Nr. 32
JUGEND
1901
Gine frage
(?um 3o. Juli)
Vom Grjbild des Gewaltigen fällt die hülle,
Und alle Welt harrt auf ein Cöort des Einen,
Der nun hintritt in feines Glanzes Julie,
Millionen sich im Danke zu vereinen.
Doch sieht Ein feierlich gemess'nes Neigen
Und nicht ein Laut aus dem Gebietermunde.
Jur wen von Beiden sprach das grosse
Schweigen?
wer war der Mächtige in dieser Stunde?
Tseliü
Cüccklied aus Rußland
(3u singen nach der Melodie von Arndt's „Liseniied")
Wach' auf, wach' auf, Zar Nikolaus,
Man schlägt Dein Volk mit Knuten,
Läßt fern von ihrem Vaterhaus
Die Edelsten verbluten.
Noch immer nach Sibirien zieh'»
Verbannter Karawanen,
Indessen alle Herzen blüh'n
In junger Freiheit Ahnen!
Der alte Moskowiterbau
Beginnt im Grund zu wanken,
Aus Finsternis; zum Himmelsblau
Sich recken die Gedanken —
Die man bisher an's Marterholz
Zu stummer Qual geschlagen,
Sie wollen jetzt ihr Banner stolz
Durch Rußlaud's Steppen tragen!
Ihr rühmet, daß der Arm des Zar
Reich' zu den fernsten Marken,
Dock) weiter reichet noch fürwahr
Das Wort des Patriarchen.
Habt ihr ihn auch in Bann gethan,
Sein Wort könnt' ihr nicht tobten.
Als Rußlaud's Sonne fängt es an
Den Morgenhimmel röthen!
Der Sturm an allen Fesseln reißt,
Als ging's zum Tag, dem jüngsten,
Gepriesen sei'st Du, heiliger Geist,
Im neuen Völkerpfingsten!
Gott Vater, Geist und Gottes Sohn
Laßt reden feur'ge Zungen,
Bis Eure Botschaft an den Thron
Dreifältig vorgedrungen —
Vom Himmel geht die Mahnung aus,
Vom Herrscher alles Guten:
Wach' auf, wach' auf, Zar Nikolaus,
Man schlägt Dein Volk mit Knuten!
fromund
eine verzweifelte Maßregel
hat die englische Regierung ergriffen: Nach-
dem weder die Mordbrennereien des Generals
Roberts, noch Ritchencrs Mißhandlung der Buren-
frauen und der Rindermassenmord die eigensinnigen
Rebellen zur Unterwerfung bringen konnten,
hat man sich entschlossen, einen noch Furchtbareren,
den Furchtbarsten auf dieser Erde zu schicken, den
listenreichen, unbesiegten und unbesiegbaren Pelden,
vor dessen Namen die Rothhaut im Westen ebenso
tief erschauert, wie der verwegenste Pammeldieb
auf dem Balkan: Rarl May!
Dieser Perr schreibt uns über seine Feldzugs-
pläne :
Entweder fang ich Dcwet mit Gewalt, oder
mit List. Im ersteren Falle werde ich ganz allein
die Expedition antreten auf meinem berühmten
Araberhengst Rhi, der bekanntlich so schnell ist,
daß er in der Viertelstunde dreißig Minuten läuft.
Natürlich werde ich nicht von Lüden an die Buren
herankommen, wo sie mich erwarten können, sondern
von Norden her ihnen in den Rücken fallen. Ich
lande wahrscheinlich in Tripolis, mache einen
stotten Galopp durch die Sahara, durchschwimme
auf dem Rücken meines treuen Rh> den Tfad-See,
halte mich unter beständigen siegreichen Rümpfen
mit den Eingebornen scharf südlich, überspringe
am Aequator mit einem meiner berühmten Lätze
den Longo, später den Sambesi und binde an einer
geschützten Stelle meinen Rhi an den tvcndekrcis
des Steinbocks, von da ab schleiche ich mich nach
Indianerart, nur von meinem Penrystutzen, meinem
Bärentöter, einem Rhinozerosrevolver und einer
Elefantenbüchse geschützt, möglichst nahe an die
Buren heran und dezimire ihre Schaaren, dank
meiner rauch- und knalllosen Munition, ohne daß
mich Jemand bemerkt. An geeigneter Stelle warte
ich, bis Botha und Dewet, bestürzt über das
massenweise Pinsinken ihrer Leute, die Röxfe zu-
sammenstecken. In diesem Augenblick saust mein
nie fehlender Lasso durch die Luft, reißt die beiden
Burenführer zu Boden, ich fessle sie und schleppe
sie zu General Ritchener» Den Rest der Buren,
sowie die Raffern, Betschuanen und Matabele,
die ich unterwegs vorffnde, bekehre ich zum Ratho-
lizismus! Die Sache ist für mich lächerlich glatt
und einfach.
Meinem humanen lvescn würde aber ein un-
blutiges Verfahren besser entsprechen. In diesem
Falle würde ich mich, als Bur verkleidet, zu
Dewet ins Lager schleichen und vermittels meiner
überaus sympathischen Persönlichkeit schnell seine
Freundschaft gewinnen. An einem schönen Abend
lade ich dann ihn und seine Getreuen z» einer
literarischen Soiree ein und lese ihnen meuch-
lings einen oder zwei meiner Romane vor.
Wenn sie dann in tiefem Schlafe liegen,
werden sie gefesselt auf einem eigens dazu be-
reitgehaltenen Panzerzug nach Kapstadt gebracht
und der Rrieg ist aus! Die englische Regierung
ist allerdings mehr für den ersteren Plan, da sie
Dewet lebendig haben möchte und es bezweifelt,
daß der durch Aufregungen und Entbehrungen
geschwächte Mann die Vorlesung überstehen wird.
Jedenfalls muß die Sache in sechs Wochen vor-
über sein, da ich bis Anfangs September von
meinem Freund, dem Indianerhäuptling „die
grüne Schlange" in den Felsengebirgen, zu einer
Treibjagd aus Grizzlibären eingeladen bin.
Pochachtungsvoll
lisrl silluy
Peld und Sänger
Die Dame von Maxim
lIur Zeichnung von A. Münzer)
„moulin de la galette“
—J Machte Nini ihr Debüt,
Reine zeigte, wie Ninette,
Solche Grazie im Chahut.
Bei den Ierrn, wie bei den Damen
war sie äußerst populär,
Und sie gaben ihr den Namen
Einer Nini patte en l’air.
Ach, ihr Schatz, der süße Rleine,
— Rosend nannr' sie ihn Bibi! —
Schwang sie mannshoch ihre Beine,
Ach, wie war er stolz auf sie!
Und sein Stolz ob solchem Schatze
wurde schließlich ganz enorm,
Schlug sic Einem von der Glatze
Mit dem Füßchen den baute forme!
Und sein Stolz, er schwoll noch weiter
Als Nini von Sieg zu Sieg
2luf der sozialen Leiter
Bis zur Halbwcltfürstin stieg!
Freilich zeigt Nini sich heute
Ocffentlich nicht mehr mit ihm,
wenn sie, wie die feinsten Leute
Abends vorfährt bei MaximI
Jul. Diez (München)
JUGEND
1901
Gine frage
(?um 3o. Juli)
Vom Grjbild des Gewaltigen fällt die hülle,
Und alle Welt harrt auf ein Cöort des Einen,
Der nun hintritt in feines Glanzes Julie,
Millionen sich im Danke zu vereinen.
Doch sieht Ein feierlich gemess'nes Neigen
Und nicht ein Laut aus dem Gebietermunde.
Jur wen von Beiden sprach das grosse
Schweigen?
wer war der Mächtige in dieser Stunde?
Tseliü
Cüccklied aus Rußland
(3u singen nach der Melodie von Arndt's „Liseniied")
Wach' auf, wach' auf, Zar Nikolaus,
Man schlägt Dein Volk mit Knuten,
Läßt fern von ihrem Vaterhaus
Die Edelsten verbluten.
Noch immer nach Sibirien zieh'»
Verbannter Karawanen,
Indessen alle Herzen blüh'n
In junger Freiheit Ahnen!
Der alte Moskowiterbau
Beginnt im Grund zu wanken,
Aus Finsternis; zum Himmelsblau
Sich recken die Gedanken —
Die man bisher an's Marterholz
Zu stummer Qual geschlagen,
Sie wollen jetzt ihr Banner stolz
Durch Rußlaud's Steppen tragen!
Ihr rühmet, daß der Arm des Zar
Reich' zu den fernsten Marken,
Dock) weiter reichet noch fürwahr
Das Wort des Patriarchen.
Habt ihr ihn auch in Bann gethan,
Sein Wort könnt' ihr nicht tobten.
Als Rußlaud's Sonne fängt es an
Den Morgenhimmel röthen!
Der Sturm an allen Fesseln reißt,
Als ging's zum Tag, dem jüngsten,
Gepriesen sei'st Du, heiliger Geist,
Im neuen Völkerpfingsten!
Gott Vater, Geist und Gottes Sohn
Laßt reden feur'ge Zungen,
Bis Eure Botschaft an den Thron
Dreifältig vorgedrungen —
Vom Himmel geht die Mahnung aus,
Vom Herrscher alles Guten:
Wach' auf, wach' auf, Zar Nikolaus,
Man schlägt Dein Volk mit Knuten!
fromund
eine verzweifelte Maßregel
hat die englische Regierung ergriffen: Nach-
dem weder die Mordbrennereien des Generals
Roberts, noch Ritchencrs Mißhandlung der Buren-
frauen und der Rindermassenmord die eigensinnigen
Rebellen zur Unterwerfung bringen konnten,
hat man sich entschlossen, einen noch Furchtbareren,
den Furchtbarsten auf dieser Erde zu schicken, den
listenreichen, unbesiegten und unbesiegbaren Pelden,
vor dessen Namen die Rothhaut im Westen ebenso
tief erschauert, wie der verwegenste Pammeldieb
auf dem Balkan: Rarl May!
Dieser Perr schreibt uns über seine Feldzugs-
pläne :
Entweder fang ich Dcwet mit Gewalt, oder
mit List. Im ersteren Falle werde ich ganz allein
die Expedition antreten auf meinem berühmten
Araberhengst Rhi, der bekanntlich so schnell ist,
daß er in der Viertelstunde dreißig Minuten läuft.
Natürlich werde ich nicht von Lüden an die Buren
herankommen, wo sie mich erwarten können, sondern
von Norden her ihnen in den Rücken fallen. Ich
lande wahrscheinlich in Tripolis, mache einen
stotten Galopp durch die Sahara, durchschwimme
auf dem Rücken meines treuen Rh> den Tfad-See,
halte mich unter beständigen siegreichen Rümpfen
mit den Eingebornen scharf südlich, überspringe
am Aequator mit einem meiner berühmten Lätze
den Longo, später den Sambesi und binde an einer
geschützten Stelle meinen Rhi an den tvcndekrcis
des Steinbocks, von da ab schleiche ich mich nach
Indianerart, nur von meinem Penrystutzen, meinem
Bärentöter, einem Rhinozerosrevolver und einer
Elefantenbüchse geschützt, möglichst nahe an die
Buren heran und dezimire ihre Schaaren, dank
meiner rauch- und knalllosen Munition, ohne daß
mich Jemand bemerkt. An geeigneter Stelle warte
ich, bis Botha und Dewet, bestürzt über das
massenweise Pinsinken ihrer Leute, die Röxfe zu-
sammenstecken. In diesem Augenblick saust mein
nie fehlender Lasso durch die Luft, reißt die beiden
Burenführer zu Boden, ich fessle sie und schleppe
sie zu General Ritchener» Den Rest der Buren,
sowie die Raffern, Betschuanen und Matabele,
die ich unterwegs vorffnde, bekehre ich zum Ratho-
lizismus! Die Sache ist für mich lächerlich glatt
und einfach.
Meinem humanen lvescn würde aber ein un-
blutiges Verfahren besser entsprechen. In diesem
Falle würde ich mich, als Bur verkleidet, zu
Dewet ins Lager schleichen und vermittels meiner
überaus sympathischen Persönlichkeit schnell seine
Freundschaft gewinnen. An einem schönen Abend
lade ich dann ihn und seine Getreuen z» einer
literarischen Soiree ein und lese ihnen meuch-
lings einen oder zwei meiner Romane vor.
Wenn sie dann in tiefem Schlafe liegen,
werden sie gefesselt auf einem eigens dazu be-
reitgehaltenen Panzerzug nach Kapstadt gebracht
und der Rrieg ist aus! Die englische Regierung
ist allerdings mehr für den ersteren Plan, da sie
Dewet lebendig haben möchte und es bezweifelt,
daß der durch Aufregungen und Entbehrungen
geschwächte Mann die Vorlesung überstehen wird.
Jedenfalls muß die Sache in sechs Wochen vor-
über sein, da ich bis Anfangs September von
meinem Freund, dem Indianerhäuptling „die
grüne Schlange" in den Felsengebirgen, zu einer
Treibjagd aus Grizzlibären eingeladen bin.
Pochachtungsvoll
lisrl silluy
Peld und Sänger
Die Dame von Maxim
lIur Zeichnung von A. Münzer)
„moulin de la galette“
—J Machte Nini ihr Debüt,
Reine zeigte, wie Ninette,
Solche Grazie im Chahut.
Bei den Ierrn, wie bei den Damen
war sie äußerst populär,
Und sie gaben ihr den Namen
Einer Nini patte en l’air.
Ach, ihr Schatz, der süße Rleine,
— Rosend nannr' sie ihn Bibi! —
Schwang sie mannshoch ihre Beine,
Ach, wie war er stolz auf sie!
Und sein Stolz ob solchem Schatze
wurde schließlich ganz enorm,
Schlug sic Einem von der Glatze
Mit dem Füßchen den baute forme!
Und sein Stolz, er schwoll noch weiter
Als Nini von Sieg zu Sieg
2luf der sozialen Leiter
Bis zur Halbwcltfürstin stieg!
Freilich zeigt Nini sich heute
Ocffentlich nicht mehr mit ihm,
wenn sie, wie die feinsten Leute
Abends vorfährt bei MaximI
Jul. Diez (München)