1900
JUGEND
Nr. 29
Cecl I lUnocUs in Kin'berley
Cancan der Kritik
Die Kritik oder Aetzkunst hat schon manches
opns Mg gesprochen nnd manches andere
verbrannt, aber der Fall, daß beides in einem
Athem von einnnddemselbcn Zensor einund-
demselben Buche geschehen, ist noch nicht da-
gewesen. Nun ist auch dieses Heil einem Werke
von Menschenhand widerfahren, und zwar
Richard Muther's vielbeweihrauchter und
vielumflammter „Geschichte der Malerei des
19. Jahrhunderts," die schon seit Jahren zu
den antiquarischen Cimelien gehört. In der
139. Beilage zur „Allg. Ztg." d. Js. lasen
wir Folgendes:
^ „. . . aber trotzdem stinrme ich ohne Rückhalt
Jenen bei, die sein Werk für eine höchst ver-
dienstvolle That hielten. Die rege Belhcili-
gung der Laienkreise am eigentlich modernen
Kunstleben wäre ohne ihn wohl nicht denk-
bar. Sein Buch bildet eben trotz aller Schäden
einen der wichtigsten Faktoren in der Ent-
wicklung unserer Kunst. Wir schulden ihm
d e n g r ö ßte n Dank. Wenn ich nun dieses
Verdienst ohne Einschränkung zugebe, so darf ich
wohl hoffen, daß die nachstehende Ausführung
nicht für hämisch gehalten werde. Wir müssen
Wuchers Geschichte der Malerei des 19. Jahr-
hunderts noch weiter untersuchen; denn sie ist
in ganz anderer Hinsicht ein außerordentlich
merkwürdiges Problem. Derselbe Mann, der
durch seine blendende Darstellungskunst
so Vielen das Verständniß dafür eröffnet
hat, daß die sogenannte „Moderne" auch ihre
Berechtigung hat, verstand selb st n i ch t gar viel
von dem Wesen der modernen Kunst, und sein
Buch besitzt lediglich die ephemere Bedeut-
ung, Anregungen der schönsten Art ge-
geben zu haben. Wenn es aber möglich wäre,
diese dreiBände zu vernichten, so würde das
ein wahres Glück sein; denn sie sind rasch
veraltet und beginnen jetzt eben so sehr zu
schaden, wie sie früher genützt haben."
Wir gehen noch einen Schritt weiter: man
lade alle Hof- und Staatsbibliotheken ein, sich
zur Gründung eines gemeinsamen Kremato-
riums zur Vernichtung älterer Literaturschätze
aufzuschwingen, wodurch nicht nur Raum ge-
wonnen und die Thatigkeit der Bibliothekare
„vereinfacht", sondern auch die literarische
Kritik der anstrengenden Mühe überhoben
würde, sich unausgesetzt mit Büchern älterer
Jahrgänge herumzuärgern. Hilarius
An Karl den Großen
ÜULU8 (a non lucendo) heißt der Dar».
Lueger wollt ei» Ehrenbürger sein.
In Mailand hat sich einst Napoleon
Mit eig'ner Land auf's Laupt gesetzt die Aron'.
So hast auch Du, o schönster Rarl von Wien,
Dir selbst das Ehrenbürger-Recht verlieh'».
S schönster Karl von Wien, wie bist Du schön,
wie stieg Dein Ruhm zu schwindelnd
steilen Löh'n!
Nur weiter noch aus dieser hohen Bahn!
Man ist Dir wohlgesinnt im Vatikan.
was Dir noch fehlt, das ist ein Leiligenschein.
Laß Dir, o Irarl, auch diesen noch verleih»!
Josefas
Berichtiguii g
Das in Nummer 26 abgedruckte Bild „Per
A s p e r a ad Astra“ ist nicht mein Werk, sondern
aus einem Albumwerk gleichen Titels von Karl
Wilh. Diefenbach, der auch die, in Probe beistehen-
den, Verse dazu geschrieben hat. Ich war als
Schüler Diefenbachs nur der handliche Vollender
des Werkes , dessen ideeller Urheber und Leiter
Diefenbach war. Hugo Höppener (Fidus).
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JUGEND
Nr. 29
Cecl I lUnocUs in Kin'berley
Cancan der Kritik
Die Kritik oder Aetzkunst hat schon manches
opns Mg gesprochen nnd manches andere
verbrannt, aber der Fall, daß beides in einem
Athem von einnnddemselbcn Zensor einund-
demselben Buche geschehen, ist noch nicht da-
gewesen. Nun ist auch dieses Heil einem Werke
von Menschenhand widerfahren, und zwar
Richard Muther's vielbeweihrauchter und
vielumflammter „Geschichte der Malerei des
19. Jahrhunderts," die schon seit Jahren zu
den antiquarischen Cimelien gehört. In der
139. Beilage zur „Allg. Ztg." d. Js. lasen
wir Folgendes:
^ „. . . aber trotzdem stinrme ich ohne Rückhalt
Jenen bei, die sein Werk für eine höchst ver-
dienstvolle That hielten. Die rege Belhcili-
gung der Laienkreise am eigentlich modernen
Kunstleben wäre ohne ihn wohl nicht denk-
bar. Sein Buch bildet eben trotz aller Schäden
einen der wichtigsten Faktoren in der Ent-
wicklung unserer Kunst. Wir schulden ihm
d e n g r ö ßte n Dank. Wenn ich nun dieses
Verdienst ohne Einschränkung zugebe, so darf ich
wohl hoffen, daß die nachstehende Ausführung
nicht für hämisch gehalten werde. Wir müssen
Wuchers Geschichte der Malerei des 19. Jahr-
hunderts noch weiter untersuchen; denn sie ist
in ganz anderer Hinsicht ein außerordentlich
merkwürdiges Problem. Derselbe Mann, der
durch seine blendende Darstellungskunst
so Vielen das Verständniß dafür eröffnet
hat, daß die sogenannte „Moderne" auch ihre
Berechtigung hat, verstand selb st n i ch t gar viel
von dem Wesen der modernen Kunst, und sein
Buch besitzt lediglich die ephemere Bedeut-
ung, Anregungen der schönsten Art ge-
geben zu haben. Wenn es aber möglich wäre,
diese dreiBände zu vernichten, so würde das
ein wahres Glück sein; denn sie sind rasch
veraltet und beginnen jetzt eben so sehr zu
schaden, wie sie früher genützt haben."
Wir gehen noch einen Schritt weiter: man
lade alle Hof- und Staatsbibliotheken ein, sich
zur Gründung eines gemeinsamen Kremato-
riums zur Vernichtung älterer Literaturschätze
aufzuschwingen, wodurch nicht nur Raum ge-
wonnen und die Thatigkeit der Bibliothekare
„vereinfacht", sondern auch die literarische
Kritik der anstrengenden Mühe überhoben
würde, sich unausgesetzt mit Büchern älterer
Jahrgänge herumzuärgern. Hilarius
An Karl den Großen
ÜULU8 (a non lucendo) heißt der Dar».
Lueger wollt ei» Ehrenbürger sein.
In Mailand hat sich einst Napoleon
Mit eig'ner Land auf's Laupt gesetzt die Aron'.
So hast auch Du, o schönster Rarl von Wien,
Dir selbst das Ehrenbürger-Recht verlieh'».
S schönster Karl von Wien, wie bist Du schön,
wie stieg Dein Ruhm zu schwindelnd
steilen Löh'n!
Nur weiter noch aus dieser hohen Bahn!
Man ist Dir wohlgesinnt im Vatikan.
was Dir noch fehlt, das ist ein Leiligenschein.
Laß Dir, o Irarl, auch diesen noch verleih»!
Josefas
Berichtiguii g
Das in Nummer 26 abgedruckte Bild „Per
A s p e r a ad Astra“ ist nicht mein Werk, sondern
aus einem Albumwerk gleichen Titels von Karl
Wilh. Diefenbach, der auch die, in Probe beistehen-
den, Verse dazu geschrieben hat. Ich war als
Schüler Diefenbachs nur der handliche Vollender
des Werkes , dessen ideeller Urheber und Leiter
Diefenbach war. Hugo Höppener (Fidus).
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