kreischt und die Welt geht
nicht unter.
Jugend, Jugend will zeitige Lust:
wir pflücken die Aepfel schon im August.
Gustav Kühl
* *
Unsre Antwort lautet:
Ganz gewiß, Freund Gustav Rühl,
Fein durchschaust Du unser Gefühl!
Für uns ist das Säkulum
Mit dem nächsten Sylvester um,
Und wir begrabenes ohne Reue —
Ist's Dir vielleicht nicht alt genug?—
Und begrüßen mit Recht und Fug
Hoffend und freudevoll das Neue.
Ist dasIahrhundcrt auch wirklich und wahr
in der That um,
Ist doch der Spaß an dem neuen Datum
Längst schon verdorben in einem Jahr!
D'rum nicht lange und ängstlich besonnen,
Frisch das Jahrhundert proleptisch begonnen
Und begossen mit Punsch und Bowlen! —
Die Mathematik soll der Teufel holen!
„Fugend"
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München.
Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
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