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1900

Nr. 30

Ca H, (C O3)2

In einem spanischen Zachblatt „Siglo Mfidico“
gibt ein Arzt, namens Dieguera, einen aus-
führlichen Bericht über eine Heilquelle von
wunderbarer Wirkung in dem Orte Alanse lpro-
vinz Badaso;). Der Brunnen enthält in seiner
chemischen Zusammensetzung nur einen Gehall
von doppelkohlensaurem Kalk und soll bei sol-
chen Nerven- und Herzkrankheiten, die man
gewöhnlich als unglückliche Liebe bezeichnet,
geradezu staunenswerthe Heilkraft äußern.

Nun aber rück' ich Dir zu reibe,

Zreiind Amor, schadenfroher Kchalk,
Unschädlich mach' ich Dein Getreide
Durch doppelkohlensauren Lalkl
Nicht wie bis dato mit Gewinsel
Luittier' ich Deinen Pfeil im Derz;

Nicht weih' ich ihr mit Stift und Pinsel,
was heimlich schuf mein krasser Schmerz ...

G nein, — zur Maid, die mich bethören
Gekonnt, sag' ich im ernsten Laß:

Mein Lind, nun heißt es mich erhören,
Konst greif' ich zur — Du weißt schon was!

Sie meint natürlich die Pistole,

Und steht schon meinen Latafalk....
stich aber denke an die Bowle
Mit doppelkohlensaurem Lalk.)

Nun wird sie selbstverständlich kirre
Und stillt in Lüsten meine Gluth!

Doch kanu's auch sein, daß ich mich irre
Und sie noch weiter spröde thut.

Dann wende ich mich gravitätisch,

G Amor, — schnöder Wechselbalg I
Die Laune füll ich' aus dem Theetisch
Mit doppelkohlensaurem Lalk:

Dir Lelhequelle, Dir beseht' ich
All meinen tollen Liebesschwixs ...

Schon athm' ich frei, — schon sintert mählig
Mein heißes iderz zu kaltem Gips ...

Ki.

Der neue MutarA

„was wollen Sie denn?" antwortete
Li Lfung-tschang auf die Vorwürfe eines
europäischen Diplomaten, „wir Thi-
»esen sind ja selbst für die Politik der
offenen Thür — sehen Sic, dorr hat der
Zimmermann das Loch offen gelassen I"

„Mit der Lenkbarkeit haperr's doch
noch ein klein wenig!" seufzte Graf Zep-
pelin nach seinem ersten Abstieg.

Ein Journalist rieth ihm, sich mit
einem Finanzministcr in's Benehmen zu
setzen.

„Geld haben wir doch genug!" sagte der
Erfinder verwundert.

„Sie verstehen mich nicht!" lächelte der
Zeitungsmann. „Ich meine ja wegen der

Steuerschraube!"

* JUGEND »

Zommerfrischet

Am 10. Juli 1900

Da sitz' ich i» meinem Havelock,
iiln's Knie die Reisedecke,

Da sitz' ich bei einem steifen Grogg
lind friere in meiner Ecke I

Da sitz' ich am Ofen und schür'
und schür'

lind trockne meine Kleider,

Da sitz' ich bei 8° Reaumnr
Und friere wie ein Schneider!

Die Fenster und die Thüren sind
Hermetisch zu—das braucht cs!—,
Doch durch die Ritzen pfeift der
Wind

Und durch den Schlot — d'rum
raucht es!

Da sitz' ich am 10. Julius
Mit Schnupfen — o Anachro-
nismus! —

In idealem Zusammenfluß
Mit Muskelrheumatismus.

Die Nase glanzt, die Nase glüht —
Ta sitz' ich und nieße und schnaube
Und sacht eutschwiildet aus mei-
nem Gemiith

Die Hoffnung und der Glaube!

Nur Eines ist, was ich glauben
kann

Bei diesem frostigen Plätschern:
Es hebt eine neue Eiszeit an,

Wir müssen elend vergletschern!

Die Wetterfahne kreischt und klirrt
Es pfeift und heult inden Buchen -
Und wenn es bis morgen nicht
besser wird,

So fang' ich an zu fluchen!

Ein Fechtbruder £■ wuke

„Wv i wohn? Vorderhand gar net, i bin am Weg nach
China, da schlag i nii zu de Großmacht'!"

Der Ofen raucht und wärmt mich nicht,
Ich klappere mit den Kiefern —

Und das versprochene Sommergedicht,

Ich kann cs unmöglich liefern!

Der Regen rinnt so naß wie noch nie,

Ich werde noch ganz zum Fische —

Und diesen Zustand heißen sie

Aus Bosheit: Sommerfrischei Fl,

Auf die Teppiche nicht spucken,

Sollst Du Pfützen von Tabak!

Nicht geräuschvoll schmatzen, schlucken
weil Dir etwas nach Geschmack!
Erst'res: denn ein ,Perser' kostet
Mehr hier, als in Teheran;

Letzteres: wenn man auf Dich toastet,
Zeig' auch Du den Gentleman!

8um Europa-Besuche des Ichahs

In Erinnerung an die Lchreclrensszenen
während des Aufenthalts Nasr-ed-din's
am wiener Hofe.

„Schatten Gottes!" — „Herr der Sterne!"
„Meer des Lichtes!" — Mittelpunkt
Aller Welten" — nah und ferne!

Der mit tausend Weibern prunkt . . ,

Da Du, wie ich hör', schon flügge,

Und zu uns kommst, Schahynschah,

Biet' ich kurz Dir einen Knigge
sUmgang mit Monarchen) — da:

Nicht in jedeil Vorhang schneuz Dich —

Ist denn das eine Manier?

Nicht auf jedem Sopha spreiz Dich —,

Deine Füße halt' bei Dir!

Nicht das Fräulein sollst Du zwicken
Neben Dir in Arm und Bein!

Auch die Thierlein zu zerknicken,

So Dich kitzeln, lasse sein!

Lies dies, „aller Könige König!"
Gder bester: memorier's!
lind mit Zcrduscht' Hilf gewöhn ich
Dich zur Sitte uns'rer Peers!

Folge mir, Mastuffer-ed-Din,

Keiner hat es noch bereut!

Bring die armen Fürsten net in
Schändliche Verlegenheit! B

Aus der

Kindheit berühmter Frauen

Ein kleines armes Chinesen Mädchen
koste einstmals inniglich mit ihrem Aull.
Da kam ein reicher Mandarin des Weges,
fand Gefallen an des Kulis Schätzchen und
vertrieb jenen mir kräftigen Püffen.
Das Mädchen fiel dem Mandarin sofort
in die Arme, wurde später Kaiserin von
China und begünstigt heute noch die
Boxer. seiio.

5i5
Index
Erich Wilke: Ein Fechtbruder
Maxl: Zum Europa-Besuche des Schahs
Fritz: Sommerfrische!
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Scho.: Aus der Kindheit berühmter Frauen
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Der neue Plutarch"
Ei.: C2H2(CO3)2
 
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