Nr. 32
JUGEND
1900
Den Kindern des Cicbts
© laßt uns in die Kinderlehre geh'n
Bei frommen Heiden, die zur Sonne beten.
Wenn sie aus ihren heiligen Hainen treten
Und weit die Welt im Königspurpur feh'n.
Mt Hellen Kinderaugen laßt uns fchau'n,
Daß mir die Gottheit überall erkennen
Und sie mit tausend holden Namen nennen
Und froh verstehen jedes Blatt's Geraun.
DannmirddasWeh derwelteinKinderspott.
DieLchönheit wirdLuch in dieKnieezmingen
Und jungeMenschenstimmen werden singen;
Der große Schöpfer ist der Liebesgott.
Frühking
Mit einem lMüthenzwoig in der Hand,
Sin frühlwgstrunkcncr, sanfter lKacchant,
Achritt ich aus sonnengkänzendcn (Wegen
Der festlich keiregten Atadt entgegen.
Da haken die Ellüthen ein (Wunder gethan:
Älle Mädchen saßen mich kiekreich an,
Äls oö mich die iKlüthen lieklieher machten,
(Und winkten mir freundlich und grüßten und
lachten.
(Und die Rinder, als ok ich was Keltfames mär',
(Singen in Achaaren hinter mir her
(Und kettelten: „Laß uns die Klüthen sehen!"
(Und wollten alle mit mir gehen.
Ach aöer ging still und geradeaus
(Und krachte den ?weig der Lieöften in's Haus;
Die steüt ihn ins Fenster und gikt ihm zu trinken,
(Und die Rinder stehn aüe noch unten und winken.
hug» Salus
Sie aber haben Luch die schöne Welt
Wie einen Kerkerhof mit Marterpfählen
Umzäunt und halten Lure armen Seelen
Mit Feuerbränden, wie ein Wild, umstellt.
Und was in Unschuld das Lebend'ge freut,
So lang's Lebend'ges gibt auf dieser Lrde,
Den süßen Drang, durch den des
Schöpfers „Werde"
An heil'ger Noth ein jed' Geschöpf erneut —
Den sprachen sie mit Liferwort in Acht,
Und hießen Liebe sündiges verlangen
Und trieben sie mit heiß verschämten
Wangen
Aus Hellem Tag in heimlich scheue Nacht.
In geiles Kichern haben sie verkehrt
Den wonneschrei der seligsten Genüsse
Und für den Lenzduft erster Mädchenküsse
Die feile Gunst der Dirnen uns bescheert.
L. v. Zumbusch (München)
Nur Blindgeborne lockt ihr Tugcndlohn,
Ihr Paradies für Schächer und für Knechte!
Ihr Henkerseifer spottet ew'ger Mächte
Und spricht des Schöpfers heit'rem willen
Hohn!
© laßt uns frei sein in der Schönheit Hut
Und uns're Kindlein frommen Frohmuth
lehren —
Das Menschlichste als Göttlichstes verehren -
was schön und froh und menschlich, das istgutl
So nehmt die gold'nen Becher voll zur Hand
Und lernt den starken wein des Lebens
trinken —
Dann werdet ihr dem Tod an's Herz einst
sinken
Wie einem Freunde, der Luch wiederfand.
Ernst vsn Äslrogen
JUGEND
1900
Den Kindern des Cicbts
© laßt uns in die Kinderlehre geh'n
Bei frommen Heiden, die zur Sonne beten.
Wenn sie aus ihren heiligen Hainen treten
Und weit die Welt im Königspurpur feh'n.
Mt Hellen Kinderaugen laßt uns fchau'n,
Daß mir die Gottheit überall erkennen
Und sie mit tausend holden Namen nennen
Und froh verstehen jedes Blatt's Geraun.
DannmirddasWeh derwelteinKinderspott.
DieLchönheit wirdLuch in dieKnieezmingen
Und jungeMenschenstimmen werden singen;
Der große Schöpfer ist der Liebesgott.
Frühking
Mit einem lMüthenzwoig in der Hand,
Sin frühlwgstrunkcncr, sanfter lKacchant,
Achritt ich aus sonnengkänzendcn (Wegen
Der festlich keiregten Atadt entgegen.
Da haken die Ellüthen ein (Wunder gethan:
Älle Mädchen saßen mich kiekreich an,
Äls oö mich die iKlüthen lieklieher machten,
(Und winkten mir freundlich und grüßten und
lachten.
(Und die Rinder, als ok ich was Keltfames mär',
(Singen in Achaaren hinter mir her
(Und kettelten: „Laß uns die Klüthen sehen!"
(Und wollten alle mit mir gehen.
Ach aöer ging still und geradeaus
(Und krachte den ?weig der Lieöften in's Haus;
Die steüt ihn ins Fenster und gikt ihm zu trinken,
(Und die Rinder stehn aüe noch unten und winken.
hug» Salus
Sie aber haben Luch die schöne Welt
Wie einen Kerkerhof mit Marterpfählen
Umzäunt und halten Lure armen Seelen
Mit Feuerbränden, wie ein Wild, umstellt.
Und was in Unschuld das Lebend'ge freut,
So lang's Lebend'ges gibt auf dieser Lrde,
Den süßen Drang, durch den des
Schöpfers „Werde"
An heil'ger Noth ein jed' Geschöpf erneut —
Den sprachen sie mit Liferwort in Acht,
Und hießen Liebe sündiges verlangen
Und trieben sie mit heiß verschämten
Wangen
Aus Hellem Tag in heimlich scheue Nacht.
In geiles Kichern haben sie verkehrt
Den wonneschrei der seligsten Genüsse
Und für den Lenzduft erster Mädchenküsse
Die feile Gunst der Dirnen uns bescheert.
L. v. Zumbusch (München)
Nur Blindgeborne lockt ihr Tugcndlohn,
Ihr Paradies für Schächer und für Knechte!
Ihr Henkerseifer spottet ew'ger Mächte
Und spricht des Schöpfers heit'rem willen
Hohn!
© laßt uns frei sein in der Schönheit Hut
Und uns're Kindlein frommen Frohmuth
lehren —
Das Menschlichste als Göttlichstes verehren -
was schön und froh und menschlich, das istgutl
So nehmt die gold'nen Becher voll zur Hand
Und lernt den starken wein des Lebens
trinken —
Dann werdet ihr dem Tod an's Herz einst
sinken
Wie einem Freunde, der Luch wiederfand.
Ernst vsn Äslrogen