Nr. 11 (Redaktionsschluss: 28. Februar 1900)
JUGEND
1900
all
Schiller (beim Anblick des Betriebs vor seinem Monument): „Sire, geben Sie Crambahn-Freiheit!"
von der grünen Lime
wie ist mir? Bin ich noch in München?
Stehn noch die Frauenthürme stad?
Gerierh die Isar nicht in Flammen?
Man fährt nach Schwabing nun per Draht!!
wo bist du, Roß der grünen Linie,
Hinschrcitend, ähnlich einer Ruh,
Durch den Morast der Ludwigstraße
Mit echter Münchner Seelenruh?
wo ist das ehrsame Vehikel,
Darin ein vollgefülltes Maß
Von Rörben, G'scheerten, Juden, Christen
Hing, lag, gequetscht war, oder saß?
Der Schaffner, der an Haltestellen
Rurzweil mit seinem Spezi pflog,
Mit Tabaksdos' und Eisenstange
Im Trabe an der tete zog??
Mir scheint dies Rasen unnatürlich,
Unmünchnerisch und ganz verpreußt -
Doch sieh' — am Schillermonumente
Ein Hinderniß den weg verschleußt.
Als wie im Schlamme festgefahren
Hält träumerisch der wagen still:
Der alte Dreck, die alte Ruhe —
Das alte pfcrdebahnidyll!!
Denn das Unmögliche ward möglich:
Der Funke, der sonst blitzschnell irrt,
ward mit sechs Akkumulatoren
Zur Ruh' gebracht, monachisirt.
Sie fahren hin, sie fahren wieder,
Man koppelt an, man koppelt los,
Klein ist die Hoffnung, fortzukommen,
Denn der Rangirbahnhof ist groß! —
O Trambahngaul, du bist gerochen,
ward auch dein Leib hinweggerafft —
So schwebt doch ob der grünen Linie
Noch immer deines Geistes Kraft.
Schon hör' ich rufen: Nehmt zurücke
Die Münchner Elektrizität
Und gebt uns unsre Rösser wieder! —
Man kommt natürlicher zu spät
f. (pf-
Herausgeber Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratenteil: G. EICHMANN, sämmdica in München
Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
JUGEND
1900
all
Schiller (beim Anblick des Betriebs vor seinem Monument): „Sire, geben Sie Crambahn-Freiheit!"
von der grünen Lime
wie ist mir? Bin ich noch in München?
Stehn noch die Frauenthürme stad?
Gerierh die Isar nicht in Flammen?
Man fährt nach Schwabing nun per Draht!!
wo bist du, Roß der grünen Linie,
Hinschrcitend, ähnlich einer Ruh,
Durch den Morast der Ludwigstraße
Mit echter Münchner Seelenruh?
wo ist das ehrsame Vehikel,
Darin ein vollgefülltes Maß
Von Rörben, G'scheerten, Juden, Christen
Hing, lag, gequetscht war, oder saß?
Der Schaffner, der an Haltestellen
Rurzweil mit seinem Spezi pflog,
Mit Tabaksdos' und Eisenstange
Im Trabe an der tete zog??
Mir scheint dies Rasen unnatürlich,
Unmünchnerisch und ganz verpreußt -
Doch sieh' — am Schillermonumente
Ein Hinderniß den weg verschleußt.
Als wie im Schlamme festgefahren
Hält träumerisch der wagen still:
Der alte Dreck, die alte Ruhe —
Das alte pfcrdebahnidyll!!
Denn das Unmögliche ward möglich:
Der Funke, der sonst blitzschnell irrt,
ward mit sechs Akkumulatoren
Zur Ruh' gebracht, monachisirt.
Sie fahren hin, sie fahren wieder,
Man koppelt an, man koppelt los,
Klein ist die Hoffnung, fortzukommen,
Denn der Rangirbahnhof ist groß! —
O Trambahngaul, du bist gerochen,
ward auch dein Leib hinweggerafft —
So schwebt doch ob der grünen Linie
Noch immer deines Geistes Kraft.
Schon hör' ich rufen: Nehmt zurücke
Die Münchner Elektrizität
Und gebt uns unsre Rösser wieder! —
Man kommt natürlicher zu spät
f. (pf-
Herausgeber Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratenteil: G. EICHMANN, sämmdica in München
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