Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben (6.1901, Band 2 (Nr. 27-52))

1901

Nr. 38

Bülow: „warum kommen Sie denn nicht?!"

Vorn pangermanNcken vracbeu

mit dem zischenden Haupte und von den
Hunnen der Neuzeit faselte jüngst bei der Ent-
hüllung des Denkmals für den tschechischen Dichter
Havlstek ein gewisser Redakteur Tuma. Die Worte
sind so unglücklich wie nur möglich gewählt. Wer
zischt denn mehr als der Tscheche, dessen Sprache
aus fast lauter Consonanten besteht? Und wessen
Gesichtsbildung erinnert mehr an die Krieger Attilas,
als die Stülpnase unseres hochverehrten Nachbarn?
Also das nächste Mal, bitte, etwas vorsichtiger!

Oer lange XZ&g

Der kleine Moritz veilchenstock kommt kurz
vor Jom Uipur von der Schule nach paus und
spricht zu seinem Vater: „Du sagst immer zu mer,
der Lehrer wär' ei» Rosche (Antisemit); hat er
iner aber doch unter mein Diktat geschrieben:
,Fast gut."

. JUGEND .

Kotau

Ls will in Basel der Prinz Tschun
seicht in die Reisekutschen.

Lr möchte keinen Zußfall thun
Und nicht auf Knieen rutschen.

Ach, lieber Tschun, bist Du denn so
Zn der Kultur zurücke?

Bei uns war' mancher seelenfroh,

Beglückt durch solch' Gebücke.

Bei uns kriecht mancher auf dem Bauch,
Im lieben deutschen Lande.

Ach, lieber Tschun, thu Du's doch auch!
Das ist hier keine Schande! »r. «.

Kaiser uricl Kauer

In Hjertoy (Norwegen) spielte jüngst der
achtzigjährige Bauer Christian dem Deut-
schen Kaiser zum Tanz auf, und der Kaiser
tanzte. Kurze Zeit darauf aber drehte der Kaiser
die Drehorgel und der Bauer tanzte. Gewissen
Zeichendeutern und Handelsvertrags-Politikern, die
in diesem schlichten Borgang eine symbolische Hand-
lung erblicken, sei insgeheim verrathen, daß nur
die erste Hülste stimmt.

Der Kampf in Kom

„Und der Mensch, der Mensch ist kein Croat,
Er lebt nicht alleine vom Salat!"
riefen in Rom die entrüsteten Dalmatiner Priester
und stürmten das OvIIsAiam Uieronxmianum. Der
Papst aber liest sie durch ein Brave wieder hinaus-
werfen, und die italienische Regierung schloß-den
streitbaren Männern Gottes die Thüre vor der Nase
zu. Ein römischer Lazzarvni, der zuschaute, sagte:
„Da geht's ja zu wie unter den Christen
i n Jerusalem!"

kiunstgespräck

Privatier Puder (am Stammmtisch):
„pörts ma auf, mit'n Prinzregententheater! A
Maß Bier siebzig Pfenning! Da kost't ja a Rausch
mehra wiea 's Billet!"

Tschun: „Ja wissen S', i schiel a bißl, und a
Lhines' darf an Deutschen doch JOOO Jahü
lang nimmer krumm anschaun."

Zur gefl. Beachtung!

Aktuelle Beiträge müssen spätesten? Mittwoch vor-
mittag in unserem Besitze sein, um nock in äer
neuen stummer, die in der nächftfolgenden Woche
erscheint, veröffentlicht werden zu können.

Das Titelblatt dieser stummer ist von "Fritz
August von Kaulbaeb (München).

Rf. 39 bringt als Titelblatt: „ßentaut“ von
Arnold Bäcklin.

Rr. 40 erscheint als „Münchner Nummer" mit
Titelblatt von Angelo dank („Münchner Kell-
nerin") und künstlerischen und literarischen Bei-
trügen von Sulius Diez, Max Feldbauer, Walther
Seorgi, Paul Rieth, H. Schhmidhammer, Fritz
v. Ostini, Benno Rauchenegger, 3. B. Sailer u. a.

Lin Zukunftsbild: Lskimo's in Berlin

Beim Empfang des Sühneprinzen sollte ursprünglich strengstes chinesisches Hof-Zeremoniell mit obligatem Kotau znr
Anwendung gelangen. Konsequenterweise trägt man sich, wie wir erfahren, in maßgebenden Berliner Kreisen mit der Absicht, die Auf-
wartung fremdländischer Missionen nur mehr nach der betreffenden Landessitte entgegenzunehmen.