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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 6.1901, Band 1 (Nr. 1-26)

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Nr. 5
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1901

Nr. 5

. JUGEND .

Bis andern Tags mit seinem Tross
Dabin geritten Mlerlcb,

Da tand er Druck und Tbor vom Scbloss
Sar wo bl versperrt und wundert sieb.

Vat derbalb ruten müssen laut. . .

Da ist bocb oben aut dem Thor
Mit seinem Lbgemable traut
Der Ldelmann getreten vor:

»Da ist mein' Frauen- Scbaut sic an!
VUon voriieit ist sie so gestalt" —
Silberne zieht er sie beran
Illnd bat sie umgedrebt alsbald: —

„Lebt, Dcrr. und bluten scbaut sie so!
Setzunder babt Abr sie geseb'n
Tlnd niöcbt wobl weiterzieben trob:

De rein lass leb Lucb nimmer gehn!"

Da bat der scblimme Hlllricb traun
abziebcn müssen langer Das ....

Der IRitter aber küsst die Frau'n
Illnd lacbt: „Das war ein guter Spass!"

Georg Rötticker
(Mt Zeichnung von Julius Diez)

Aus dem lyrischen

TagevuH des Leutnants nsn Zersewih:

Der bekannte wiener Schriftsteller war Kalbeck
bricht in einer Kritik von D. L. Hartlebens „Rosen-
montag" eine Lanze für den darin angegriffenen
Militarismus. Der Soldat, der außer derinnern
auch eine äußre Lhre zu vertreten habe, dürfe eine
ihn besonders schonende und ausnehmende
Behandlung verlangen- Der Soldat solle wie der
Priester ein herrschender Diener seines Vaterlandes
sein. Streng genommen sollte der Soldat so „wenig
heirathen wie der Priester."

Hab' schon manchmal nachjcsonncn,
Innere Iründc zu erhellen,

IVarum Zivilisten eijenrlich
Iar so dämliche Iesellcn,

Doch vergeblich Hab nach Schlagwort
Ich jejrübelt und jerungen.

Hat mir auf der Jung' jclcgcn,

Ist nur nicht hervorjcdrungen.

Livilist mir vorjekommcn,

Sprach das Wort mit krit'scher Schwere:
Bürgerlicher hat bloß innrc,
Militär noch äußrc Ehre.

Militär ist ausjenommen
Eben von jcmeinem Volke,

Mehr jefürchtet wie jclittcn:

Zeus in der Icwitterwolke.

Ist jcborcn, zu rcjicren,

In Iescllschaft und in Waffen.

So hat's Schöpfer anjcordnct,

Als er Meisterstück jefchaffcn.

Doch mit Priestern uns zu jleichen,

Hat mich jräßlich anjeödct,

Auch das von dem „unjcehlicht"

Ist sehr dämlich herjeredet.

Hat mit Frauen nicht sercchnct,

Würden sich zu Tode jrämen.

Mißjerathcn der Icdanke

Und darum nicht ernst zu nehmen.

Rritik sonst famos! Muß sagen:

Aus der Seele mir jesprochen —

»Assenmontag" todtjcstoßcn,
Militärstand ist jerocheni

Der neue PüttarH

„Die Agrarier sind ja auf einmal Freunde
von Handelsverträgen geworden," sagte
der Verfasser des neuen plutarch zu seinem
Freunde Schmidhatnmer.

„Nicht möglich —" rief dieser.

„Gewiß — schon abgeschlossen: Ranal
gegen G c t re id e; o 111" erklärte jener.

Graf Bülotv hatte sich während seines
Münchener Aufenthaltes von Lenbach malen
lassen.

„Beachten Sie," sagte der Rünstler zu
einem Besucher, „diesen Zug des Wohl-
wollens im Gesichte des Reichskanzlers!"

„Hm," dachte der Besucher, „er wird freilich
oft genug wohl wollen, aber nicht können."

Miquel hatte seit einiger Zeit viel Ge-
sundheitsrücksichten zu nehmen. Ein Freund
besuchte ihn und traf ihn im Garten.

„was machen Sie, alter Freund?" fragte er.
„Ich bin so schwach auf den Füßen," seufzte
der Minister schmertlich, ich übe mich im Geh c n."

„Meine lieben protestantischen Landsleute,"
sagte der katholische kjerzog von Norfolk,
„cs thut mir sehr leid, aber euch wird man
nicht in den Himmel hineinlasscn wollen."

„Dann annektiren wir ihn ein-
fach!" war die Antwort.

Zentrumsabgcordnctc Trlmborn bc-
idctevor gähnend leerem Reichstag
rltbckanntcn Gcwerbegcrichtsanträge, wo-
,er Lundesrath vollzählig abwesend war.
betrat ein einzelnes Bundesrathsmit-

d den Saal. .

Eine Schwalbe macht noch keinen
n m er!" rief der witzige Trimborn.

Und die reißt auch gleich wieder aus,
,mtc der Ankömmling frostig, »denn in
fcn öden Räumen kann man sich ab-
: nicht erwärmen!"

Gesterreichische Wahl-Marterln

In dieser Gruftkapelle moderigem Düster
Ruht Baron Dipauli, Exministcr.

Im Leben hat er wein gehandelt
Und mit den Tschechen angebandelt,

Von Gesinnung war er schwarz wie Ruß —
Dafür bekam er den Orden des Grcgorius.
wäe' er nicht zu früh gesunken in des Todes Nacht,
Hätt' er's sicher wohl zum päpstlichen Zuav

gebracht

So hat ihm erst vorige Wochen

Das Volksgericht sein G'nack gebrochen —

Und selbst so manches ehedem getreue Pfaffl,

In dessen Gunst er einstens sich gesonnt,

Zeigt' ohn' Erbarmen ihm die feiste Hinterfront,
Ging hin und wählte keck den Schraffl.
was nützt es ihm, daß er gchculct mit den Wölfen
Und mit Böhmackcn drehte sich im Reigentanz,
Daß er tagtäglich hat gebetet seinen Rosenkranz —
Es könnt' kein Papst, kein Bischof ihm

mehr helfen!

Doch hat der Verblichene am Ende seiner Tage,
Als jäh sein Erdendasein ist verkracht,

Den Gegnern, die ihm war'n zu Sorg' und Plage,
Aus Rache seinen ganzen wein vermacht.

O Wandrer, weile hier auf Augenblicke
Und wein' ob seines Schicksals'grauscr Tücke,
Doch nicht zu laut — denn that er auch

den letzten Schnaufer,
Er könnt' von Deinem Schmerz gerührt noch

einmal kommen aufcr
Und als Gespenst noch kandidircn gch'n
Um ein Mandat in den fünf Rurien!

» * »

Hier auf diesem Leichcnschragen,

Mausetodt und still und bleich,

Liegt die christlich-soziale Partei erschlagen,
Gebürtig aus Nicdcröstcrrcich.

Einst warf sie sich stolz in ihre Brust,

Nun starb sie an argem Mandatvcrlust.

Gott vergelte cs den Sozialdemokraten und

Nationalen,

Die ihr das Licht des Lebens stahlen!

Bald seh'n die theure Tobte wir versinken
In einem Ehrcngrab zu ihrer ewigen Ruh' —
Ihr Trauergästc, hebt euch ja die Nasen zu;
Denn sic beginnt schon jetzt ganz schauderhaft

ZU stinken! I,aurin

Fideler Commeut

Im letzten Jahre haben in der ganzen preußischen
Armee nur vier Ofsiziersduelle stattgesunden,
von denen drei unblutig verliefen. Ebenso unblutig
aber weit lebhafter geht's beim sozialdemokratischen
Heerbannzu. Im „Korrespondent für Deutsch-
lands Buchdrucker" liest man nämlich:

„In der Nr. 3 des Cvrr. findet sich im Leitartikel
ein Satz, der sich nur aus mich beziehen kann. Es
heißt dort: .Zielbewußt ohrfeigt der Chefredakteur
der Leipziger Volkszeitung seinen Mitredakteur—'
Der Sachverhalt liegt umgekehrt. Ich habe Herrn
vr. Schoenlank am Ende einer nach meiner Ent-
lassung aus dem Gefängnisse ersolgten Erörterung
geohrfcigt. Simon Katzenstein."

Wie man ferner erfährt, haben nach Katzenstein
noch eine ganze Anzahl weiterer Redakteure auf mehr
oder minder „friedliche" Weise ihr Berhältniß zur
„Leipziger Volkszeitg." und zu ihrem mit Renom-
mirschniissen bedeckten Chefredakteur gelöst. —
Man sieht: die Herren bringen ihre prinzipielle
Abneigung gegen den Duell-Unfug aus's „Schla^
gendste" zum Ausdruck. ,

73
Register
Si.: Fideler Comment
Laurin: Österreichische Wahl-Marterln
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Der neue Plutarch"
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Leutnant v. Versewitz: Aus dem lyriscxhen Tagebuch des Leutnants von Versewitz
 
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