1899
JUGEND
9
Nr. 48
Tertium non datur
Zwei Bekenner des jüdischen Glaubens fuhren mit der Eisenbahn
durch eine gänzlich „treifene" d. h. unkoschere Gegend. Auf viele Meilen
in der Runde wäre kein koscheres Gasthaus aufzufinden gewesen. Bei
einem der beiden regte sich aber ein gewaltiger Hunger nach etwas
Solidem, und schließlich rief er desperat:
„Auf der nächsten Schdation schtaig ich aus und esst ä Biefschdick!"
„Biste meschugge?" rief der andere. „Hier gibsts doch bloß treifene
Biefschdicks!"
„Ich werd' schon kriegen ä koscheres!" versicherte aber jener mit
heiterer Sicherheit.
Richtig: an der nächsten Haltestelle stieg er aus und stürmte mit
hungerbeflügelten Schritten dem Wartesaale zu. Sein Freund, dessen
Neugier sich bereits mit Appetit vermischte, hinterdrein.
„Kellner!" rief der Lechzende. „Haben Se ä treifenes Biefschdick?"
„Was??" fragte der Kellner verständnißlos.
„Ob Se haben ä treifenes Biefschdick?"
„„Treifenes Beefsteak"?? Nein," erklärte der Kellner.
„Na," rief der gewissenhafte Gesetzesmensch mit Nachsicht und
Heiterkeit, „dann bringen Se mer ä andres!" R. R.
Warum hat sie das nicht gleich gesagt!
„Du willst also den jungen Mann absolut
nicht heiraten, Edith?" — „„Nein, Groß-
mama"". — „Er ist reich." — „„Reichthum
macht nicht glücklich."" — „Er ist hübsch." —
„„Das ist Geschmacksache, ich finde ihn häßlich.""
— „Er ist aus guter Familie." — „ „Meine
ist besser."" — „Er liebt Dich." — „„Ich ihn
nicht."" — „Er ist in angesehener Position."
— „„Es gibt angesehenere."" — „Und doch
würden Dich alle Deine Freundinnen um ihn
beneiden." — „„So? Daraufhin muß ich
ihn mir doch noch einmal ansehen.""
£
wahre Geschichte
In der Friedens-Gesellschaft zu X. beschließt
man nach dem Muster aller größeren Verbände
auch eitlen Fragekasten einzurichten. Bei der
ersten Oeffnung findet man zunächst einige
ganz vernünftige Fragen, die denn auch ord-
nungsgemäß besprochen werden und ihre Er-
ledigung finden.
Beim letzten Zettel jedoch stockt plötzlich
das mit dem Vorlesen betraute Mitglied und
erklärt auf Befragen: es habe sich jemand
einen schlechten Scherz erlaubt; auf dem Zettel
stände: „Ihr seid ja alle Schafsköpfe!"—Die
Versammlung ist starr. Endlich faßt sich der
Vorsitzende und spricht mit dem Ausdruck tiefster
Entrüstung die denkwürdigen Worte: „Fa,
meine Herren, das ist doch überhaupt
gar keine Frage!-"
Riesig sensibel!
— Sie besuchen wohl
gar keine Vorträge,
Herr Saughofer?
— Nee.
— XDanuit denn nicht?
— Ach, wissen Sie: neben dem Redner steht
gewöhnlich eine Earaffe mit Wasser und es
kommt sogar vor, daß er davon trinkt —
na, das kann ich nicht ansehen.
Galgenhumor
— Nun, Herr Feddersen, sechs Rinder hatten
Sie schon und jetzt legen Sie sich gar noch
Zwillinge zu?
— Ja, ja, Herr Andersen, ich habe mich be-
kehrt zum Zweikindersystem.
VXD
Kulturgeschichtliche Entdeckungen
der „Jugend"
Regelspiel bei den Römern
iamque labant cunei (Ovid 11 met. 514).
Und schon wackeln die Regel.
at midi., facta corona placet.
Aber mir gefällt der Rranz, den ich
gemacht. (Mart. IS,51). St.
Telephon im alten Spanien
Rönig: „wie fang' ich
Es an, Euch zu verbinden?"
(Schiller, Carlos III 10).
Lylinderhm bei den Römern
at mihi cylindri forma videtur esse
formosior. (Cic. 1 nat. deor. 10).
Aber mir scheint die Lylinderfaoon als
die gefälligere. St.
Ludwig Hohlwein
Rokoko
(mit Zeichnung von Ludwig Ho hl wein)
Dille Hecken wohlverschnitten,
Alle Bäumchen wohlgestutzt,
Jllle Dinge, alle jäitten
j3teif und niedlich aufgeputzt!
I^eifenröcke, Vanzermieder,
CCnd Verrücken weissbestaubt;
Götterspuk und ßchäferlieder;
Cßinnespiel, das viel erlaubt —
Auch die Dünde fein und zierlich,
Auch das Vaster süss und nett —
Und am <^nde tanzt manierlich,
Auch das Schicksal £ßenuett!
Alitier, Schnörkel, kühngeschwungen,
Illiebesgötter, frech und froh —
Grüne Gartendämmerungen —
Dunkle Grotten — Rokoko! w R
&
Ein nützliches Buch
— „Herr Leutnant, haben Sie das neueste
Drama von Ibsen gelesen? Es behandelt die
V er er bringst heorie."
— „Famos! Famos! werde es sofort kaufen
und meiner Tante zum Lesen geben."
C®
Druckfehler
...... Von dem regen Jagdeifer Sere-
nissimi zeugten auch auf der gestrigen Treib-
jagd wieder viele gut getroffene Hosen."
Jul. Diez
779
JUGEND
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Nr. 48
Tertium non datur
Zwei Bekenner des jüdischen Glaubens fuhren mit der Eisenbahn
durch eine gänzlich „treifene" d. h. unkoschere Gegend. Auf viele Meilen
in der Runde wäre kein koscheres Gasthaus aufzufinden gewesen. Bei
einem der beiden regte sich aber ein gewaltiger Hunger nach etwas
Solidem, und schließlich rief er desperat:
„Auf der nächsten Schdation schtaig ich aus und esst ä Biefschdick!"
„Biste meschugge?" rief der andere. „Hier gibsts doch bloß treifene
Biefschdicks!"
„Ich werd' schon kriegen ä koscheres!" versicherte aber jener mit
heiterer Sicherheit.
Richtig: an der nächsten Haltestelle stieg er aus und stürmte mit
hungerbeflügelten Schritten dem Wartesaale zu. Sein Freund, dessen
Neugier sich bereits mit Appetit vermischte, hinterdrein.
„Kellner!" rief der Lechzende. „Haben Se ä treifenes Biefschdick?"
„Was??" fragte der Kellner verständnißlos.
„Ob Se haben ä treifenes Biefschdick?"
„„Treifenes Beefsteak"?? Nein," erklärte der Kellner.
„Na," rief der gewissenhafte Gesetzesmensch mit Nachsicht und
Heiterkeit, „dann bringen Se mer ä andres!" R. R.
Warum hat sie das nicht gleich gesagt!
„Du willst also den jungen Mann absolut
nicht heiraten, Edith?" — „„Nein, Groß-
mama"". — „Er ist reich." — „„Reichthum
macht nicht glücklich."" — „Er ist hübsch." —
„„Das ist Geschmacksache, ich finde ihn häßlich.""
— „Er ist aus guter Familie." — „ „Meine
ist besser."" — „Er liebt Dich." — „„Ich ihn
nicht."" — „Er ist in angesehener Position."
— „„Es gibt angesehenere."" — „Und doch
würden Dich alle Deine Freundinnen um ihn
beneiden." — „„So? Daraufhin muß ich
ihn mir doch noch einmal ansehen.""
£
wahre Geschichte
In der Friedens-Gesellschaft zu X. beschließt
man nach dem Muster aller größeren Verbände
auch eitlen Fragekasten einzurichten. Bei der
ersten Oeffnung findet man zunächst einige
ganz vernünftige Fragen, die denn auch ord-
nungsgemäß besprochen werden und ihre Er-
ledigung finden.
Beim letzten Zettel jedoch stockt plötzlich
das mit dem Vorlesen betraute Mitglied und
erklärt auf Befragen: es habe sich jemand
einen schlechten Scherz erlaubt; auf dem Zettel
stände: „Ihr seid ja alle Schafsköpfe!"—Die
Versammlung ist starr. Endlich faßt sich der
Vorsitzende und spricht mit dem Ausdruck tiefster
Entrüstung die denkwürdigen Worte: „Fa,
meine Herren, das ist doch überhaupt
gar keine Frage!-"
Riesig sensibel!
— Sie besuchen wohl
gar keine Vorträge,
Herr Saughofer?
— Nee.
— XDanuit denn nicht?
— Ach, wissen Sie: neben dem Redner steht
gewöhnlich eine Earaffe mit Wasser und es
kommt sogar vor, daß er davon trinkt —
na, das kann ich nicht ansehen.
Galgenhumor
— Nun, Herr Feddersen, sechs Rinder hatten
Sie schon und jetzt legen Sie sich gar noch
Zwillinge zu?
— Ja, ja, Herr Andersen, ich habe mich be-
kehrt zum Zweikindersystem.
VXD
Kulturgeschichtliche Entdeckungen
der „Jugend"
Regelspiel bei den Römern
iamque labant cunei (Ovid 11 met. 514).
Und schon wackeln die Regel.
at midi., facta corona placet.
Aber mir gefällt der Rranz, den ich
gemacht. (Mart. IS,51). St.
Telephon im alten Spanien
Rönig: „wie fang' ich
Es an, Euch zu verbinden?"
(Schiller, Carlos III 10).
Lylinderhm bei den Römern
at mihi cylindri forma videtur esse
formosior. (Cic. 1 nat. deor. 10).
Aber mir scheint die Lylinderfaoon als
die gefälligere. St.
Ludwig Hohlwein
Rokoko
(mit Zeichnung von Ludwig Ho hl wein)
Dille Hecken wohlverschnitten,
Alle Bäumchen wohlgestutzt,
Jllle Dinge, alle jäitten
j3teif und niedlich aufgeputzt!
I^eifenröcke, Vanzermieder,
CCnd Verrücken weissbestaubt;
Götterspuk und ßchäferlieder;
Cßinnespiel, das viel erlaubt —
Auch die Dünde fein und zierlich,
Auch das Vaster süss und nett —
Und am <^nde tanzt manierlich,
Auch das Schicksal £ßenuett!
Alitier, Schnörkel, kühngeschwungen,
Illiebesgötter, frech und froh —
Grüne Gartendämmerungen —
Dunkle Grotten — Rokoko! w R
&
Ein nützliches Buch
— „Herr Leutnant, haben Sie das neueste
Drama von Ibsen gelesen? Es behandelt die
V er er bringst heorie."
— „Famos! Famos! werde es sofort kaufen
und meiner Tante zum Lesen geben."
C®
Druckfehler
...... Von dem regen Jagdeifer Sere-
nissimi zeugten auch auf der gestrigen Treib-
jagd wieder viele gut getroffene Hosen."
Jul. Diez
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R. R.: Tertium non datur
W. R.: Rokoko
Ludwig Hohlwein: Zeichnung zum Text "Rokoko"
St.: Kulturgeschichtliche Entdeckungen der "Jugend": Kegelspiel bei der Römern
Julius Diez: Amorette
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[nicht signierter Beitrag]: Ein nützliches Buch
[nicht signierter Beitrag]: Druckfehler
[nicht signierter Beitrag]: Warum hat sie das nicht gleich gesagt!
[nicht signierter Beitrag]: Riesig sensibel!
W. R.: Rokoko
Ludwig Hohlwein: Zeichnung zum Text "Rokoko"
St.: Kulturgeschichtliche Entdeckungen der "Jugend": Kegelspiel bei der Römern
Julius Diez: Amorette
[nicht signierter Beitrag]: Wahre Geschichte
[nicht signierter Beitrag]: Ein nützliches Buch
[nicht signierter Beitrag]: Druckfehler
[nicht signierter Beitrag]: Warum hat sie das nicht gleich gesagt!
[nicht signierter Beitrag]: Riesig sensibel!