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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 7.1902, Band 1 (Nr. 1-26)

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Nr. 20
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Nr. 20

(Redaktionsschluss. 6 Mai 1902>

D *

»Schutz des 3iarfhales<i

j[n München hat sich ein Verein gegen die ver
schandelung der umliegenden Raturschönheiten gebildet

Italienische Eroberungspolitik

Nach dem bunten Falter dort Vor die eignen süsse dicht,

Schaut er aufwärts immerfort. Ja, da siebt der Bursche nicht!

(In Italien werden jetzt überall Massenversammlungen veranstaltet, in denen gegen die Absicht der Regierung,
eine Lrpedition nach Tripolis zu unternehmen, im Hinblick auf die im eigenen Lande
herrschende Roth entrüstet protestirt wird,)

Von Lorä Roberts,

welcher zur Zeit die warmen Bäder von Wiesbaden
gebraucht, ist uns ein Brief auf den Redaktivnstisch
geflogen, den er an feinen Freund Jod Chamber-
lain gerichtet hat und der folgendermaßen lautet:
Deai- Joel Ich bin seit einigen Tagen hier und
ivill Dir über meinen Anfenthalt gern einiges be-
richten, Bor allem: ich bin recht zufrieden. Man
kommt mir mit großer Wärme (150° F) entgegen.
Die Leute haben eine große Sympathie für uns
Engländer und bezeichnen manches mit Ausdrücken,
ivelche ein durchdringendes Berständniß für uns
und unsere Eigenthümlichkeiten bekunden. Zum
Beispiel: Etwas recht Rohes nennen sie „Englisch";
wenn einer recht lügt, sagen sie „er kitchenert";
bekommt Jemand Prügel, so heihts: „es methuet
nichts" und will man seinem Feinde einen be-
sonderen Schreck einjagen, so sagt man: „Dich
soll gleich der Chamberlain holen," Auch
das Land an sich ist schön und wäre für einen
Krieg wunderbar geeignet. Denn es gibt hier so
viel zu verbrennen, daß unsre Tommys viel; Jahre
damit zu thun hätten, und dabei haben die Leute
einen solchen Idealismus, daß sie das Wieder-
aufbauen gar nie verlangen würden. Im Gegen-
theil! Sie wehren sich sogar dagegen, da sie große
Liebhaber von Ruinen sind. Ich habe erst gestern
eine besucht, in Heidelberg — (nicht zu verwechseln
mit dem in Transvaal gelegenen)—, wo ein früherer
französischer Kitschener einmal in geradezu vorbild-
licher Weise gearbeitet hat, und wo man jüngst da-
ran dachte, das Ding von Staatswegen wieder auf-
,-ubauen. Aber solltest Du es glauben! Ein Sturm
der Entrüstung erhob sich hiegegen und die ausge-
brannte Hütte muß stehen bleiben wie bisher. Wie
angenehm wäre so was für uns im Fall des Frie-
densschlusses mit den Buren. Wie steht es übrigens
damit? Die 1000000 Mark, die ich für die Beendi-
gung des Krieges erhielt, sind schon beinahe zu
Ende, der Krieg aber nicht — wie kommt das?
Ucbrigens muß ich leider jetzt einen Theil davon
hier sitzen lassen, denn die Aerzte hier sind gut,
aber unverschämt theuer. Jede Consultation kostet
mich 1 Cronje — 10 Mark, Auch so ein Wort,
das sich seit dem Krieg hier eingebürgert hat und
mich immer an Transvaal erinnert! Wie es über-
haupt viel ähnliche Worte hier gibt, z, B. Heidel-
berg (s. o.), Johannisburg, Berlin u, ähnl.
Auch „Spionskopp, Dummkopp u. drgl." höre
ich manchmal rufen: Die schlimmste Transvaal-
crinnerung sind allerdings meine Beine, die manch-
mal infernalisch brennen und mich schon zu dem

Nachdenken über die Frage veranlaßten, ob nicht
vielleicht das Gewissen in den Beinen sitzt? Wo
sitzt es bei Dir, Joe? Nun einerlei! Wenn die
Germans mich nur wieder gesund machen, dann
will ich nach dem Gewissen nicht mehr fragen. Un-
angenehm ist mir nur, daß die Hallunken dann
vielleicht mit dem verfluchten „Made in Ger-
many“ auch noch stempeln werden
Deinen

alten Freund und Feldmarschall
_ Roberts.*)

*) Soeben erfahren wir durch die Zeitungen, daß Lord
Roberts nicht in Wiesbaden ist. Desto besseri

Gottlob, nach allen den Vereinen,

Die schwarz sind oder roth kulört,

Zum erstenmale endlich einen.

Der auf die grüne Farbe schwört!

Gottlob, nach all' den Dunkelmännern,
Den Daller, Wörle u. s. f,,

Zum erstenmal von Licht-Bekennern
Lin freies, ungestörtes Wort!

Nach all' dem Streit der langen Tage,
Wie man die Schule schöner macht,

Zum erstenmale auch die Frage:

Wie man für Schönheit Schule macht!

Und nach den Zolltarifdebatten
Zum erstenmal ein Protokoll
Nur über dies: wie zu erstatten
Dem Zsarthale seinen Zoll!

Lin Hoch den tapfern Schönheitsrettern!
Lin Gruß der „Zugend" voll und laut!

Za, wehrt Luch nur, daß nicht mit Brettern
Nian uns die liebe Welt verbaut!

Daß nicht der Zsar Fluß-Tritonen
verstümmelt eine rohe Hand!

Daß nicht Banausen-Stämme wohnen
Zn dem Athen am Zsarstrandl

Laßt nicht verkleiden und verleiden
Die nackte Schönheit der Natur,

An der sich alle Augen weiden,

Uns von den Schneidern der „Kultur!"

Den Nibelungenhort der Berge,

Des Stromes Urwald-Poesie,

Laßt sienicht rauben durch die Zwerge,
Die rußigen, der „Industrie!"

Dann wird die Stadt im Zsarthale
Nicht nur „die schöne Großstadt", nein,
Dann wird sie ein für allemale
Die „große Stadt des Schönen" sein.

„Jugend“

öescbäftssorgen A' v‘ K,Mnyi (London)

„Goddam! So'n Pech! Jetzt, da ich eine Fabrik künstlicher Arme und Beine eingerichtet
habe, will Eduard um jeden Preis Frieden schließen!"

Herausgeber : Dr. GEORG HIRTH; Redaktion : F. v. OSTINI, Dr. S. SINZHEIMER, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICH. Für die Redaktion verantwortlich: Dr. S. SINZHEIMKR
G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämintlich in München. Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung, München.

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