DOI issue:
Nr. 37 (??. September 1900)
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Nr. 37
»
JUGEND
1900
Die todte Zeit
J^och stand der Vollmond. Eherne schlug die CChr
Zur CDitternacht. Icings still lag die I^atur.
Ich aber zog in tiefer jSeelenruh’
Dem fernen jStädtchen, meiner J^eimath zu.
Vor mir der GCCeg ging silbergrau entlang
Dem ÖTald hinaus auf einen lichten Hang.
Mn einer Hütte kam ich dann vorbei,
Daraus es klang wie ein gedämpfter jSchrei.
Ich aber zog in tiefer j3eelenruh’
Dem kleinen ßtädtchen, meiner Heimath zu.
Min Hügel kam, drauf eine Ölleide stand
CCnd hoch zum Himmel hob die starre Hand.
CCnd seltsam, wie es mir noch nie gescheh’n,
Die todte Zeit hab’ damals ich geseh’n.
Denn hart an mir im stillen jStrahlengrau,
Da stand sie, jene ferne, dunkle Brau,
Die einst zu mir gekommen durch die I)acht
GQit ihrer Seele wilder CCebermacht;
Oie ich in alter Zeit geliebt, geliebt,
Bis mir der Tod das grosse Glück getrübt.
CCnd nah und nahe höre ich im CCCeh’n
Oer lauen Iiuft die leise Spinnte fleh’n
CCnd mahnt mich wohl, wie es die Todte mag,
<X)ahnt mich an meinen eignen trüben Tag.
Hasch flog der <I>ond. Die stille Öleide stand
CCnd hob zum Himmel hoch die starre Hand.
CCnd nun durchzuckt’s das Herz:
Du warst es! Du!
CCnd schweigend ging ich meiner Heimath zu.
<3. fftacasy
Tristi amori
Ich fühle Deinen faninietu>eid)en Blick
Zieh fetter mir um wund und J1uge fcl)iniegen;
Sträub' ich mich auch, ich muß mich ;u Dir biegen:
So will es mein, fo will es Dein 6efchick.
Da fei)' ich schwer von Deinen Wimpern (Trauern,
Die Liebe, die mich scheu und flehend fragt,
Und Mitleid schleicht mir in das Fjen und nagt —
Da muh dies I)erz, das Dich nicht liebt, erschauern.
Siehst Du den fernen Strand? Me sie mir winkt
mit weißem Urin, die Sürftin meiner (Träume?
Siehst Du die Dosen um des (Tempels Säume,
Der blendend über blaue Ztuthen blinkt?
Du siehst sie nicht? Sollt mich die Rimmungtrügen?
Trotzdem — nur los von Dir! — Ijinaus aufs Weer!
Und wenn es mich verschlingt. — Ls drückt )u schwer
Dein trüber Sammetblick auf meinen Zügen.
Ul. micbeeli
L
A V E N T I U R E
Carl Hartmann {München)
»
JUGEND
1900
Die todte Zeit
J^och stand der Vollmond. Eherne schlug die CChr
Zur CDitternacht. Icings still lag die I^atur.
Ich aber zog in tiefer jSeelenruh’
Dem fernen jStädtchen, meiner J^eimath zu.
Vor mir der GCCeg ging silbergrau entlang
Dem ÖTald hinaus auf einen lichten Hang.
Mn einer Hütte kam ich dann vorbei,
Daraus es klang wie ein gedämpfter jSchrei.
Ich aber zog in tiefer j3eelenruh’
Dem kleinen ßtädtchen, meiner Heimath zu.
Min Hügel kam, drauf eine Ölleide stand
CCnd hoch zum Himmel hob die starre Hand.
CCnd seltsam, wie es mir noch nie gescheh’n,
Die todte Zeit hab’ damals ich geseh’n.
Denn hart an mir im stillen jStrahlengrau,
Da stand sie, jene ferne, dunkle Brau,
Die einst zu mir gekommen durch die I)acht
GQit ihrer Seele wilder CCebermacht;
Oie ich in alter Zeit geliebt, geliebt,
Bis mir der Tod das grosse Glück getrübt.
CCnd nah und nahe höre ich im CCCeh’n
Oer lauen Iiuft die leise Spinnte fleh’n
CCnd mahnt mich wohl, wie es die Todte mag,
<X)ahnt mich an meinen eignen trüben Tag.
Hasch flog der <I>ond. Die stille Öleide stand
CCnd hob zum Himmel hoch die starre Hand.
CCnd nun durchzuckt’s das Herz:
Du warst es! Du!
CCnd schweigend ging ich meiner Heimath zu.
<3. fftacasy
Tristi amori
Ich fühle Deinen faninietu>eid)en Blick
Zieh fetter mir um wund und J1uge fcl)iniegen;
Sträub' ich mich auch, ich muß mich ;u Dir biegen:
So will es mein, fo will es Dein 6efchick.
Da fei)' ich schwer von Deinen Wimpern (Trauern,
Die Liebe, die mich scheu und flehend fragt,
Und Mitleid schleicht mir in das Fjen und nagt —
Da muh dies I)erz, das Dich nicht liebt, erschauern.
Siehst Du den fernen Strand? Me sie mir winkt
mit weißem Urin, die Sürftin meiner (Träume?
Siehst Du die Dosen um des (Tempels Säume,
Der blendend über blaue Ztuthen blinkt?
Du siehst sie nicht? Sollt mich die Rimmungtrügen?
Trotzdem — nur los von Dir! — Ijinaus aufs Weer!
Und wenn es mich verschlingt. — Ls drückt )u schwer
Dein trüber Sammetblick auf meinen Zügen.
Ul. micbeeli
L
A V E N T I U R E
Carl Hartmann {München)