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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 6.1901, Band 1 (Nr. 1-26)

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Nr. 4
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Nr. 4

JUGEND

1901

Huf der Oder Julius Diez (München,

„Wenn det so fortjeht mit die Kälte, dann kanns leicht sind, dat unsere Geis statt Milch Jefror'nes jibt."

Der desinficierte Lutz

Die Aew-Porker Blätter melden, bezeichnet Dr.
Anna Hatfield das Küssen als barbarischen und
ungesunden Gebrauch, der aus hygienischen Gründin
rücksichtslos abgeschafft werden müsse; zum Min-
desten solle jeder und jede dazu verhalten werden,
vor dem Küssen eine antiseptische Mundreinigung
vorzunehmen.

— Und nun, Geliebte, eh' wir uns umfangen,
Gedenke mit mir einer ernsten Pflicht:

Ls ist ein wohlbegründetes verlangen,

Wenn Dr. Anna ßatftdb zu uns spricht:

„Den Aussen gegenüber bin ich skeptisch;

Drum wenn Ihr küßt, so küßt nur antiseptisch!"

„Das Beste wäre, rriemals sich zu küssen —“

So sagt uns Dr. Anna Hatfield wohl.

Doch da ich nimmer mag Deiti Aüssen missen,
Benütze diese Flasche mit Mdol —

Wie sehr ich mich nach Deinen Aüssen sehne:
Das Erste ist die Ford'rung der Hygiene.

Nun können bald der "Siebe Frohgefühlen
Wir uns in neuen, reinen Aüssen weih'n.

Noch eil' ich, selbst den Mund mir auszuspülen —
Jetzt aber, jetzt Geliebte bin ich Dein!

Stört auch Gdol des Auffcs ganzen Zauber,

So weiß ich eines doch: wir küssen sauber!

Ein ünglückstag der Kliener 5chwar;en

Durch des schönen Karl Phalangen
Geht ein Hanger Schreckcnsschrei —:

Ach, die Sorialisten rangen
llieder die Luegerei!

Iwar sie ivird sich noch erheben,

Denn der Sieg war erst nur halb,

Doch es überlänft ein Weben

Und es drückt sie schwer ein Alp. . .

Und gejagt von wilden Furien
Wetet Karl iw Stephans-Dom:

Hits, — die beste wankt der Curien,

Wette — Curie von Nom!

Und manch Psüfflein, das den Jammer
Schaudernd mit ansehen mußt,

Barg sich spät noch in der Kammer
An der treuen Köchin Brust . . .

JHaxl

Der chinesische Hof hatte erklärt, dic Friedens-
bcdingungen annehmcn zu wollen.

vssaldersee relcgraphirtc deshalb an seine
Gattin:

„Endlich Aussicht auf Friede n l
H u r r a h! Bitte, bei Ankunft gleich saure
Aalbshapcn parar halte» — wahre Sehnsucht,
wieder mal Lorbeerblatt sehen!"

Das CQelt-Brettl

(Aezensionj

Das letzte Programm der Internationalen
Spezialitäten-Bühne war nicht nur einunge-
mein reichhaltiges und vielseitiges, sondern es brachte
auch eine wahre Fülle sogenannter „Stars".

Man hat in letzter Zeit viel von der „Minder-
werthigkeit der gelben Rasse" gesprochen. Aber eben
diese Rasse hat zwei Artisten, Tuan und Li H ung
Tschang, gezeitigt, deren Vorführungen direkt al»
übernatürlich bezeichnet werden müssen: der Ersterc
trat alsAthletborsvonoonrs auf, indem er sieben
„Mächte" zugleich auf die leichte Schulter nahm,
ivährend sein Kollege Li mit europäischen Diplomaten
jonglirte. Ganz Außerordentliches leisteten ferner-
hin „Bob und Kitch" als Meister auf dem
Telegraphendraht.

Derartigen glänzenden Produktionen gegeni'.ocr
konnte es nur dem preisgekrönten Equilibristen
Sande» mit seinem phänomenalen Tric auf der
Himmelsleiter gelingen, das allgemeine Interesse
auch auf sich zu lenken!

Neben der eigentlichen Artistik war sodann die
Kunstreiterei vortrefflich, und zwar im dreifachen
Genre, vertreten. Mr. Eugen Richter erwies sich
wieder als der erste Prinzipien-Rciter der
Gegenwart. Mr. Bül ow zeigte sich in allen Gang-
arten der „hohen Schule" nach englischem
Muster perfekt. Der Südafrikaner Dewet erregte
sowohl als.brillanter Parforcereiter, wie auch
in seinem tollkühnen Tor er o-Act mit dem John-
Bullen wahre Stürme des Beifalls

6r
Register
Maxl: Ein Unglückstag der Wiener Schwarzen
Sigs: Der desinficierte Kuß
F. v. B.: Das Welt-Brettl
Julius Diez: Auf der Oder
[nicht signierter Beitrag]: Der chinesische Hof hatte erklärt...
 
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