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Nr. 48

JUGEND

1901

F)cnrik Ibsen

Die graue Welle plätFchert müd'

Segen die zackigen Klippen.

ITlit halbgeöffneten hippen

flthmet fchwer

Das träumende Hleer

Und fingt ein düftres Sterbelicd.

Cräg und bleiern
hiegt es da
Fern und nah.

Sn fahlen riebelfcfileiern,

Wie eine blaffe flenne,

Wandert die Sonne
Crüb und bang
Den Fjord entlang
Zum Untergang.

Doch wie fie in die Fluten zifcht
Und langfam ihre Flamm’ erlischt,

Da lieh! Roch über flacht und Cod
So warm und roth,

Gleich einer rofenbekränzfen Stirn,

Erglüht der schneebedeckte Firn.

ßeila! Da hebt der Wind die Schwingen,

Und der Hebel reiht
Entzwei,

Die tanzenden Wellen fingen,

Und über den jauchzenden WaFfern kreist
Die Hlöve mit schrillem Schrei.

Und der FöhnFturm braust
Um das morsche Gebälk
Und rüttelt die alten Sparren.

Seine sehnige Fault
Zerzaust,

Was welk,

Und es klingelt die Schelle des Harren...
Und fein hachen gellt
Sn die sterbende Welt,

Und es klingt wie girrendes Geigen,

Und fie reihen, vom wirbelnden Taumel gepackt,
Die Kleider vom Lteib und tanzen im Cakt
Entgegen dem ewigen Schweigen . . .

Und es ruht der Sturm, und tief und schwer
flthmet das schlummermüde Hfeer,

Und die Sterne am Bimmel schlafen,

Und über die rauschenden Woher her
Huf schwarzem Boot
Rudert der Cod

fiinein in den stillen Baten. €d9ar Sf{jger

ß. Heldrich (München)

üra-ürarara!

von Jonas Eie

/Ws war einmal ein junger Bursch, der hieß Carelius. Er
»Li war voller Einfälle und Thorheilen, benahm sich seltsam
und war nicht so wie andere.

Er hatte eine Trompete, und ans der blies er, auf daß
die Leute kommen sollten und sehen, wenn er etwas recht Seit
sames zu Stande gebracht hatte, lind sie ströniten von den
Gassen herbei, Bursche und Mädchen, Junge und Alte.

Tra tra — la — In — ra ra rn.

So hatte er es eingerichtet, daß aus einem Wegpsahl Trink
Wasser herausfloß, und den Bach dazu gezwungen, daß er mit
einer Holzkeule Wüsche stampfte, und einen Weiterhahn zum
Krähen gebracht.

Als er aber den Einsall bekam, Taue aus Hanf zu machen
und für einen Schilling zu verkaufen, und als die Schillinge be-
gannen sich in Thaler zu verwandeln, wurden die Leute sehr
zornig.

Er nähme den Händlern ihren Verdienst, sagten sie. lind
dann einigten sie sich dahin, daß keiner bei ihm kaufen sollte.

Nun hätten sie nichts, um heirathen zu können, klagte die
arme Calla. Sie war seine Braut, und sie hatten gedacht, mit
dem Tauhandel anzufangen.

„Das ist gleicii!" sagte Carelius. „Ich habe eine Trompete:
wenn ich aus der blase, werde ich die ganze Welt erobern!" —

lind „Tra tra trara rata" blies er.

Nun wollte er heirathen. Sie sollten es in der ganzen
Stadt hören.

lind hören thaten sie es und ärgerten sich furchtbar. Sie
konnten sich nicht erklären, woher die beiden armen jungen
Leute soviel Schillinge habe» sollten, als für den Pfarrer nöthig
waren, geschweige denn genug zu Hochzeitsstaat und Hoch
zcitSmahl.

Aber große Neugier entstand.

Sowohl Hohe, als Niedrige, Junge, als Alte versammelten
sich im Wirthshause, wohin, wie sie wußten, das Brautpaar
von der Kirche kommen und die Hochzeit feiern ivollte.

Und während sie da warteten, bestellten einige Bier, andere
Wein, so daß bald große Lustigkeit und lauter Jubel darüber
herrschte, was sie nun Neues von Carelius zu sehen bekom-
men würden.

lind mie die Zeit verging, bestellten sie immer mehr, und
die Heiterkeit wurde größer und größer.

Aber während sie von der Hochzeit schwatzten, begannen
sie, auch hungrig zu werden, und so beschlossen sie denn, die
Neuvermählten dadurch zu necken, daß sie Alles in Stand setzten,
ehe sie noch da waren.

Sie legten ein Tischtuch aus den längsten Tisch, der zu
finden war, und setzten die feinsten Teller, Gläser, Schüsseln
und Blumenvasen, die der Gastwirth besaß, daraus.

Dann überboten sie einander, wie auf einer Auktion, daß
es ein rechter Spaß werden sollte. Und es kam Wein und
Lachs und Kapaunen-, Wild- und Fasanen-Braten, Silber-
und Goldgeräthe. Rebhühner und Hahnenbeine in Sauce und
Apselsinen und Weinercme und Eingemachtes und Aepsel und
Pfirsiche in Gelse und Feigen und Weintrauben und Marzipan

Diesc Narrenspossen nahmen kein Ende, und als sie zum
dreißigsten Gericht gekommen waren, erschien daS Brautpaar

Da hatten die Mädchen gekichert, Ring und Brautkranz und
Schleier beschafft und der Braut das feinste Seidenkleid mit
langer Schleppe angezogen, bevor sie eintrat.

Als die Thüre vor ihnen weit ausgerissen wurde, setzte
der Bräutigam die Trompete an den Mund und blieS: „Tra
trara — traiera — tra", so daß es an den Saalwänden wider-
hallte.
Register
Jonas Laurits Idemil Lie: Tra-Trarara!
B. Heldrich: Zierleiste
Edgar Steiger: Henrik Ibsen
 
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