1900
JUGEND
Nr. 32
ß j r g n e n Hans Thoma (Karlsruhe>
sein muß. Ihr aber, Ihr Agitatoren für eine
Volkskunst, Ihr seid die Feinde Eures Volkes,
wenn Ihr Geld und Einfluß hergebt, um
einen Brunnen herzustellen, wo man als Haupt-
sache Heinzelmännchen sieht, die vor Schreck
eine Treppe hinunterfallen. Ein solcher Brun-
nen mag populär sein, ist aber keine Volkskunst.
Er ist ein Unfug. Und gerade aus Liebe
zum Volke niüssen wir mit aller Macht gegen
diese populäre Kunst opponiren und werden es
auch thun. Aber cs wird ein harter Kamps
sein, der außerdem gar nicht auf dem Wege
zu lösen ist, auf dem Ihr cs anstrebt, auf dem
direkten. Auch rein praktisch ist das Problem
coniplizirt, weit mehr als Ihr vortrefflichen
Volksfreunde es ahnt- Ihr ruft laut nach
einfachen, geschmackvollen, aber billigen Möbeln
für den kleinen Mann und sagt: Der Wunsch
ist doch leicht zu erfüllen und der Versuch muß
ja einschlagen. Wer aber wirklich im Getriebe
des Handwerks drin sitzt, der weiß, daß nur
der ganz kleine Schreiner einfach und billig
produziren kann, ohne dabei zu Grunde zu
gehen, oder die ganz große Firma, nicht aber
die mittelgroßen Geschäfte. Diese haben zu
große Herstellungskosten und zu geringen Ver-
triebsapparat und Absatz, um mit billiger
Waare etwas zu verdienen, und die große
Firma macht mit billiger Waare, die nach
was aussieht, so unverhältnißmäßig bessere
Geschäfte, als mit einfacher solider Waare,
daß sie sich ans absehbare Zeit hinaus nicht
entschließen wird, Gediegenes zu machen. Es
543
JUGEND
Nr. 32
ß j r g n e n Hans Thoma (Karlsruhe>
sein muß. Ihr aber, Ihr Agitatoren für eine
Volkskunst, Ihr seid die Feinde Eures Volkes,
wenn Ihr Geld und Einfluß hergebt, um
einen Brunnen herzustellen, wo man als Haupt-
sache Heinzelmännchen sieht, die vor Schreck
eine Treppe hinunterfallen. Ein solcher Brun-
nen mag populär sein, ist aber keine Volkskunst.
Er ist ein Unfug. Und gerade aus Liebe
zum Volke niüssen wir mit aller Macht gegen
diese populäre Kunst opponiren und werden es
auch thun. Aber cs wird ein harter Kamps
sein, der außerdem gar nicht auf dem Wege
zu lösen ist, auf dem Ihr cs anstrebt, auf dem
direkten. Auch rein praktisch ist das Problem
coniplizirt, weit mehr als Ihr vortrefflichen
Volksfreunde es ahnt- Ihr ruft laut nach
einfachen, geschmackvollen, aber billigen Möbeln
für den kleinen Mann und sagt: Der Wunsch
ist doch leicht zu erfüllen und der Versuch muß
ja einschlagen. Wer aber wirklich im Getriebe
des Handwerks drin sitzt, der weiß, daß nur
der ganz kleine Schreiner einfach und billig
produziren kann, ohne dabei zu Grunde zu
gehen, oder die ganz große Firma, nicht aber
die mittelgroßen Geschäfte. Diese haben zu
große Herstellungskosten und zu geringen Ver-
triebsapparat und Absatz, um mit billiger
Waare etwas zu verdienen, und die große
Firma macht mit billiger Waare, die nach
was aussieht, so unverhältnißmäßig bessere
Geschäfte, als mit einfacher solider Waare,
daß sie sich ans absehbare Zeit hinaus nicht
entschließen wird, Gediegenes zu machen. Es
543