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Nr. 22


Cehrjedicbt

was ’tt Hexameter is, hat mindestens seine S Füße,
wohinjejen der Pentameter häufig nur 5,

6 -j- 5 =,u, und solch ’n ll-füßiges verspaar

wird mit dem jriechischen Wort „Distichon" kurzwech benannt.

l)er „alle" Spartaner

Auf dem Tayjetus jagt er morjens de flüchtije kfirschkuh,

Mittags so jejen halb Zwölf trug er de Beute zu Thal;

Nu aber rin in de Kneipe un schwarze Suppe jelöffelt —

war se mal extra xiquefein, rief er: „fje!.. 6ä-.«rr»! — Mehr!"

Geschäfts-Praxis

„werd' ich eröffnen 's Geschäft mit'm großen Ausverkauf, pleite
Mach' ich baldmeeglichst und biet' 20 s/4 Perßent,

Werden fe ßetern de Glaib'jer — nu laß se! — se wer'n sich beruh'geni
Aißerstenfalls offerir' ihnen noch e perßent,

2; 3/4 Perßent is 'ne anständ'je Pleite —

Kommt dann ßustand der Accord, bin ich e hochfeiner Mannl

Studentisdie Reflexionen

Drischt man zu Drei'n in "der Kneipe in stundenhinmordendem Eifer
Scat um die Achtel, so kommt häufig gar wenig heraus,

Ja, so wenig oft, daß selbst das üsanciell zu berohr'nde

Kartengeld nur knappement durch den Gewinn wird gedeckt.
Anders bei „Lustiger Neun" auf der „Bude", — wenn da

man im Pech sitzt,

Pumpt man — sofern sie potent — schließlich die wirthin noch an,
wohingegen bei einigem „Schwein" es gar wohl mag paffiren,
Daß man am folgenden Tag löst auf dem Leihamt die Uhr.

__ O. 6. F)eitiricb

Spruch auf einer oberbessiseben Crube;

„Zrühling ist die schönste Zeit,

Da paaren sich Vögel und and're Leut'."

Mabre Geschicbte

Der „Rarapointnerloisl" ist sein Lebtag noch nie mit der Bahn
gefahren! kseut' aber soll dieses große Ereigniß eintreffen!

Sein Weib hat ihn getreulich bis zum Bahnhof begleitet und
steht nun mit ihm bei der Kaffe und beide warten der Dinge
die da kommen sollen. —

Der Beamte macht den Schalter auf und fragt den Loisl nach
seinem Begehr. „Dritte Karten af Melk!" verlangt dieser stolz.—
Der Beamte, der das Weib neben dem Loisl stehen sieht, fragt,
diesem die verlangte Karte reichend: „Bloß eine?" — Der
Loisl, die Karte verwundert zwischen den Fingern hin- und her.
wendend, fragt, den Kopf unter den Schalter steckend, mit devotem
Lächeln: „Bitt' schön, Herr, erlauben's schon, wo soll i eini —
blos'n?" Kali

Vom Schriftsteller,
der übermütbig geworden
von Msxim Gorki

S ist nicht gut, wenn ein Schriftsteller viele Ver-
ehrer hat, — gar nicht gut. Nur den Sumpf-
pflanzen schadet kein Ueberfluß an Feuchtigkeit, die
Eiche bedars ihrer nur mit Maß.

Da will ich Ihnen von einem Schriftsteller er-
zählen, der aus dem Wege zum Ziele plötzlich in
den Morast der Popularität gerieth und sich recht
komisch benahm, nachdem ihm die giftigen Dünste
des Ruhmes zu Kopfe gestiegen waren. Er war
ein gutmüthiger, aber nicht dummer Kerl. Darum
wußte er auch: es gibt in meiner Heimath kein Volk,
sondern nur ein Publikum, und dieses ist es, das
den Ruf der Literatur und anderer Künste schasst,
das Volk hingegen lebt sein eigenes Leben, kümmert
sich um seine Schriftsteller blutwenig, hat noch seinen

alten Herenglauben, hungert und arbeitet sein Leben
lang und ist dabei jeden Augenblick bereit, seine
ganze Literatur sammt den übrigen Lieblingskünsten
des Publikums für einen Scheffel Mehl hinzugeben.
Obgleich mein Bursche dies alles sehr gut wußte,
war es doch nur menschlich, (überdies sind ja alle
Schriftsteller etwas beschränkt), daß er an dem ge-
steigerten Interesse des Publikums für seine Bücher
Gefallen zu finden begann.. .

Von seinen Lesern erhielt er sehr schmeichelhafte
Briefe. So schrieb ihm Einer: „Du Talentvoller,
Du!" ... Ein Anderer: „Verehrtester" —, und ir-
gend eine gefühlvolle Leserin schrieb kurz und sinnig:
„Danke, mein Herzchen!" — als hätte ihr der Schrift-
steller Seide zur Blouse geschenkt...

Noch viele andere zarte Ausmerksamkeitsbeweise
erhielt mein junger Schriftsteller vom Publikum.
Doch der Teufel, sein treuer Gefährte, flüsterte ihm

zu: „Greif zu, blöder Thor — du hast es redlich
verdient. Wisse, du bist dem Publikum, was eine
junge Geliebte einem alten entnervten Greise. Mußt
dich auch nicht so bescheiden stellen, — weiß man's
doch nur zu gut: die Schleie läßt sich gern in der

Sahne braten, — und der Schriftsteller-he,

he, he — am Herdfeuer des Ruhmes räuchern." —
Nach und nach gewöhnte sich mein Held an das ihn
umschwärmende Publikum, das ihm Beifall klatschte,
sobald er sich zeigte. Bald wurde ihm dieser Lärm
jo unentbehrlich, wie dem Trunkenbolde der Schnaps.
— Als er sich einst an einem belebten Orte befand,
umringte ihn unvermuthet eine Menschenmenge,
schnitt ihm den Rückzug ab, daß er nicht flüchten
konnte, selbst wenn er es gelvollt, klatschte jubelnd
in die Hände und schrie: „Bravo — bravo—0—0."
Selig lächelnd stand er inmitten der ihm Zujauchzen-
den. Ein wohliges Gefühl überkam ihn, er glaubte

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Register
Arthur Langhammer: Versuchung des heiligen Antonius
Maxim Gorki: Vom Schriftsteller, der übermüthig geworden
Otto Eugen Heinrich: Distichen
Nazi: Wahre Geschichte
 
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