1901
JUGEND
Nr. 26
Eine Enquete.
wir haben an deutsche Frauen, als die meist-
interefsierte Instanz, eine Rundfrage erlassen be-
züglich des schnöden Planes, unser Peer den
Erfahrungen der Neuzeit entsprechend in Khaki
braun, Sandfarbe, Schilfgrün oder Maus-
grau umzuuniformiren. Pier einige der be-
deutsamsten Antworten:
wirft man dahin, wie mürben Plunder,
Das Schönste, was wir haben, gleich,
Dann nimmt's mich freilich gar nicht Wunder,
wenn's abwärts geht im deutschen Reich!
In Mausgrau kleiden will man künftig
Und Khakibraun das Militär,
Blos weil es billig und vernünftig
Und nicht so weit zu sehen wär?
weil auf die Farbe, die neutrale,
Der Feind nicht mehr so sicher zielt —
© denkt doch an die Ideale,
Um die man so das Volk bestiehlt!
Den Mann in khakifarbnen Posen,
Den sieht die Jungfrau gar nicht an,
Die den Pusar, den faltenlosen,
Reim ersten Anblick lieb gewann!
Und auch dem anspruchslosen Sinne,
Der nicht das pöchste gleich begehrt,
war als ©bjekt für keusche Minne
Der Infantrist noch schätzenswertst!
Roth waren Aufschlag, Saum und Kragen
Und Lpaulettes und Knöpfe blank,
So daß man doch mit Wohlbehagen
In solche Kriegerarmc sank.
Jedoch in fahlen Khakiblousen
Läßt auch die schönste Mannsgestalt
Das zarte perz im Mädchenbilsen,
Man darf wohl sagen, gänzlich kalt!
Nein: So den Leutnant zu verschlechtern,
wär' pietätlos, rauh und keck,
Ihr raubtet ja uns Hähern Töchtern
Geradezu den Lebenszweck!
Euphrosinc Biedermeier
Mein perr!
Ihre Anfrage ist wohl nicht ernst gemeint?
Denn, wenn ja, dann könnte man sich ja
gerade so gut in einen Livilisten ver-
lieben. Jenen Gedanken konnte überhaupt nur
Jemand haben, der niemals Arm in Arm mit
einer Uniform von seinen Freundinnen beneidet
worden ist! Und dieses Gefühl kennt
Ihre ergebene
f llucie VT
wert he Schriftleitung l
Ich bin auch aus wirtschaftlichen Gründen da-
gegen. Die Ersparnisse, die der ©ffizier mit der
billigeren Uniform macht, sind nämlich nur schein-
bare. Delin, wenn er nicht mehr so bezaubernd
ans uns Frauen wirkt, wer hcirathct ihn denn
dann, wenn schließlich die Gläubiger unangenehm
werden? Doch höchstens nur mehr vom Baron
aufwärts und den auch nur mehr ein Mädchen
von \oo bis allenfalls 200 Mille, während jetzt
eine hübsche Uniform noch um 20—30°/0 höher
im Kurs steht, als ein mittlerer Titel. Papa
sagt auch: wenn man deli dekorativen Werth des
©ffizierskorps herabmindert, dann werden die Be-
ziehungen zwischen dem Militär und der Finanz
stark abflauen. Und mein Vetter Isidor, der im
perbst Einjähriger wird, meint, daß es ihm in
Khaki gar nicht cinfällt, bei der thcuern Kavallerie
zu dienen, wo nimmt man dann die feschen Re-
serveoffiziere her? — Jedenfalls warte ich mit
dem Verloben, bis die Sache iin Reinen ist. Mama
sagt, mit meinen 500,000 N'chen dürfte ich mich
nicht wegwerfen, da kann ich schließlich sogar einen
Kammerherrn mit sechzehn Ahnen haben, der ist
freilich nur selten in Uniform, aber dann gold-
gestickt. Ich darf wohl bitten, mich zu benach-
richtigen, wenn die Sache zum Klappen kommt?
Mit pochachtung
VTcltv Aoscnstern,
wirkliche Lommissionsrathstochter.
P. P.
wie Sie wissen, ist mir der Mann an sich
und im Ganzen überhaupt total wnrscht und ich
betrachte ihn als eine Art von Druckfehler der
Schöpfung. Aber wenn schon, denn schon! Alle
khaki- und sandfarbenen Uniformen sind natur-
geschichtlich ein Unsinn! Diskrete, schlichte
Farben hat im ganzen Thierreich nur das Weibchen,
das Männchen ist bunt und auffallend.
Betrachten Sie den Papagei, den Pfau, den Fasan,
den Paradiesvogel, ja nur den Paushahn! Ebenso
ist's mit dem inenschlichen Mann. Er soll das
bunte Gefieder tragen, denn er hat's nöthig. Die
Frau besitzt tiefer liegende Vorzüge, angesichts
deren sie auf allen äußeren Glanz verzichten
könnte. Daß sie sich bunt aufputzt, um dem
Männchen zu gefallen, daß sie sich lange paare
wachsen läßt und Gebäude von Frisuren aufbaut,
während doch dem Männchen Mähne und pörner
zukommen, entwürdigt sie in meinen Augen tief
und läßt mich fürchten, daß das Weib zunächst
über die paremsbestie eben nicht hinauskommen
will. Noch einmal: ich bin für die bunten Jacken,
je farbiger und ulkiger, desto besser! Am Besten
rothe Kittel mit gelben Schnüren, blauen Posen
und grünen Mützen. Dann ist der bunte Araras
fertig. Und wenn dann meine albernen Mit-
schwestern sich an ihn wegwerfen, so haben sie
wenigstens eine zoologische Entschuldigung dafür.
Mit Achtung
Anira Knarrig, Or. pllil.
Ieährte Reaktion!
Ick weiß jar nich, wie Sie mich Vorkommen!
So was is doch einfach nich! Dem Willem, was
mein verhältniß von die Iardenlanen is, liebe
ick heiß und tief. Ick habe mir schonst fünfmal
aus die besten Stellungen wejen Untreie raus-
schmeißen lassen von wejen seinen filomenalen
Appedidd. Aber so ne Liebe is ohne scheene Uni-
form natürlich unmechlich! Ick wirde mir scheemen.
wenn also die perren von det Kriegsmysterium
für die Batallche absolut Kackifarben einfihre»
wollen, jiebts nur eine Mechlichkeit: man nimmt
fir den Feldzuch, wo unsereins seinen Willem
doch nich sieht, meinetwejen Kacki, aber man
läßt dabei die bisherige Uniformirung
fir den Frieden und für's Gemiethe.
So bin ick einverstanden! Es jrießt
Aicckc,
perfektes Mächen für Alles.
Zur gell. Beachtung!
Das Titelblatt der vorigen Nummer ist von
Marie Schnür (München) (nicht Kühn, wie in
Nr. 25 irrthümlich angezeigt wurde.)
Deutscb-cjf/cbiscbes Cecbteltnecbtel
„Halb zog sie ihn, halb sank er hin,"
JUGEND
Nr. 26
Eine Enquete.
wir haben an deutsche Frauen, als die meist-
interefsierte Instanz, eine Rundfrage erlassen be-
züglich des schnöden Planes, unser Peer den
Erfahrungen der Neuzeit entsprechend in Khaki
braun, Sandfarbe, Schilfgrün oder Maus-
grau umzuuniformiren. Pier einige der be-
deutsamsten Antworten:
wirft man dahin, wie mürben Plunder,
Das Schönste, was wir haben, gleich,
Dann nimmt's mich freilich gar nicht Wunder,
wenn's abwärts geht im deutschen Reich!
In Mausgrau kleiden will man künftig
Und Khakibraun das Militär,
Blos weil es billig und vernünftig
Und nicht so weit zu sehen wär?
weil auf die Farbe, die neutrale,
Der Feind nicht mehr so sicher zielt —
© denkt doch an die Ideale,
Um die man so das Volk bestiehlt!
Den Mann in khakifarbnen Posen,
Den sieht die Jungfrau gar nicht an,
Die den Pusar, den faltenlosen,
Reim ersten Anblick lieb gewann!
Und auch dem anspruchslosen Sinne,
Der nicht das pöchste gleich begehrt,
war als ©bjekt für keusche Minne
Der Infantrist noch schätzenswertst!
Roth waren Aufschlag, Saum und Kragen
Und Lpaulettes und Knöpfe blank,
So daß man doch mit Wohlbehagen
In solche Kriegerarmc sank.
Jedoch in fahlen Khakiblousen
Läßt auch die schönste Mannsgestalt
Das zarte perz im Mädchenbilsen,
Man darf wohl sagen, gänzlich kalt!
Nein: So den Leutnant zu verschlechtern,
wär' pietätlos, rauh und keck,
Ihr raubtet ja uns Hähern Töchtern
Geradezu den Lebenszweck!
Euphrosinc Biedermeier
Mein perr!
Ihre Anfrage ist wohl nicht ernst gemeint?
Denn, wenn ja, dann könnte man sich ja
gerade so gut in einen Livilisten ver-
lieben. Jenen Gedanken konnte überhaupt nur
Jemand haben, der niemals Arm in Arm mit
einer Uniform von seinen Freundinnen beneidet
worden ist! Und dieses Gefühl kennt
Ihre ergebene
f llucie VT
wert he Schriftleitung l
Ich bin auch aus wirtschaftlichen Gründen da-
gegen. Die Ersparnisse, die der ©ffizier mit der
billigeren Uniform macht, sind nämlich nur schein-
bare. Delin, wenn er nicht mehr so bezaubernd
ans uns Frauen wirkt, wer hcirathct ihn denn
dann, wenn schließlich die Gläubiger unangenehm
werden? Doch höchstens nur mehr vom Baron
aufwärts und den auch nur mehr ein Mädchen
von \oo bis allenfalls 200 Mille, während jetzt
eine hübsche Uniform noch um 20—30°/0 höher
im Kurs steht, als ein mittlerer Titel. Papa
sagt auch: wenn man deli dekorativen Werth des
©ffizierskorps herabmindert, dann werden die Be-
ziehungen zwischen dem Militär und der Finanz
stark abflauen. Und mein Vetter Isidor, der im
perbst Einjähriger wird, meint, daß es ihm in
Khaki gar nicht cinfällt, bei der thcuern Kavallerie
zu dienen, wo nimmt man dann die feschen Re-
serveoffiziere her? — Jedenfalls warte ich mit
dem Verloben, bis die Sache iin Reinen ist. Mama
sagt, mit meinen 500,000 N'chen dürfte ich mich
nicht wegwerfen, da kann ich schließlich sogar einen
Kammerherrn mit sechzehn Ahnen haben, der ist
freilich nur selten in Uniform, aber dann gold-
gestickt. Ich darf wohl bitten, mich zu benach-
richtigen, wenn die Sache zum Klappen kommt?
Mit pochachtung
VTcltv Aoscnstern,
wirkliche Lommissionsrathstochter.
P. P.
wie Sie wissen, ist mir der Mann an sich
und im Ganzen überhaupt total wnrscht und ich
betrachte ihn als eine Art von Druckfehler der
Schöpfung. Aber wenn schon, denn schon! Alle
khaki- und sandfarbenen Uniformen sind natur-
geschichtlich ein Unsinn! Diskrete, schlichte
Farben hat im ganzen Thierreich nur das Weibchen,
das Männchen ist bunt und auffallend.
Betrachten Sie den Papagei, den Pfau, den Fasan,
den Paradiesvogel, ja nur den Paushahn! Ebenso
ist's mit dem inenschlichen Mann. Er soll das
bunte Gefieder tragen, denn er hat's nöthig. Die
Frau besitzt tiefer liegende Vorzüge, angesichts
deren sie auf allen äußeren Glanz verzichten
könnte. Daß sie sich bunt aufputzt, um dem
Männchen zu gefallen, daß sie sich lange paare
wachsen läßt und Gebäude von Frisuren aufbaut,
während doch dem Männchen Mähne und pörner
zukommen, entwürdigt sie in meinen Augen tief
und läßt mich fürchten, daß das Weib zunächst
über die paremsbestie eben nicht hinauskommen
will. Noch einmal: ich bin für die bunten Jacken,
je farbiger und ulkiger, desto besser! Am Besten
rothe Kittel mit gelben Schnüren, blauen Posen
und grünen Mützen. Dann ist der bunte Araras
fertig. Und wenn dann meine albernen Mit-
schwestern sich an ihn wegwerfen, so haben sie
wenigstens eine zoologische Entschuldigung dafür.
Mit Achtung
Anira Knarrig, Or. pllil.
Ieährte Reaktion!
Ick weiß jar nich, wie Sie mich Vorkommen!
So was is doch einfach nich! Dem Willem, was
mein verhältniß von die Iardenlanen is, liebe
ick heiß und tief. Ick habe mir schonst fünfmal
aus die besten Stellungen wejen Untreie raus-
schmeißen lassen von wejen seinen filomenalen
Appedidd. Aber so ne Liebe is ohne scheene Uni-
form natürlich unmechlich! Ick wirde mir scheemen.
wenn also die perren von det Kriegsmysterium
für die Batallche absolut Kackifarben einfihre»
wollen, jiebts nur eine Mechlichkeit: man nimmt
fir den Feldzuch, wo unsereins seinen Willem
doch nich sieht, meinetwejen Kacki, aber man
läßt dabei die bisherige Uniformirung
fir den Frieden und für's Gemiethe.
So bin ick einverstanden! Es jrießt
Aicckc,
perfektes Mächen für Alles.
Zur gell. Beachtung!
Das Titelblatt der vorigen Nummer ist von
Marie Schnür (München) (nicht Kühn, wie in
Nr. 25 irrthümlich angezeigt wurde.)
Deutscb-cjf/cbiscbes Cecbteltnecbtel
„Halb zog sie ihn, halb sank er hin,"