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1901

JUGEND

Nr. 10

'ihn- 11 6ele9ten Butterbrote zanken und raufen.
Beno^l" "Eiß das Eine, daß der Angelsachsen-
rübn-' °Er Gefährlichste ist, da er immer nur da-
leoteR . '""E "'b er ganz allein sämmtliche be-
kanei-+vterbröte einheimsen kann; was der Ameri-
" „tbe bad egg of the family" nennen würde.

mit^el Mensch von Bildung verlangt im Umgänge
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im Umgang mit einand
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iml k. Angelsachse mißachtet diese guten Manieren

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müllschostjich ihm Gleichgestellten gewisse guie
die gjal!11. Mehr oder minder verlangen das auch
mow* er 'm Umgang mit einander. Ein diplo-
N»r ?er Siegel ist anerkannt eine Unmöglichkeit.

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no den Anstand häusig, aber allemal unzweifelhaft
".wo er sich einem Schwächeren gegenüber sieht.
^^ Völkerrecht ist ihm daher gewöhnlich das Recht
Es Stärkeren. Mehr als diese Gepflogenheit sind es
lkooch n„dere Eigenschaften, die ihn so außerordent-
uch unbeliebt gemacht haben. Zum Beispiel seine
unausstehliche Heuchelei. Auch die Schlechtigkeit hat
chren Muth. Es ist das der gemeine und niedrige
Muth des Wegelagerers, der unverblümt eingesteht:
TÄch raube, weil mir das Vergnügen macht und
Bortheil bringt!" Der Angelsachse hat diesen Muth
">cht. Er raubt und wenn er geraubt hat, so sagt
EE zu dem Beraubten, indem er' die Augen fromm
gen Himmel erhebt: „Freuen Sie sich, daß ich, der
Angelsachse, Ihnen das Geld abgenommen habe.
Es ist eitel Humanilät meinerseits. Sie wissen mit
dem Gclde doch nichts anzusangcn. Aber ich! Ich
'Ege es in allerhand nützlichen geschäftlichen Unter-
nehmungen an und fördere dadurch die Kultur und
Eivilisation.— la civilisation, c'est moii“ Siehe
Indien, Afrika, China. Siehe die ganze englische
Kolonialgeschichte von allem Anbeginn an bis zum
Burenkrieg. Wollte Chamberlain den Burenkrieg?
Gott bewahre — der böse Ohm Paul hat ibn dem
guten Chamberlain aufgezwungen. Wollte Cham-
verlain die Buren um ihr Geld und Gold berauben?

Gott bewahre-er nimmt ihnen Beides nur

iu ihrem Besten, aus Humanität, und er gibt ihnen
dasiir tausendmal mehr: englische Kultur und Civi-
üsattvn. Das ist das uralte Angelsachsen-Recept.
Uls Mc Kinley gegen Spanien Krieg führte, that
EE es ebensalls nur zur Verbreitung angelsächsischer
Kultur und Civilisation. Nebenbei noch aus Huma-
'"tiit für die armen unterjochten Kubaner, und das
" derselben Zeit, als man im eigenen Lande, in
°En Südstaaten, die Neger wieder entrechtete, indem
'"«"ihnen das Stimmrecht entzog. Porto-Rico und
0'E Philippinen blieben freilich an seinen humanen,
Utlturellen und civilisatorischen Händen hängen,
k war nicht seine Schuld. Es war Schick-

laisbestimmung, seinen eigenen Worten zufolge. Er
vollte die Inseln gar nicht. Die Vorsehung wollte
tj’”’!* andern Worten der liebe Herrgott, den ich
denn , ’m Verdacht habe ein Angelsachse zu sein,
fätUne ga'1 leltsamer Weise immer da als der ge-
sachse cj^Egweiser zu finden, wo der fromme Angel-
Mai, m ^E>uem Namen die Taschen vollsteckt.
Urten BlÄgleiche „Ut dem angelsächsischen paten-
jenigc der n? I" *lIt Aneignung fremder Länder das-
cin neues ^'^'Angelsachsen. Wenn der Russe sich
Wort von ft,, "°u Asien einsteckt, so hört man kein
wehr haben ?".uKät oder Civilisation. Er tvollte
cinsteckte, wo'ir, "Er nichts. Als Frankreich Tonkin
Kiauftchau ^ E es Tonkin haben. Als Deutschland
Pachtete, wollte"'"!' ""zeihe das harte Wort —
allein in Asien 1? Kiautschau haben, weil Michel
wollen unfern cn, Iet'r ausgehen wollte. „Wir
Gras Bülow alle! an ,an der Sonne haben!" hat

den andern Völkern in ?^tes, das den Angelsachsen
lose Dünkel, Auch Angenehm macht: Der matz-

nale Ueberhebung vor a^^sen wirft man natio-

sornr van ft;.. Bber bei ihm hat sie mehr

uur. Äber bei ihm hat sie mehr
die Form von Eitelkeit, und Eitelkeit wirkt belustig-
end. Der Dünkel jedoch wirkt unter allen Umstän-
den widerwärtig. Ferdinand Brunetiäre, der be-
rühmte französische Akademiker und Herausgeber der
„Revue des Deux Mondes", schrieb in einer wun-
dervollen Studie über den englischen Volks-Charak-
ter. die im Frühjahr 1900 in seiner Zeitschrift er-

schien: „Der zeitgenössische Engländer ist stet? in sei-
nen Augen ein besonderer, eigenartiger Mensch, das
Erzeugniß einer einzig dastehenden Zuchtwahl, die
aristokratische Abart des Menschengeschlechts." Da-
init trifft Brunetiere den Angelsachsen aus den Kopf.
Man beobachte nur einmal den reisenden Angel-
sachsen im Gegensatz zu andern. Wenn der Russe,
Franzose oder Deutsche in anderer Herren Länder
reist, so wird er im Allgemeinen — Ausnahmen
kommen auch hier vor — in sein Land zurückkehren
voll Bewunderung für Dies oder Jenes, was ihm
im fremden Lande besser erschien, als bei ihm zu
Hause. Dem Angelsachsen dagegen ist Alles in der
Fremde barbarisch und inferior, weil es nicht angel-
sächsisch ist, und er kommt in seine Heimath zurück
in dem Bewußtsein, daß dort allein Menschen leben
und überhaupt leben können — Menschen, die un-
endlich besser und klüger sind, als irgendwo anders
in der Welt. Als bezeichnend können sür diese Auf-
fassung folgende lustige Beispiele gellen: Am 5. Ja-
nuar 1900 äußerte die bekannte Mrs. Julia Ward
Howe aus Boston vor einer Versammlung von New-
Uorker Damen: „Der amerikanische Löwe möchte
heutzutage leider zu oft für den europäischen Esel
gehalten werden und hat hier und da bereits das
fremde Eselsblöcken angenommen." Unter Europa
ist hier der sogenannte Kontinent verstanden, also
nicht England. Nicht weniger geschmackvoll ist auch
der Ausspruch einer Mrs. Washington Roebling in
ihrer preisgekrönten Abhandlung: „Was eine Ameri-
kanerin cinbüßt, die einen Fremden heirathct." Die
Hauptsache, die sie einbüßt, ist nach Mrs. Roebling
der Verzicht auf einen amerikanischen Gatten, denn
„ein guter amerikanischer Gatte ist der denkbar höchste
Repräsentant des zivilisirten Menschen." Ansichten
wie diese sind typisch.

Und dann besteht noch ein anderer riesenweiter
Unterschied zwischen der Auffassung des Franzosen
und des Angelsachsen von ihrer Stellung den übrigen
Völkern gegenüber. Der.Franzose mag sich wirk-
lich noch heute sür „Die große Nation" halten, wie
sie General Bonaparte,1797 in Italien in seiner
Proklamation an die Italiener genannt hat. Er
glaubt deswegen nicht, datz ihm von Rechtswegen
die ganze Welt gehöre. Aber der Angelsachse glaubt
das, und zwar aufrichtig, wo immer ein Angel-
sachse wohnt. Denn ein Angelsachse ist wie der an-
dere, ob er in England, Amerika, Australien, Asien
oder Afrika wohnt. Wie er überall das selbe um
eine Nummer zu kleine Hütchen trägt, das selbe
Steak ißt und das selbe kurze Pfeifchen raucht, so
ist auch seine Auffassung von dem Gottesgnaden-
thum seiner Rasse überall dieselbe. Zahllos sind
die Belege hierfür. Nur einige wenige seien hier
angeführt. Schon in dem berühmten amerikanischen
Roman „Uncle Tom’s Cabin" läßt die Verfasserin,

»S1

die fromme Harriet Beecher-Stowe aus Connecticut,
in Kap. 23 Alfred St. Cläre bemerken: „Der Angel-
sachse ist die herrschende Rasse der Welt und muß
es sein." Geradezu erfrischend ist auch, was Sena-
tor Beveridge im Bundes-Senat zu Washington
am 9. Januar 1900 sagte: „Gott hat die englisch
redenden Völker zu den Meister-Organisatoren der
Welt gemacht, damit wir Ordnung einführen, wo
das Chaos herrscht. Er hat uns den Geist des
Fortschritts verliehen, damit wir auf der ganzen
Erde die Kräfte der Finsterniß überwältigen. Er
hat uns zu Erperten im Regieren gemacht, damit
wir wilde und greisenhafte Völker regieren." Und
weiterhin: „Wir wollen uns nicht der Sendung
entziehen, die unsere Rasse (die angelsächsische) als
der Vertraute Gottes mit der Civilisirung der Welt
zu erfüllen hat." Bemerkt sei hierzu, daß der Aus-
druck „greisenhafte Völker" vom Amerikaner ge-
wöhnlich auf alle Völker Europas, mit Ausnahme
Englands, angewandt wird. Ebenso drollig äußerte
sich ein gewisser vr. Cyrus Edson in New-Vork
in einem Bortrage vor dem „Hundred Year Club"
am 28. Februar 1900, in dem er u. A. sagte: „Die
einzelnen Rassen verschwinden. Sie verschmelzen
mit einander und die Zeit kommt , wo es nur eine
einzige Rasse geben wird, die angelsächsische, die aus
geistigen und körperlichen Riesen bestehen wird."
Aehnlich drückte sich ein Bostoner Arzt aus, der an
Bord des englischen Dampfers „Lucania" war, als
das Schiff am 4. März 1900 den New-Borker Hasen
erreichte. Die Engländer an Bord feierten die
Uebergabe Cronjes mit Champagner und der ge-
nannte Arzt hielt eine Rede, in welcher er wörtlich
sagte: „Ich hoffe, die Zeit wird kommen, wenn die
englisch redenden Völker die ganze Welt regieren
werden." Interessant ist, daß ein Deutsch-Amerikaner
an Bord sich weigerte, daraus hin anzustoßen, weil
er keineswegs wünsche, daß die angelsächsische Welt-
herrschaft zur Wirklichkeit werde.

Es ist nur natürlich, daß die Angelsachsen in
England, seitdem Chamberlain die Verheißung vom
weltbeherrschenden Angelsachsenlhum aufgeftischt hat,
nicht weniger heftig am Angelsachsen-Koller leiden.
Als am 24. Mai der “British Schools and Uni-
versities Club” zu New-Pork den Geburtstag der
Königin von England, feierte, lief ein Schreiben von
General Lord Wolseley aus London ein, worin es u.
A. hieß: „Wenn.England und die Vereinigten Staa-
ten Eins sind in ihrer auswärtigen Politik, können
wir mit Leichsigkeit die ganze Welt regieren und einen
allgemeinen Frieden Herstellen." Die Unverschämt-
heit des Angelsachsen hat manchmal etwas Naives.
Natürlich — wenn sie Alles eingesteckt haben, wenn
Alles angelsächsisch ist, dann haben wir den Welt-
ftieden. Man hat auch Beispiele von Spitzbuben,
die anständige Leute wurden und sogar zur Kirche
gingen, als sie ein Vermögen zusammengestohlen
hatten. Ganz genau so äußerte sich der bescheidene
Lord übrigens auf dem Bankette, das die "-American
Society" zu London zur Feier des amerikanischen
Unabhängigkeits-Tages am 4. Juli 1900 veranstaltete.
Daß Lord Wolseley nicht der einzige Engländer ist,
der so denkt, weiß jedes politische Kind. Ernst E.
Williams z. B., der seit Jahren mit seinem "Made
in Germany” den Engländern die Nachtruhe raubt,
hat erst kürzlich wieder in der „National Review“
klargelegt, daß Deutschland genau genommen infolge
seiner Schwäche zur See von Englands Gnade ab-
hängig sei. Er, so wie Tausende von Engländern
halten es fiir eine bodenlose Frechheit, daß der lum-
pige Deutsche oder irgend sonst Jemand überhaupl
wagt, dem seebeherrschenden reichen Vetter, dem
Welt-Monopolisten, Konkurrenz zu machen. Das ist
die ungeheuerliche Verkrüppelung aller Reäitsbegrisse,
wie sie der angelsächsische Größenwahn zu Stande
gebraäit hat.

Man kann es der nicht-angelsächsischen Welt kaum
verdenken, wenn sie angesichts derartiger angelsäch-
sischer Anschauungen den Angelsachsen für den Welt-
seind hält und ihn allenthalben mit Mißtrauen und
Abneigung betrachtet — „et dona ferentem." Dann
übrigens erst recht!
Index
Joachim Frh. v. d. Goltz: Medaillon
 
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