GloSSSII Hans Fritsch (Dresden)
Lude: „Et >s doch komisch; je alter die Offiziere im Rang sind, desto kleener ,'s der Mützenschirm!"
Ede: „Na, weil sich bei den Alten der militärische Horizont erweitert und ihnen die Oogen uffjehen!"
So betitelt sich das neueste Werk V- Ä'die
ld.sten Kamen wir me verrachen werden!), welch verbrauchten Sujets
Lyrik, obwohl die Kritiker immer von „abgeleierten n > ''( Unö in &cr Thal!
«• f. f. sprechen, eine ganze Anzahl empfindlicher^ angefangen hinauf bis zu
w.r die deutsche Lyrik von Walther von der.vog sogenannten schonen
Richard Schaukal verfolgt, wird finden, daß i» srofimuth, De-, weh-, An-
und edlen Triebe. wie Treue, Tugend. Wahrheitsliebe. S » anderer min-
und Sanftmuth verherrlicht werden, daß aber kein I
„Lücken in der üyrik"
bestens ebenso besingcnswerther Triebe und Eigenschaften, wie der Faulheit, der
Frechheit, der Zudringlichkeit, der Unverschämtheit, des Stumpf-
sinns, der Verlogenheit, der Rohheit, der Feigheit u. f. f. angestimmt
wird. Um diesem fühlbaren Mangel in der deutschen Lyrik abzuhelfen, hat be-
sagter Dichter den Entschluß gefaßt, durch eine Anzahl von Dden und Hymnen
diese so stiefmütterlich behandelte Seile des menschlichen Gemüthes in. die Dicht-
kunst einzuführen.
Wir geben hier eine Probe:
<D Faulheit \
Airbetend knie' ich vor Dir
Im Staube, eilt
Staubgebor'ner
Und stammle Worte der
Verzückung,
Zu Dir, o ewige
Weltendnrchwandelnde
Faulheit! l
Du gehst durch die finsteren,
Schmutzigen Straßen —
Und stehe l Dcitt Ruf, er dringt
Ins Soutcrrainlokal,
Wo der sechsfache Vater,
Bedrängt von Elend,
Im Kreise der völlig
verkommenen Sprossen
Und der keifenden Gattin,
Berauscht von Deiner
Belebenden Gegenwart
Und von etlichen Schnäpsen
Hingestreckt auf's Bett
Seinen einzigen Trost
Findet in Dir,
Ä Faulheit I
Lobkynine an die faulbeit
Du schreitest mit Deinem
Ehernen Schritt
Dnrch's Bureau, das der Ehef
Soebctl verlassen.
Und siehe, sie ahnen
Dein Rahen noch kaum,
Da geht's wie ein Schauer
Plötzlich durch alle
Die Sessel urld Pulte,
vom ersten Buchhalter
Angefangen
Bis hinunter zum letzten
Eomptoiristen.
llnd von heiliger Scheu
Die Brust durchbcbt,
Sinket! sie hiti,
Einer genau wie der andre
Und gähnen mit wahrer
Begeisterungswnth
Zn Deinetn Ruhme,
6) Faulheit!
Doch was sind all' die Bpfcr
Der Dir huldigend dienenden
Ucbrigrn Ulenschheit
Gegen den Zauber, deti Deitie
Holdselige Macht
Ausnbte seit je
Auf das leicht empfängliche
Freihcitsgcmiith des
Musenjüngers,
Der die Pforten der Aula
Zumeist von außen
Betrachtet, in stiller
Verehrung für Dich,
Akademische Faulheit!
Und wer ist so kühn,
Daß mit frecher Stirn
1902
Nr.
29