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1901

JUGEND

Nr. 37

Delcasss und andere Symptome lassen an der
Existenz des Planes keinen Zweifel auffonimen.
Und nun sollen wir die gefährlichen Ränkeschmiede
gar selber einladen, sich doch gefälligst unter uns
niederzulassen! Wir haben 76 katholische Prinzen
und Prinzessinnen im Deutschen Reiche, außerdem
eine sehr große Zahl katholischer Hochtories. In
diesen, schon jetzt genügend „vorbereiteten" Kreisen
würde'zunächst der Hebel angesetzt, um in Berlin
einen — „letzten Versuch" zu machen- Gelingt
es, in absehbarer Zeit der offiziellen Gegen-
reformation oder, wie man sich ironisch aus-
drückt, der „Wiedervereinigung der Konfessionen"
die Wege zu ebnen, dann wird uns vielleicht
die Fortexistenz des Reiches gnädigst zugebilligt;
wenn nicht, dann — Blitz und Donner aus
dem schwarzen Gewölk, Hunneneinfall und Kreuz-
zug wider den verdammten Dickkopf von Michel!

Die dritte Möglichkeit wage ich kaum anzu-
deuten- Es wäre der weile, ach allzuweise, un-
abänderliche Entschluß der Papstkirche, die Jesn-
ilensammt dem Jesnitismns gründlich und
für ewige Zeiten aus der Welt zu schaffen,
sich mit dem freiwilligen Seelenheil ihrer
Schutzbefohlenen zu begnügen und die Ausbreit-
ung der Kirche lediglich auf Worte und Werke
der Liebe zu gründen. Der Plan wäre so ver-
lockend und das deutsche Gemüth bestechend, daß,
wenn mir, den kirchlichen Drang vorausgesetzt,
die Wahl zwischen einem nichtjesnitischen Papst
und etwa Herrn Stöcker gestellt wäre, ich vermuth-
lich zehnmal lieber päpstlich als stöckerisch werden
möchte.

Man sieht, es gibt noch Schwärmer, die in ihrem
deutschen Ehrlichkeitsdusel eine gründliche Um-
wandlung des jesuitischen in ein christliches

Nom immerhin für denkbar halten. Bon ge-
wiegten Kennern freilich wird diese Glaubensselig-
kcit belächelt: nicht nur der geschichtliche Aufbau
der römischen Hierarchie, so sagen sie, sondern vor
Allem auch die fast ausschließliche Herrschaft
der Italiener in der Verwaltung der Papst-
kirche werde andere als romanisch-orientalische,
sagen wir gleich: jüdisch-hohepriesterliche Auf-
fassungen des Kirchenregiments niemals aufkommen
lassen. Und wenn man dann de» Schwarzsehern
die häufigen Verbote und Verwünschungen
entgegenhält, welche die S. J. im Laufe der Zeiten
doch seitens unfehlbarer Päpste, vieler Bischöfe
und vieler Tausende ehrenwerther Geistlicher er-
fahren hat, so wird Einem erwidert, daß gerade
jene Verbote und ihre Wiederaufhebungen be-
weisen, daß der Jesuitismus eine das ganze röm-
ische System verseuchende, unheilbare erbliche
Krankheit sei, vor der „wir Anderen" uns
nicht durch Sympathiemittel, sondern nur durch
eine strenge Quarantaine und erprobte Hausmittel
schützen können. Nun, wir können ja das Eine
thun, ohne das Andre zu lassen: Wir halten uns
an die Jesuitenverbote, welche die Päpste
selber erlassen haben, und wollen hoffen, daß
es der Papstkirche noch einmal gelingen werde, sich
ihrer Peiniger und Unheilstifter für. immer zu ent-
ledigen, — oder vielmehr es zu verhindern,
daß immer auf's Reue hoffnungsvolle, be-
gabte junge Menschen durch jesuitische Erziehung
verblendet und in's Verderben gezogen werden.

Denn wahrlich, nicht Haß ist es, der mich
beim Anblick dieser armen hejmathlosen Männer
erfüllt, nein, ich bemitleide sie aus tiefster
Seele. Wie viele edle Geister wurden hier
durch snggerirte Selbstverstümmelung zerstört! Sie

glauben im Lichte zu wandeln und sind doch
Wandler der schwärzesten Nacht, unselige Knechte
der Finsterniß, gemieden und gefürchtet von allen
Freien. Mögen sie noch so fest überzeugt sein
von ihren: Rechte auf unsere Seelen, auf die Unter-
drückung der Denk-, Gewissens- und Bekenntniß-
freiheit ihrer Mitmenschen, — am Tage des jüngsten
Gerichtes werden sie doch eine sehr traurige Rolle
spielen. Sie werden dann erfahren, daß ihre
thörichten Atachtansprüche auf Anmaßung und
Trugschlüssen, auf einem künstlich großgezogenen
geistigen Defekt beruhten, daß ihr spezifisches
Wirken und Weben und namentlich ihr politisches
Jntriguenspiel geradezu ein Hohn auf Jesu
Christi Lehre war, und es wird ihnen der
einzige Trost bleiben, die Menschheit zur steten
Wachsamkeit über ihr höchstes Gut angestachelt
zu haben, — über die Freiheit der Wege
zu Gott. Dort finden wir uns Alle zusammen,
und dann wird auch unseren entgleisten Brü-
dern vergeben werden, was sie aus Unverstand
in dieser Zeitlichkeit an uns verbrochen haben.

Georg Hirth

Sbret Sure Deutschen Meister!

Der Dichter des „Meister Balzer," Ernst
v. Wildenbruch, wurde vom Deutschen Uhr-
macherbund zum Ehrenmitglied ernannt, weil
er in jener Dichtung dem Stand der Uhrmacher
so hohe Auszeichnung erwiesen.

Wie wir hören, steht auch Gerhard Haupt-
mann eine ähnliche Ehrung bevor. Der „Verein
Berliner Droschkenkutscher" will dem Autor
des „Fuhrmann Henschel" seine Ehrenmitglied-
schaft anbieten.

Preisausschreiben.

Redaktion und Verlag der „Münchner Neuerten Nachrichten"
schreiben einen Wettbewerb für einen

« * * Münchner Roman «««

insbesondere darin entsprechen, daß er in Fortsetzungen gegeben wer-
den kann, ohne an Interesse zu verliere».

Sogenannte „Schlüsselromane", d. I). solche, die unter erdich-
teten Namen wirklich geschehene Vorgänge und wirklich vorhandene
Persönlichkeiten der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit
schildern, sind von der Bewerbung ausgeschlossen.

aus und setze» dafür drei Preise aus:

I. preis 7500 Mark

II. ^ 3000 ff

III. ff 1500 ff

tv>°f iiv sic das Recht zum ersten alleinigen Abdruck der preisgekrönten
Romcrne erwerben.

D>c Gefammtsumme der Preise kommt auf jeden Fall zur 2lus-
' un®- wenn mindestens zehn Romane, der erste Preis auch dann,
wenn nur fü„f Romane eingclaufcn sind. Die Preisrichter behalten
-b -0C^ r>0r &*n C1^CM i^rcis cvcnt. zu gleichen Dheilen zwei Be-
irut er» und den zweiten und dritten zufammcngelegt einer Arbeit
zuzuerkennen.

Eine Verpflichtung zum Abdruck erwächst der Redaktion aus der
Zuerkennung der Pz-cifc

Der Roman toll charakteristische Seiten des modernen Münchner
Lebens behandeln und den Anforderungen eines Leitungsrornans

Der Umfang darf 15,000 Druckzeilen nicht überschreiten und nicht
wesentlich hinter J2,000 Druckzeilen Zurückbleiben.

Das Manuskript ist mir Schreibmaschine herzustellen und mit
einem Motto zu versehen, das auf einem bcigegebcncn, den Namen
des Verfassers enthaltenden, geschlossenen Louverr, ebenfalls in
Schreibmaschincnschrift, wiederholt ist.

Einreichungstermin: 1. Mai 1S<>2. Das Urthcil der Preisrichter
wird spätestens am 1. August 1SZ2 veröffentlicht.

Die nicht von der Redaktion erworbenen Romane werden, wenn
nicht 4 Wochen nach Veröffentlichung des Ergebnisses von den Ver-
fassern abgcholt, diesen wieder zugestcllt.

Das prcisrichtcramt habe» übernommen die Herrei»:

Karins frbr. v. Gumppenberg,

Professor Dr. ffiax I^ausbofer,

Baron frit$ v. Ostini,

H. % fliordtmann | von der Redaktion der

Dr. 6. Keyssner J „Münchner Neuesten Nachrichten".

»München, 27. August 1901.

Redaktion und Verlag der „{Düncbner neuesten I}acbricbten“.

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Register
[nicht signierter Beitrag]: Ehret Eure Deutschen Meister!
 
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