1SS1
. JUGEND
Nr. 3
So Mancher liebt die Kinder sehr,
Nun macht wohl mancher Sünder Kehr.
Wer geht, in blutigen Fehden rechten,
Soll vorher nicht mit Reden fechten!
Exempla trahunt!
Die Wiener Statthalterei hat an die
Byinnasialdirektionen einen vertrau-
lichen Erlaß gerichtet, in dem vor den Ge-
fahren eines ungehinderten Verkehrs
zwischen Hoch- und Mittelschülern nach-
drücklich gewarnt wird. Bei Vergebung von
Lektionen fei daher die schärfste Aufmerksam-
keit der politischen Haltung des sich bewerben-
den Hochschülers zu widmen, ferner dem Um-
stande, ob die Mittelschüler zu Trinkgelagen etc.
herangezogen würden,
lveil eins sich niemals schickt für alle,
Sorgt der Behörde Emsenfleiß,
Daß nicht der Knabe komm' zu Falle,
Der Eierschalen noch am Steiß,
Und daß nicht vom gewissenlosen
Instruktor werde früh verführt,
wer kurz noch an verstand und Hosen
Und jungfräulich und unberührt!
was so ein Zögling von dem netten
Korrepetitor profitirt,
Das sind die ersten Eigarettcn,
om't er stolz am Ring flanirt.
Und mählich reift fein Hang zum Schlemme»;
El' legt das Taschenmoos vielleicht
Hn Mandeln, statt in Butterbemmen,
Hu Bartwichs an: „Es ist erreicht!"
Anstatt der wohlgemeinten Jause,
Kauft er sich einen Saufcomment
Und fängt dann in der Frühstückspause
Dns „Edite“ zu brüllen an!!
®ou Inane, wüst und eitel,
C0\, cr durch den Verkehr verderbt,
,r- , st, was mit dem Taschenfeitel
,<:■ die Schulbank eingekerbt;
)i ! Herz, ci„ pfcil, der Raine „Martha,"
m dald „Sophie" und bald „Helen'"
"U so was schon gescksieht in Vnarta,
^ loll in Tertia erst gescheh'n?
juumelt er, kaum kann cr stoppen —
£r b , use, gluckst, —- sein Aug', es glänzt:
Die Ä lulieb dem Zehn-Uhr-Schoppen
n,,„stunde Livius geschwänzt!
vo - ’f* des Vaters Schmerz, ja,
>n1 Kummer droht er zu vergeh'» —
- enn so was schon gescksieht in Tertia,
u as soll m prima erst geschah'»??
F. Scholl
ö ■ " :'s
, WM
MW
W
O. Voigt
Neuer Kinderreim
Ikrinder, der'llrrieg ist aus,
Illnd Lord IRoberts scbtkkt
nacb Daus;
Sieg auk Sieg mau mel-
det prompt —
Wis der Mur uacb Dap-
stadt kommt.
DL
Nicht auszumalen dies Gemälde,
Bin ich bemüßigt, gra» in grau, —
®, schaff' doch der Erlaß in Bälde
Nur Musterknaben unschuldsblau!
Der neue ZJlutarA
Ein junger Mann fragte den Feld-
marschall Blumenthal um Rath, ob cr die
militärische Laufbahn cinschlagcn solle.
„Thun Sic cs immerhin," erwiderte der er-
fahrene Stratege, „die Aussichten sind nicht
schlecht heutzutage — i ch bin erst 17 Jahre
nach einem großen Krieg Marschall gewor-
den und jeyr wird man's schon vor einem
kleinen,"
Ein ländlicher Abgeordneter war
von einem geistlichen Zentrumsführcr
schlecht behandelt worden,
„wenn i nur wüßt, wie i's dem hinrcibcn
könnt'I" sagte cr zu einem Kollegen,
„Da sagst einfach; ,wenn Dich Dein
geistliches Kleid nicht schützte, gäbe
ich Dir ein paar Ohrfeigen links und
rechts.'"
„Dös is aber doch a bißl scharf —"
„Macht nix — im Urtheil des Trierer Pro-
zesses Dasbach gegen Haubrich ist ja ausge-
sprochen worden, daß so was .keine Miß
achtung ausdriieken soll, sondern nur
der Ausdruck augenblicklicher Erregt-
heit ist'."
Maxi
„Der Sternberg," sagte ein Zeitungs-
Icscr entrüstet, „ist doch ein waschechter Lump!"
„Scheint doch nicht!" erwiderte ein an-
derer. „Er färbt ab — sogar auf die
vertheidigeel"
clebersetzuugskunst
Eupa ante clamorem festinat
DcrLuppa läuft fort
vor dem Geschrei.
DL
ttlassist^er Munsch
Nlöge nie „der Tag" er-
scheinen >
(Schiller, «Die Glocke")
Gerhart Hauptmann besuchte Blumcn-
lhal und zeigte sich infolge seines letzten Miß-
erfolges ziemlich mißgestimmt.
„Da Hab' ich," rief er bitter, „mich wicdcr
cinnial schön verrechnet!"
,,Ich verrechne ntich nie!" sagte Blumen
thal mit einem stolzen Blick auf sein Haupt
buch.
*
„Was willst Du denn eigentlich mit Deine
neuerlichen offenen Brief?" sagte ein Freut;
zu Zola,
„Der Sache der Gerechtigkeit muß cndli
der Sieg werden —“
„Sonderbarer Schwärmer — im o et
alter des Bu renkricgcs!"
Der Hypothekenbankdirektor Sauden war
mit dem eben erhaltenen Kronenorden drit-
ter Klasse unzufrieden und meinte, die Aus-
zeichnung stimme nicht mit seinen Verdiensten.
„Da hast Du mal recht," sagte ein Ein-
geweihter, „Du bist ja ein Lump erster
Klasse."
„Himmelherrgottsakrament!" sagte Kit
chcncr zu einem ihn aufsuchendcn Münchener
Bekannten, „mit den Maleßzburcn wcrd' ich
schon gar nicht fertig!"
„Ja woaßt, edler Menschenfreund," be-
merkte der Münchner, „a Bua(r) is halt
ksa M a(h)dil"
Als Lenbach jüngst mit Bülow's neuestem
Porträt beschäftigt war, seufzte er;
„Hat zweifellos etwas Aehnlichkeit mit Bis
tnarck, besonders die Anfangsbuchstaben, muß
sich aber noch besser auswachsen. Vorder-
hand bring ich — ich kann's machen wie
ich will — noch keinen Bismarck heraus,"
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Nr. 3
So Mancher liebt die Kinder sehr,
Nun macht wohl mancher Sünder Kehr.
Wer geht, in blutigen Fehden rechten,
Soll vorher nicht mit Reden fechten!
Exempla trahunt!
Die Wiener Statthalterei hat an die
Byinnasialdirektionen einen vertrau-
lichen Erlaß gerichtet, in dem vor den Ge-
fahren eines ungehinderten Verkehrs
zwischen Hoch- und Mittelschülern nach-
drücklich gewarnt wird. Bei Vergebung von
Lektionen fei daher die schärfste Aufmerksam-
keit der politischen Haltung des sich bewerben-
den Hochschülers zu widmen, ferner dem Um-
stande, ob die Mittelschüler zu Trinkgelagen etc.
herangezogen würden,
lveil eins sich niemals schickt für alle,
Sorgt der Behörde Emsenfleiß,
Daß nicht der Knabe komm' zu Falle,
Der Eierschalen noch am Steiß,
Und daß nicht vom gewissenlosen
Instruktor werde früh verführt,
wer kurz noch an verstand und Hosen
Und jungfräulich und unberührt!
was so ein Zögling von dem netten
Korrepetitor profitirt,
Das sind die ersten Eigarettcn,
om't er stolz am Ring flanirt.
Und mählich reift fein Hang zum Schlemme»;
El' legt das Taschenmoos vielleicht
Hn Mandeln, statt in Butterbemmen,
Hu Bartwichs an: „Es ist erreicht!"
Anstatt der wohlgemeinten Jause,
Kauft er sich einen Saufcomment
Und fängt dann in der Frühstückspause
Dns „Edite“ zu brüllen an!!
®ou Inane, wüst und eitel,
C0\, cr durch den Verkehr verderbt,
,r- , st, was mit dem Taschenfeitel
,<:■ die Schulbank eingekerbt;
)i ! Herz, ci„ pfcil, der Raine „Martha,"
m dald „Sophie" und bald „Helen'"
"U so was schon gescksieht in Vnarta,
^ loll in Tertia erst gescheh'n?
juumelt er, kaum kann cr stoppen —
£r b , use, gluckst, —- sein Aug', es glänzt:
Die Ä lulieb dem Zehn-Uhr-Schoppen
n,,„stunde Livius geschwänzt!
vo - ’f* des Vaters Schmerz, ja,
>n1 Kummer droht er zu vergeh'» —
- enn so was schon gescksieht in Tertia,
u as soll m prima erst geschah'»??
F. Scholl
ö ■ " :'s
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W
O. Voigt
Neuer Kinderreim
Ikrinder, der'llrrieg ist aus,
Illnd Lord IRoberts scbtkkt
nacb Daus;
Sieg auk Sieg mau mel-
det prompt —
Wis der Mur uacb Dap-
stadt kommt.
DL
Nicht auszumalen dies Gemälde,
Bin ich bemüßigt, gra» in grau, —
®, schaff' doch der Erlaß in Bälde
Nur Musterknaben unschuldsblau!
Der neue ZJlutarA
Ein junger Mann fragte den Feld-
marschall Blumenthal um Rath, ob cr die
militärische Laufbahn cinschlagcn solle.
„Thun Sic cs immerhin," erwiderte der er-
fahrene Stratege, „die Aussichten sind nicht
schlecht heutzutage — i ch bin erst 17 Jahre
nach einem großen Krieg Marschall gewor-
den und jeyr wird man's schon vor einem
kleinen,"
Ein ländlicher Abgeordneter war
von einem geistlichen Zentrumsführcr
schlecht behandelt worden,
„wenn i nur wüßt, wie i's dem hinrcibcn
könnt'I" sagte cr zu einem Kollegen,
„Da sagst einfach; ,wenn Dich Dein
geistliches Kleid nicht schützte, gäbe
ich Dir ein paar Ohrfeigen links und
rechts.'"
„Dös is aber doch a bißl scharf —"
„Macht nix — im Urtheil des Trierer Pro-
zesses Dasbach gegen Haubrich ist ja ausge-
sprochen worden, daß so was .keine Miß
achtung ausdriieken soll, sondern nur
der Ausdruck augenblicklicher Erregt-
heit ist'."
Maxi
„Der Sternberg," sagte ein Zeitungs-
Icscr entrüstet, „ist doch ein waschechter Lump!"
„Scheint doch nicht!" erwiderte ein an-
derer. „Er färbt ab — sogar auf die
vertheidigeel"
clebersetzuugskunst
Eupa ante clamorem festinat
DcrLuppa läuft fort
vor dem Geschrei.
DL
ttlassist^er Munsch
Nlöge nie „der Tag" er-
scheinen >
(Schiller, «Die Glocke")
Gerhart Hauptmann besuchte Blumcn-
lhal und zeigte sich infolge seines letzten Miß-
erfolges ziemlich mißgestimmt.
„Da Hab' ich," rief er bitter, „mich wicdcr
cinnial schön verrechnet!"
,,Ich verrechne ntich nie!" sagte Blumen
thal mit einem stolzen Blick auf sein Haupt
buch.
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„Was willst Du denn eigentlich mit Deine
neuerlichen offenen Brief?" sagte ein Freut;
zu Zola,
„Der Sache der Gerechtigkeit muß cndli
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„Sonderbarer Schwärmer — im o et
alter des Bu renkricgcs!"
Der Hypothekenbankdirektor Sauden war
mit dem eben erhaltenen Kronenorden drit-
ter Klasse unzufrieden und meinte, die Aus-
zeichnung stimme nicht mit seinen Verdiensten.
„Da hast Du mal recht," sagte ein Ein-
geweihter, „Du bist ja ein Lump erster
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„Himmelherrgottsakrament!" sagte Kit
chcncr zu einem ihn aufsuchendcn Münchener
Bekannten, „mit den Maleßzburcn wcrd' ich
schon gar nicht fertig!"
„Ja woaßt, edler Menschenfreund," be-
merkte der Münchner, „a Bua(r) is halt
ksa M a(h)dil"
Als Lenbach jüngst mit Bülow's neuestem
Porträt beschäftigt war, seufzte er;
„Hat zweifellos etwas Aehnlichkeit mit Bis
tnarck, besonders die Anfangsbuchstaben, muß
sich aber noch besser auswachsen. Vorder-
hand bring ich — ich kann's machen wie
ich will — noch keinen Bismarck heraus,"
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