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Nr. 51

JUGEND

1901


eitttäUSChUttfl Max Hagen (München)
„Nun trete icf schon seit JO Jahren energisch für die
freie Liebe ein, aber Reener will mir!"

man den Dichter gern ansehen möchte, jucht „sei-
nen" Schalter. Endlich hat er ihn gesunden.
Mit dem lehten Rest von seelischem Gleichmuth
geht er heran, und mit fester, beinahe schon männ-
licher Stimme, sagt er da die zwei Worte: „Pe-
gasus 84."

Ein Meer von Hoffnungen wirbelt durch sein
Gehirn. Jetzt muh es sich entscheiden. Ach, er
ist ganz ruhig, es muß ja genommen sein. Es
sind ja schon viel schlechtere Sachen genommen
worden, schon viel schlechtere. Und wenn es
dann gedruckt ist: ,Einsam. Ein Chklus von
Liedern. Von Christophorus Hannes Pappte',

— und wenn sie es dann sieht-ja, er ist

etwas, er kann was und —

„Bitte, hier."

Ein Packet, ein dickes Packet. Wie ein Held
nimmt er es in Empfang. Er weih, es ist sein
Cyklus. Er öffnet das Couvert. Ja, es ist der
Chklus. Und dabei ein Brief. Zwar nur ge-
druckt: „Wir bedauern, von Ihrem freundlichen
Anerbieten keinen Gebrauch machen zu können."

Lange steht er noch sinnend vor dem großen
Briefkasten für Waarenproben. Dann wirst ihn
Jemand sreundschasllich heraus. Der Schalter
,Hauptpostlagernd' wird geschlossen. Christo-
phorus Hannes Pappke hört es: ein hähliches
Rasseln. --

Er wird noch oft unter „Pegasus 84" schreiben
und noch Manches zurückerhnlten. Ein Redakteur
ist mihtrauisch gegen hauptpostlagernde Mitarbei-
ter; auherdem aber verabscheut er die hauptpost-
lagernden Autoren wegen ihrer oben geschilderten
Unsittlichkeit. . .

Ich glaube bestimmt: wenn ich diese Geschichte
anonym unter der Rückadresse,Hauptpostlagernd'
eingesandt hätte, wäre es mir genau so gegangen,
wie dem Kollegen Pappke.

Dah hierin eine Moral liegt, wird jeder Ge-
sinnungsgenosse Pappkes begreifen. Z.

dJSt®

I^uncUljmk

von ßaesar
Ignorabimus

Alles, was der Menschen Kerzen
Kälter oder wärmer macht,

Hohe Freude, herbe Schmerzen,

Süße Lieb' in Mondesnacht —

Kann auch durch die Hundeseele
Leise ziehen, tief empfunden,

Und der Thor nur glaubt, es fehle
Lin bewußtes Selbst den Hunden.

Ja, wir leben und wir fühlen
So im Kampfe wie im Kusse
Liner Seele heißes Wühlen,

Und wir haben auch zum Schluffe

Dinge, die wir nicht begreifen,

Gb wir noch so sehr uns quälen;

Und mit eingezognen Schweifen
Müssen wir davon uns stehle».

Missmut!,

Ach, mein Herr macht mir Beschwerden,
Immer muß er keifen, keifen,

Fängt es an, wo schön zu werden,

Immer muß er pfeifen, pfeife».

kikersucbt

Der dürre Windhund, der bleiche,

Der hat mir die Liebste geraubt,

Diana, die süße, weiche,

Und sie, sie hat ihm geglaubt!

Dort hinter dem Fliederstranche,

Da war das Stelldichein,

8)4

Da sah mein thränendes Auge
Die Treuvergeff'nen zu zwei'».

Kann ich den Windhund ertappen,

So platzt's, was in inir gährt l
Ich beiß' ihn in die Lappen,

Daß er zum Teufel fährt.

Vivisektion

Thät da so ein Physiologe
Drüben in der finstern Bude,

Eine Speichel fistel machen
Meinem Nero! Ach, der Gute!

Wie er blutete, der Aermste!

Und dann flickt man ihn mit Seide.

Als er mich erblickte, heult er!

Läsar, sieh', wie sehr ich leide!

Und ich wollte meinem Herren,

Der uns liebt, an's Herz das legen
Und ich dacht', er würde schelten —
Doch er sagte nur dagegen:

Theurer Läsar, als ich jung war
Und Student noch, mußt dn wissen,

Kat man mir die Speicheldrüse
Gleichfalls öfters durchgeschmissen.

6SZ3)

JuristcnUtein

(Cum grano salis zu verstehen!)

gratis — der Referendar
oben tugaces! — der Staatsanwalt
quousque tandem ? — der Rechtsanwalt
ultima ratio — der § 360 “ des Strafgesetz-
buches

terra incognita — das bürgerliche Gesetz-
buch

carmina non prius audita — der Geschwo-
renenspruch

labuntur anni — der Rathscharakter
nunc est bibendum — der Gerichtshof zieht
sich zur Berathung zurück
fiat iustitia — der Kerl wird verknackt!

Kindermund

Die kleine Lilly soll nächstens in die
Schule kommen. Da tritt sie mit ernster
Miene zur Mutter und fragt: „Meinst Du,
Mama, ich solle jetzt erst den Herrn Huhn
heirathen (£jerr Huhn, ein Bekannter der
Familie) oder soll ich erst in die Schule
gehen?"

Der junge Lhemiker spricht mit seiner
Wirthin über Bacillen. Da mischt sich der
kleine Sohn in die Unterhaltung und fragt:
„Wie sehen denn die Bacillen aus?" Ach,
die find so klein, daß man sie gar nicht
sehen kann, belehrt ihn der Lhemiker. Ganz
erleichtert ruft der Kleine aus: „So, jetzt
weiß ich auch, was mich oft so beißt und
wenn ich hingncke, so ist nichts da."

Durch die Blume

Bauer (der einem Maler längere Zeit
zusieht): Watt moken Se egentlich mit de
Biller?

Maler: Die verkauft man an Leute,
die ihre Freude daran haben.

Bauer: Und wenn sich tut so een »ich
findt?

Maler: Dann hänge ich sie in meine
Stube!

Bauer (nach einigem Nachdenken)'
Na dann möden Se ober de Stuv vull
Biller hebben.
Register
Caesar: Hundelyrik
Max Hagen: Enttäuschung
[nicht signierter Beitrag]: Durch die Blume
[nicht signierter Beitrag]: Juristenlatein
[nicht signierter Beitrag]: Kindermund
 
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