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1901

JUGEND

Nr. 5


Mein liebes Kind, Hdel
Jch könnt' Hde nicht sagen,
Hls sie dich fortgetragen,
Vor tiefem, tiefem Meh.

Und ^sahre nahn und gehn,

Mie bald bin ich verstoben —

O bitt’ für mich da droben,

Dass wir uns wiedersehn I (£i<t>endorff)

Heinrich Jakesch {Prag)

;„j5en derlen und ihr Lächeln nahm das Herz ge-
5np®en' Es war neckisch und gulmiithig zugleich.

Jemand ihre Gedanken errathen hätte, sie
otp gestvrben vor Scham. Trotzdem Tagte sie sich
®?n«\nu.9: Warum macht er denn seinen großen
"o nicht aus, der einfältige Mensch? _ ,

als v jedoch, an einem Sonntagabend im^um,
qg.,, w wilden Rosen mit dem Weißdorn um die
,u"' blühten, that John, ohne selber recht zu wissen
als n ' einen wichtigen Schritt. Er Paßte Betsy,
Als r ^on ber Kirche kam, auf dem Heimwege ab.
zu 1^!!^ mit seinem schwarzen Rock, der etwas
zu w>t seinen schwarzen Beinkleidern, die etwas
den 'c'nem rothbackigen Gesicht, das durch

fd)ohp«ettr®n^9en Hut, den er in den Nacken ge-
. wie von eineni schwarzen Rahnien eingesaßt

war, auf der Straße stehen sah, da hüpste ihr Herz.
— Dann schaute sie weg und ivartete, bis einige
ihrer Freundinnen sie eingeholt hatten. Auf dem
schmalen Pfade, der zur Kirche führte, blieb die
Schaar stehen, Jedermann im Wege, und schwatzte,

mehr als zehn Minuten lang.

John wartete unterdessen. Er war nicht der Mann,
der wieder Kehrt machte, wenn er die Hand mal
ain Pfluge hatte. Und das Warten verstand er, das

war seine starke Seite.

Jetzt fing die Gruppe an, Zeichen der Auflösung
zu geben. Sie öffnete sich, schloß sich wieder, klappte
auf und zu, mehrere Male hintereinander, wie Fisch
rn.ii. Dnnn klappte sie von Neuem, bis sich schließ-

6q

ging. Der eine von diesen Theilen bestand aus
Bctsh und zwei anderen Mädchen. Sie marschirten
direkt auf John zu. Als sic au ihm vorübcrkameu,
lächelte er. Das Trio lächelte ebenfalls und ging
weiter. John folgte in einiger Entfernung. Das
rief vorne eine halblaute, ziemlich lebhafte Debatte
hervor und war ohne Zweifel der Grund, weßhalb
Betsy's Begleiterinnen sich weigerten, noch weiter
mit ihr zu gehen, wie sie- das sonst an schönen
Sonntagen zu thun pflegten. An dem Punkte, wo
ihre Wege sich trennten, blieben sie stehen und John
kam auf sie zu.

„Es ist schön," sagte er, und meinte das Wetter
damit.

„Ja wohl, ganz schön, zum Caressieren," gab
die Eine, die witzig sein wollte, zur Antivort.
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Heinrich Jakesch: Zeichnung zum Gedicht "Mein liebes Kind, Ade!"
 
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