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JUGEND

Nr. 29


Emmh Wunderkind, sechs Jahre und drei
Monate alt, Tochter eines geheimen Rathes, schreibt:
„Gecrrtc Netaction!

Obwoll ich nichd vill Zeid iibrich habe, da ich
jeeden Dag zehn Stunten schrielldschtelerisch tättig
bi», so habbe ich inirr doch entschlohsen, innen eine
Außgunst zu gäben. Ich schreibe haubsüchlichst Ro-
manne, Noscllcn, Tramen, Ebosse und Getichte. Ales
andere is bei mir nur blohß Nebenßache. Aus meine
Bonc Hab ich schon zwei Romanne gemacht, was
serr gelnnken sint, Si is nemlich so snhrchtbar sräch
mid inirr und had gar gcinen Resctwekt vor mir,
Mid Borlibe beschestiche ich mich mid Frauen-
emansibazivn. Ich bin» ganS eNdschiden davir.

Die Mähnner sint gemeine Kerl». Ei fragen mich
and), geerde Retaction, waß ich von unsere Glasiker
halte. Der zweidc Dell Von Faust is gutt, da iS
ein Banken von Geist daörin», aber dag andere iS
nles ganz ßeicht: dag kennen Si mir klauben. Ich

verpleipe mid besten Brisen irre
' Emmi) Wunderkind,"

Ein noch etwas jugendlicher Wiener Schriftsteller,
der viereinhalbjährige Schani (Johann) Gottesgnad,
änszcrt sich in folgender intereßanter Weise:

„Liabe Radaction!

I knmm leider erseht heit dazna, daß i Ihna
Ihr'» Zcdel benntwnrt' — iveil i leider erseht gestern
die legten zwa Bnchstob'n von Alphabet g'lernt hob'.
Weg'» den, wos mi srog'n, so theil i Ihna mit,
dag 'ü Dichten bei mir scho ganz guat geht, aber
's Schreiben macht m'r no tamiicb viil Schererei
wcg'n die blod'n Buchstab'n. I bin hauptsächlich
Volks- und Milä-tsoll wohl heißen: .Kilieu-?) Dichter,
Aber i mach na andre Sachen, wann i g'rad Zeit
hob'. Die Konkurrenz in unserer Brausch is jo
niitimer scheu. In unser» Haus allan san drei
Dichter, zwa Komponisten, vier Biildhauer und sieben
Maler, von dv i olle der älteste bin, Drum bin i
froh, daß i 's Dichten scho vur an Iohr ang'sangt
hob', wo kämet ma denn snnst hin bei derer Kon-
kurrenz'? lieber d' modernen Schriftsteller kann i
nix sog'n, weil i no nix g'lesen hob' , . , Ubers 's
Papier von de Büchel» iS gonz scheu.

Lebens wohl und saus grüatzt

hochachtungsvol

Schani GotteSanad,

Wiener Volks- und Milädichtcr."

Hbsolvia i

lgenv, dies frische Leben,
lt akademischen Zrciheit gegeben!

,r ihr die Welt.

' fragt, was fie kostet, auch ohne Geld,
r leistet das Höchste beim schäumenden Bier

ei's sanier! Paa‘ Rieth (Münchcn)

Und klopft nicht vergebens an Mädchens Thür
Am wenigsten Sorge macht ihm die Wahl:
Db Jurist, oder Arzt, oder Gardinal.
vorerst ist nur Trinken und Lieben

von all seinem Wissen geblieben.

Iosephine Mestermayer

Zum Schluß noch ein Telegramm eines sechs
Monat und dreizehn Tag alten Säuglings:
„Soeben Zuschrift erhalten — meine literarische
Thätigleit vorlünsig Kritik. Eben mit Gegenschriften
zu Nietzsche und Shakespeare beschäftigt. In Bezug
auf Moderne vertrete Standpunkt unbedingten Sich-
aus-lebens. Unversöhnlicher Gegner der Ehe. Um-
sturz erforderlich.

Gruß

Fritz Musensauger."

^ugenälicke Vieler

berichten allen Ernstes von einem zehnjährigen Mädchen,

. —men Je Champmognat, welches»bis jetzt nicht weniger als sUNs

Theaterstücke versaßt habe. Von den Stücken heißt eines: „La nourrice , ein
anderes: „l’avocat“, ein drittes gar: „Quand l’amournous tient, l’amitiö
l'eui sog groits." Carmen erklärte einem Interwicvcr, „daß sie zwar die sran-
»plüchcn Klassiker gelesen habe, sich aber von ihnen nicht beeinflussen las>e.
, sie verfolge eine moderne Und zugleich pessimistische Richtung

in der Literatur. ciicbenBeweis liefern»

Da diese Aeußerungen einer zehnjährigen Duhtern den "t^,^^ ,,,'„„dschrciben
wie bald sich heutzutage das Genie zu entfalten b°^nt, habe, gerichtet

an sämmtliche lebenden deutschen Dichtervon zeh11 ure ,iicte und Ansichten
mit der Bitte, uns über ihre schrNtstellenichen Lc \ .1' rjn^ uus eine Unzahl

«ber die Dichtkunst Auskunft zu geben. Aus untere ft‘^Sen.
öü" Zuschriften zugctommen, von denen wer hur Berliner Tischlermeisters,

Der achtjährige Kurt Frühreif, Sohn eines Berliner -M

schreibt: ,

„Sehr jeehrte Redactron!

Ick sais' ns de janze Moderne! Ick bm viel-
er will, ick sollt' anständig' schrei wen un lesen ler en. -lber ha Schiller

eicht nöthig? - Ick Hab' schon 'ne janze Kille voll mit fünf tu - Da hab'n
's A'»ll inid Ioethe is ’u jroßer Schmarrn, nur ich b>» " Iverinenic,

Se mein ProjrccNiNl.

Ergebenst Kurt Frühreif, „

Dichter, Schenie und Jbcrnrensch-

h8s

Paal Rieth

Standesbctvnßtsei»

„Na, Herr Kadett, jetzt ist ja wieder ein Offizier Eisen-
b a h n m t n i st e r geworden."

- ..Sie sehen, wir können alles."
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[nicht signierter Beitrag]: Jugendliche Dichter
Paul Rieth: Standesbewußtsein
Paul Rieth: Illustration zum Gedicht "Absolvia sei's Panier"
Josephine Westermayer: Absolvia sei's Panier!
 
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