Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 5.1900, Band 2 (Nr. 27-52)

DOI Heft:
Nr. 31 (30. Juli 1900)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3411#0091
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 31 (Redaktionsschluss: 18. Juli 1960)

V-Bülow

i m

Zeitung smeldung: Durch die Berufung bei neuen Gesandten
Herrn u. Mumm-Schwarzenstein will Deutschland auzcigen, daß
seine diplomatischen Beziehungen zu China nicht
r abgebrochen hält.

Ohne — NervenN

In einem soeben erschienenen englischen Buche
„Lhinesische Lharakterzüge" von Arthur H.
Smith schreibt der Verfasser über den National-Lha-
rakter der Lhinesen u. A.: „,... Mit diesem Talent
zum geduldigen Ertragen von Leiden hängt auch das
Zehlen dessen zusammen, was man bei uns Nerven
nennt.... Die mangelnde Nervosität kommt auch
darin zur Geltung, daß der Lhinese überall schlafen
!:ann und gegen Gestank völlig unempfindlich zu
sein scheint...."

Wie sich doch der Urmensch
Gleich-von dein Lulturmenfch
Aus Europa unterscheiden thnt:

Jener bleibt phlegmatisch,

Dieser wird ekstatisch,

Und gerätst beim kleinsten Schmarrn in Wuth!

Auf dem Teller kritzeln,

An dem Bleistift schnitzeln

Magst Du, daß Dir selber davor graut;

Spiel bis morgen Früh den
Gigerlmarsch, - Etüden:

Jener bleibt gelassen in der Haut!

Kinderschrci'n, -trompeten,

lind der Jungfrau Beten,

lind im Grnuewald die Holzauktion,

lind zestnstnndert Werkeln

Mit modernen Schnörkeln

Bietet er tnit kaltein Antlitz Hohn!

Spuck ihm in die Suppe,

Ist ihm völlig schnuppe;

Schneid' bei Tisch die Nägel Dir der Hand;
Stocher' in deti Zähnen;

Schlenker' mit beti Beenen;

Nimmer bringst Du ihtl aus Rand nnd Band!

Mögen auf den Zwiebeln,

Aasen Mädchen kribbeln,

Schiebt er beides ruhig in den.Mund;

Delikt: was können schaden
Mir die Käsemaden?

Denn ich bin ja Gott sei Dank gesund!

Er wagt keine Lippe,

Wenn ein Mausgerippe

Ihm der Kellner, bringt, statt Frieassee;

Ist das Glas nur harbvoll,

Schreit er nicht: Sic Kalb, voll

Schänken S' ein, sonst schlag' ich Sie z:i irdjuccl

Laß beim Tarokieren
Zehnmal ihn verlieren,

Weil Du frech ihm in die Karten guckst;

Auf den Tisch nicht drischt er,

Stets von Neuem mischt er,

Und die Taöls blecht er ungemuckst!

Schreiben ihm, — wie bitter! —

Sieben Schwiegermütter:

Süßer Tfching-tschang, morgen koinmen wirl
Wird er nicht rabiatisch,

Betet still apathisch:

Großer Fo, — jetzt aber steh bei mir!

Wart: — der Europäer
Bringt auch das Dir näher,

Weil's Dir gar so an Lultur gebricht!

Wart' — fein in Eonservcn
Schickeil wir Dir Nerveil —,

Bloß den nervus rerum kriegste nicht!

„Ehrlich währt am längsten!" mahnte das Uilter-
hausmitglied Bnrdekt Contts einen englischen
Armeelieferanten.

„Aber die Kriege sind so kurz!" erwiderte
der Gentleman.

F. O. Voigt

Bescheiden in dem Grase blüht das Veilchen;
Doch schaut man's sich genauer an ein Weilchen,
So sieht man, was draus werden kann:

Sogar ein hasserfüllter Mann,

Der böse — Chinese.

Los von Lhina!

Dementi des Gedichtes „Aus nach Lhina!"
in Nr. 28 der „Jugend"

Da gcht's ja lustig drunt- und drüber,

2kach all dem, was gedrahtet ward ...!

Nach China mächt' ich nicht hinüber,

Und böte man mir halbe Fahrt....

Wie in drei Wochen zu zerstieben
Nermochten meine Wahnideen?

Mir bangt, es könnten meine Liebcil
Nicht ungeköpft mich wiederseh'n!

Da Hab' ich doch noch zuviel Grütze ...
Auch nnerschwinglich war mir die
Unfallversichcrungsxolizze,

Führ' ich zum Golf voii petschili,

Wo mau den Fremden gleich als Teufel
Ausfaßt, trotz frömmster Denkart Milch,

Und bei dem ewigen Blutgeträufel
Der Anzug pfntsch wird, auch ans Zwilch.

Ich bill durchaus kein Näfsehafser
Ulid schwimme wie des Seees Hinid:

Doch Blut ist dicker ja als Wasser,

Und darum sänk' ich drin zu Grund!•

Nein, eh' nicht, die im Mordsrausch taumeln
In Peking, Takn, Tientsin,

Auf sichern Bambusgalgen baumeln,

Lh' bringt mich keine Großnlacht hin!

Und bietet man 2000 Märker
Für meinen Leichnam, weil» er lebt:

Id) wünsche Garantie'«, die stärker,

Eh' sich mein Fuß hinüberhebt!

Erst heimgezahlt mit Zinseszinsen!

Erst hat der saubre Prinz Tuan
Geköpft vom Mauernpfahl zu grinsen, —
Dann fragen Sie mal wieder an!

Maxi

Herausgeber: Hr. GEORG H1RTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil; G. EICHMANN, sämmtlicb in Mauchen,

Druck von KNORR & H1RTH, Ges. ra. beschr. Haftung in München,

ALLE RECHTE VORBEHALTEN,
Register
Monogrammist Frosch: Ein freundlicher Nasenstüber
Maxl: Ohne - Nerven!!
Maxl: Los von China!
F. O. Voigt: Das Veilchen
 
Annotationen