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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 5.1900, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 50 (??. Dezember 1900)
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Nr. 50

JUGEND

1900

Der Thectter-Plutarch

In einer Gesellschaft wurde von jüngeren
Dramatikern fürchterlich über Blumenthal
losgezogen.

„Ich weiß nicht," sagte ein Thcarev-
intendant, „was Ihr immer gegen den habt!
Ich kann den Mann recht gut leiden!"

Die Naive p. war sehr fromm und des-
halb an einem Hofthcatcr cngagirt.

Einst fühlte sie sich sterbenskrank und ver-
langte dringend nach dem Tbeatergeistlichcn.

„was haben Sie auf dem Herzen?" fragte
dieser milde.

„O Sie ahnen nicht, was mich bedrückt,"
schluchzte sie angstvoll. „Schwören Sie mir's —
vcrrathen Sie bei der Grabrede mein Alter
n chtl"

Ludwig Fulda, dem Dichter des „Dalis-
mann", wurde, als er noch im Neglige war,
der Besuch eines Freundes angcmcldct.

Trotz der Aufforderung des Dienstmädchens,
noch ein wenig zu warten, drang derselbe in s
Zimmer.

Fulda war etwas ungehalten. Der Freund
aber lachte:

„willst Du darüber Dich erbosen?

Du bleibst ein Dichter auch in Unterhosen!"

Eine Schauspielerin beklagte sich einer
Sängerin gegenüber, daß diese viel höhere
Gagen erziele.

„wissen Sic denn nicht," sagte diese, „Reden
ist Silber — Singen ist Gold!"

Gerhard kjauxtmann wurde von einem
einflußreichen Herrn nahcgelcgt, er solle nach
seinen bisherigen Verirrungen sein Rönnen

doch einmal in den Dienst der wahren Runst
stellen und die brandcnburgischc Geschichte
verherrlichen.

„Sie scheinen," sagte er thüröffnend, „an
die unrichtige Adresse gcrathcn zu sein — ich
heiße Hauptmann."

Ein für die Moderne begeisterter Bühnen-
künstler hatte sich auf der 2leise zu einem
Gastspiel verspätet und konnte vor der Vor-
stellung nichts mehr genießen.

Er tröstete sich aber damit, daß ihm in
seiner Rolle ein gebratenes Huhn vorgesetzt
werden mußte.

2lls er darüber hcrfiel, war cs aus Pappe.

„Ha!" grollte cs in seinem Innern, „der
Teufel soll jetzt den Symbolismus holen!"

2lls der große Schauspieler H. an einem
kleinen Hofthearer gastirte, wurde er vom
Hofmarschall dringendst gebeten, sich bei der
anbefohlcncn Audienz ja keinen Verstoß gegen
das Lercmonicll zu schulden kommen zu lassen
und genau auf ihn zu achten.

„Seien Sic unbesorgt," lachte der Mime,
„ich bin selber schon Hofmarschall gewesen."

„Nicht möglich! wo denn?"

„In Rabalc und Diebe!"

Eine hübsche Soubrette glaubte herzkrank
zu sein, als eben ein junger Herr Theater-
arzt geworden war.

Nachdem er sie eingehend untersucht, fragte
er, wie sie sich fühle.

„Sehr angegriffen!" hauchte sic.

Hermann Sudermann ist ein genauer
Beobachter des Großftadtlcbens.

Eines Tages pflog er Studien in einer
Markthalle. Da sah er eine Röchin u>n
einige Stopfgänsc feilschen, welche lebens-
lustig schnatterten.

„Morituri —", murmelte er.

8zo

' Der Schauspieler Sch. vom Vätcrfach hatte
kürzlich geheiratet.

Da seine Frau Besuch empfing, mußte er
des Rindes warten, wobei er sich sehr unge-
schickt anstellte.

„Und so ein Stümper spielt Vätccrollen!"
rief seine Gattin verächtlich.

Eleonore Düse bestieg den Eiscnbahnzug.
Zwei Fräulein aus Sachsen standen auf
dein Perron; dem Einen fiel die Dame auf
und cs fragte seine Gefährtin:

„Minchcn, gcnnst Du se?"

„Ja, ich bin'sl" nickte die Rünstlerin freund-
lich, erfreut über ihre Popularität.

Oeichnungen von A. S chm >d Hamm er)

warben

Die Kleine sitzt tändelnd auf meinem Schooß
Und zappelt und quält mich mit Fragen
Und legt mir die alten „Schmisse" bloß
Aus Heidelberger Tagen.

Reugierig über Stirn und Schlaf
Tastet das Händchen, das weiche —

Das war kein Schicksal, das mich traf,

Das waren Studentenstreiche.

Acht Rächte den Wein und die Liebe entbehrt,
Das heilt das wieder zusammen;

Und der trotzige Knabenkopf dünkt sich geehrt
von solch rothleuchtenden Schrammen.

Doch schlimmere Kämpfe focht ich schier
In Roth und Rächt und Schweigen,

Die Rarben aber kann ich Dir,

Reugierig Kind, nicht zeigen.

Du merkst meinem Lächeln und Küssen

nicht an

Das viele Weinen und Darben —

Die Wunden, die mir am wehsten gethan,
Die ließen keine Rarben.

Die Wunden brennen zu jeder Frist,

Und rothe Duellen fließen —

Und nur wenn Du, Du bei mir bist,

Dann träum' ich, sie könnten sich schließen.

Dein Lachen schläfert die Schmerzen ein,
Der Duft aus Deinem Kleide —

Und willst Du der Arzt meiner Seele sein,
So frag nicht, ob ich leide.

Ruclolf presber
Register
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Der neue Plutarch"
Rudolf Presber: Narben
 
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