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Nr. 49

JUGEND

1S00

L v. /.umbusch • München)

0l)anfon vom Rönig$fol;n

(IT51t Zeichnung von Ludwig v. Xumbusch)

Der junge Königssobn zog aus,

€im Königin sieb zu erwählen,
ihm (ringt er sieb — o Schreck, o Graus —
6inc zierliche ßhansonette nach haus
Und will sieb mit ihr vermählen!

Und will sieb mit ihr vermählen!

„Um Gottes (Dillen, was fällt Dir ein?"

Sprach der König zu seinem Sohne.

„Die ist ja ganz hübsch. Hher viel zu Klein!
Die ist ja so zierlich, so klein und fein,

Der baumeln die Keinchen vom throne!

Der baumeln die Keinchen vom Throne!"

Sprach der Prinz — und hat wie ein König gelacht
Und zwinkert verschmitzt mit den Fingen - -
„Kn den Thron bah' ich, meiner Seel, nicht gedacht!
Der ist für den Tag und das Bett für die Dacht.
Huf den Thron mag sie wirklich nicht taugen.
Huf den Thron mag sie wirklich nicht taugen.

Hher schwarze Strümpfe sind nett!

Und geht sie am Hhend zu Kette,

Dann haumeln die Heineben so nett vom Bott!“ —
Und der König winkt. Und die ßbansonett,
ßhansonett, ßhansonett
Ulard Hof- und Ceibchansonette,

Ulard Hof- und Leihchansonette.

F)ugo Salus

Mein Buch

Wein Datcv ist Dichter, und einer seiner Ro-
mane ist mir besonders lieb. Ich besaß dieses
Buch. Aber ich habe es verliehen. Das Buch
trat eine weite Reise an. Es wurde gern gelesen,
auch mit vieler Bewunderung, und manchmal
hörte ich, wie gut es dem oder jenem gefiel. Und
es kam in vornehme Däuser, in reiche Häuser,
in die ich selbst kaum kommen könnte, auch wenn
ich mich sehr darum bemühen würde; so reich
und vornehm sind sie.

In mir entstand daher eine stille Bewunder-
ung für mein Buch, das in so hohe Kreise ein-
dringen konnte. Ich hätte es gern wieder gehabt,
nicht nur um selbst darin zu lesen, sondern auch
weil ich stolz darauf war und gern damit prahlen
wollte, was für reiche und hochgestellte Leute es
in der (fand gehabt hätten. Ulanchmal sah ich
einige von ihnen in der Equipage vorbeifahren.
Ja, dachte'ich stolz, Ihr habt mein Buch in der
Hand gehabt!

Leider kam das Buch nicht wieder zu mir
zurück. Es ist ihnen unentbehrlich. Schade, schade
darum! Aber ich bewundere es immer mehr,
mein liebes Buch, und überhaupt die Bücher,
weil sie so hoch über uns Menschen stehen. Denn
schon viele Menschen sind von reichen Leuten ge-
kauft worden, aber Bücher — nie! » ...

Lorelei

A» der Lorelei vorbei,

Nicht berhörr von holdem Wahn,
Fliegt, wie süß ihr Sang auch sei —
Einerlei: es fliegt vorbei
Lübn der Nohn im 'Lahn!

„'Lohn, sei kühn! Mein nafl'er Leib
Ist so schön, so bleich, so grün!"

Also lockt das Wasserweib,

Daß er komme, daß er bleib'!

„'Lohn im Lahn, sei kühn!"

Dod) der Schiffer bleibt verstockt,

Lacht voll Hohn und fährt davon.

Den vergeblich sie gelockt —

Sieh, dorr fährt er hin und hockt
Lüh» im Lahn der Lohn!

Josef wiUomitzer ch

Lindermund

Lin Unterkläffer kommt freudestrahlend »ach
Hause und erzählt: Mutter, ich weiß jetzt, wie
der liebe Gott mit dem Dornamen heißt.

Wie denn, mein Kind? fragt die Mutter.

Er heißt Ernst, sagte das Kind mit Ueber-
zeugung.

Woher weißt Du denn das?

Wir haben heute gelernt: Der Herr ist nahe
allen, die ihn anrufen, allen, die ihn mit Ernst
anrnfen.
Index
Ludwig Ritter v. Zumbusch: Zeichnung zum Gedicht "Chanson vom Königssohn"
Hugo Salus: Chanson vom Königssohn
Josef Willomitzer: Lorelei
Walter Püttner: Vignette
R. W.: Mein Buch
[nicht signierter Beitrag]: Kindermund
 
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