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1902

Nr. 28

. JUGEND «

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Weltchronik der „Jugend"

auch die Hitze noch so schroff,

Der Chronik fehlt es nie an Stoff:
oUr's Erste sei hiemit betheuert.

Daß man den Dreibund hat erneuert,
Der wieder auf ein Dutzend Jahr'
gesteht, so wie er vorher man
Das Reuersteh'n von diesem Bund
Erfreut auch uns im Herzensgrund,
jedoch, daß aus der Haut man fährt
^or Freude, ist der Fall nicht werth,

Und auch ein Bein sich auszureißen,

Das thäte Uebertreibung heißen —

Wir schreien uns nicht einmal heiser! —

Qü Barmen, da ward unserm Kaiser
•'n. einer Ruhmeshalle jetzt
^e>n erstes Monument gesetzt.

Er hat's bei Begas selbst bestellt;

D>e Barmer hatten blos das Geld
s2u Zahlen Begas für sein Werk. Lr
verlangte 2(5,030 Märker. —

Jn Würzburg macht die alma mater
?em Herrn von Land mann schweren Kater:
bekanntlich hat den Professoren
Der Herr Minister Haß geschworen
und wo er dieses irgend kann,

Da rempelt er sie lustig an.

Oeüoch zu Würzburg, der Senat,

^en machte er nun desperat,

Behauptend, dieser sei befangen
st") Zalle Chroust jüngst vorgegangen
^no ohne objektiv zu sein.

k^'vLZ e z a i ch n et!

5 steckten sie denn doch nicht ein.

,,'e wehrten sich und hauten wieder
und legten ihre Aemter nieder.

?chrnirt nun steht der Herr Minister,

^e>n Dasein, das wird immer trister,
u'E. ^uft erscheint ihm etwas schwul
und wacklig sein geliebter Stuhl. —
i"e Kammer Bayerns, die so leicht
Das Wichtigste mit Wollust streicht
uon dem Ltat, hat unbeklommen
uetzt einen Antrag angenommen,

Daß ein Homöopath — wie toll! —
I>er einen Lehrstuhl kriegen soll!
um Lude gibt's in spätern Tagen
ne Professur für Kartenschlagen
und einen prosessorentitel

Sympathie und Wundermittel,

Die Wissenschaft, gesund zu beten,

Und aus den Universitäten
Wir- schließlich über Herenwesen
und Lottospielen auch gelesen!
ouleht wird noch für Alchymie,
Ehiromantie, Astrologie,

Ein Herr Professor hier ernannt —

Wie bist Du glücklich - Bayerland! —
jndes wir über das Gesindel
Das jenen Humbert-Crawford-
^ Schwindel

Frankreich ausgeheckt mit Listen
Sn Deutschland sittlich uns entrüsten,
^>bts wegen ähnlicher Exzesse

uns daheim gleich drei Prozesse:

Ld? sind die Landen und Gefährten,

Und der Direktor, Lrner schreibt sich
Der Mann, von jener Bank in Leipzig,
Und Drittens ein besonders Schlauer
In Breslau, der Herr Paul Breslauer.
Kurzum: Wir Wilden da herüben
Sind bessre Menschen nicht geblieben.

Bei uns ist gleichfalls Manches mieß
Und Deutschland auch kein Paradies!

(Dies wag ich kecklich hier zu sagen
Trotz — einer Rede dort in Aachen!) —

In Wien, da spielte Richard Strauß —
Doch keineswegs im Dpernhaus.

Lr that sein schönes „Heldenleben"

Im Prater dort zum Besten geben
Und nebenbei die „Feuersnoth" —

So geht die Kunst ums liebe Brot!

Denn, wär das (Opernhaus auch feiner —
viel besser zahlt der Gabor Steiner! —
Auf der bekannten Lisenbahn,

Die fährt von Bozen nach Meran,

Da stellten sie in vilpian

'nen weiblichen Stationschef an.

Die Bahn von Bozen nach Meran
Ist sonst in vielem hintendran
Und gar nicht frei von Schlendrian,

Jedoch mit dem, was sie gethan
In diesem Fall, ist sie human,

Die Bahn bricht einem Fortschritt Bahn
Und bricht mit einem alten Wahn! —

5n Lngland ward der süße Mob
n vielen (Orten wild darob,

Weil wegen Edwards Krankheit dorten
Der Krönungsschmaus verschoben worden.
Sie griffen nach dem Pflasterstein
Und schmissen viele Fenster ein
Und machten sonst noch arg Skandal —
Das Volk ist nämlich sehr loyal
Und seine Liebe nicht gering
Iu seiner tzusen und seinem King:

Doch ward ein Beefsteak ihm verfprochen.
Worauf es sich gefreut seit Wochen
Und kriegt's das nicht — blos, weil nicht wenig
In Schmerzen liegt fein armer König —
Dann fängt der treue Unterthan
In Heller Wuth zu rasen an!

Herodot

2 ohlen ffiuf Brudec 0esferrajeher!

S

Die Hbgeordneten-CdaUfabrt

Die

m Berlin verhandelt werden,

ÜVgienlsches

„Ja, Herrgott, was ist denn da los?"
„Da is heint a Vortrag üba Higiäne.

467

A. Schmidhammer

Qn Wien fand kürzlich eine Lonferenz klerikaler
Reichsrathsabgeordneter statt, in welcher beschlosten
wurde, im Laufe des heurigen Papstjubila'umsjahres
eine Abgeordneten-Wallfahrt nach Rom
zu veranstalten.)

Es zieh',, nach Asm in geschlossener Reils,
Ein Anblick, wahrlich zum Male»! —

Im Jahre ZS02

Aus Wien die Herrn Tlcrikalcn.

Sic wandern in der gläubigen Schaar
Der fromm andächtigen Beter,

Zu bringen dem Papst ihren Glückwunsch dar
Als deutsche Volksvertreter.

Dort steigt den Herren wieder das Blut,
Sic glühen von neuen Thurm,

Sic holen in Ro,n sich wieder den Muth,
Das deutsche Volk zu verrathen.

Trara

Streiflichter der „Jugend"

Äm 13. August dieses Jahres soll inCsatad,
wo vor hundert Jahren Nikolaus Lenau geboren
wurde, das Siandbild des melancholischen Pusicu-
dichters enthüllt werden. Natürlich lassen es sich
die Deutschen in Oesterreich und jenseits der schwarz-
gelben Grenzpfähle nicht nehmen, „dem Magyaren",
der in deutscher Sprache dichtete, an seinem Ehren-
tage ihre Huldigung darzubringen. Darüber große
Entrüstung in der ungarischen Presse, in der seit
einer Reihe von Jahren schon der ritterliche Geist
des weltberühmten Grafen Mikosch spukt. „Wir
sind darauf vorbereitet," schreibt der „Budapesii
Hirlap," „daß anläßlich der Weihe des Denkmals
unter dem Vorwände einer literarischen Feier das
fremde magyarenfresserische Literatengesindel einge-
schmuggelt werden soll, das unter dem Titel eines
Ausfluges des Alldeutschen Verbandes nicht in's
Land gebracht werden konnte." Und dann verlangt
das patriotische Blatt vom Dcnkmalausschuß, daß
der deutsche Dichter in einer magyarischen
Rede gefeiert lind das Denkmal eine magyarische
Inschrift erhalten soll. — Wie gut, daß Nikolaus
Franz Niembsch, Edler von Strehlenau, seit 52 Jahren
unter der Erde schlummert! Er müßte es sonst
theuer büßen, daß er seine „Zigeuner" und seine
„Haideschcnkc" in deutscher Sprache zu dichten wagte.
Ja, wer weiß? Man hätte ihn vielleicht um dieses
hochverrätherischen Treibens willen an seinem Ehren-
tage in den Kerker gesteckt, wie jüngst den Redakteur
Korn in Großkikinda, der in seinem deutschen Blatt
ein Protestgedicht gegen die Unterdrückung der deut-
schen Sprache veröffentlichte. Doch nun, er tobt ist,
spielt man ihm zu Ehren den Rnkoczymarsch und
schreibt seinen Namen in ungarischen Lettern auf
den Sockel des Denkmals. Wär' es da nicht ge-
scheiter , wenn die ungarische Regierung Lenau's
Werke durch einen Redakteur des „Budapesii Hirlap"
schnell in's Ungarische übersetzen und alle deutschen
Ausgaben noch vor dem 13. August anskaufen und
einstampfen ließe? Das wäre doch der aller-
beste Pli tosch w itz! Hart v. 8.
Register
Arpad Schmidhammer: Hygienisches
Monogrammist Hammer: Österreich-ungarischer Ausgleich
Herodot [Pseudonym]: Weltchronik der "Jugend"
Trara: Die Abgeordneten-Wallfahrt
Karl v. S.: Streiflichter der "Jugend"
 
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