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Nr. 30



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EinLsndmannjjinijauf dunkletnPfaö,
Unövjesl vom rscbtenlkleZertrak,
Isterxm schwa 13^0 PIersoffen.
Wir wollend hoffen.

R + J + P +

SNsch.

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Bayrisches Martert

Sandmanns Abschied

(Frei nach Schillers „Jungfrau von Orleans)

Lobt wohl ihr Hauser dos geschwatz'gen Landtags,
Dos traulich stillou Neichsraths, lebet wohl!
Der Landmann wird nun nicht mehr in euch

wandeln!

Der Landmann sagt euch ewig Lebewohl!

Ihr theuren Abgeordneten der Rechten,

Die ich gesiedet, — schwefelt fröhlich fort,

Du edler Kohl, Du großer Gerstenberger,
lind Du, 0 holde Stimme meines Dallcr,

Die Beifall sang auf alle meine Lieder —
Dein Landmann geht! Und nimmer kehrt er wieder!

Denn, der mit seinem Volke stets den Frieden
Gewollt und stets den Frieden ihm verhieß,
Der jeden Zank und jeden Kampf gemieden
Und Keinen zornig von sich scheiden ließ.

Der auch für Kunst und Wissenschaft bienieden
Als Schutzherr immer gnädig sich erwies, — .
Er sprach zu mir: „Geh, mach Dich auf die Reise!
Du bringst hier Alles noch aus dem Geleise.

In rauhes Wort pflegst Du Dein Herz zu

schnüren,

Sobald Du mit der Linken sprechen mußt;

Nur wenn die Rechten recht Dir applaudircn,
Erhebt sich freudig Deine Mannerbrust.

Du liebst es, Professoren zu brüskiren,
llnd bringst es, wie im Falle Brenner-Chroust
Sogar zu Stande, daß aus guten Gründen
Drei Dutzend offen Dir die Freundschaft künden!

So geht das nicht! Was soll denn so was heißen!
Da kommt ja schließlich alles ans dem Hans!
Drum mußt Du jetzt nach Karlsbad schnell

verreisen!

Du siehst ja wirklich „angegriffen" aus!"-

— So riethen jene Worte mir, die weisen,
lind ihnen folgend zieh' ich den» hinaus!

Lebt wohl! Lebt wohl, geliebte schwarze

Brüder!

Der Landmann geht — und nimmer

kehrt er wieder!

. JUGEND .

lediglich auf das Urtheil des Herrn praß Dtto Lck-
mann berufen, welcher mir mittheilte, daß fein Bru-
der nur schwach begabt, dabei aber von krankhaftem
Ehrgeiz beseelt sei, und als Maler nie das Riveau
der Mittelmäßigkeit überschreiten werde. Infolgedessen
bat Herr Prof. Lckmann mich seinerzeit, meinen gan-
zen Einfluß geltend zu machen, um seinen unglück-
lichen Bruder zu veranlassen, die Malerei aufzugeben
und sich der Landwirthschast zu widmen. Dies gelang
auch, bis vor etwa 2 Jahren die Lust zur Malerei
wieder bei dem Kranken erwachte... Dieser Rück-
fall dauerte volle J */2 Jahre. Kaum befindet sich
nun mein armer Patient in der Genesung, da erwacht
wieder die unglückselige Reigung zur Malerei,
und damit zugleich die sichere Gefahr eines Rück-
falls . . .“

(Aus einem Briefe des behandelnden Arztes
Dr. mcd. Stesse»)

„Genie ist Wahnsinn!" sagt Lombroso,

Jetzt wissen wir es, Gott sei Dank!

Lind alle Künstler Narren, o, so

Lind alle Maler geisteskrank!

Drum, schrei'« sich auch die Aermsten heiser,

Nur kein Pardon dem blauen Dunst!

Bedenkt: Lin Dutzend Irrenhäuser

Befreit uns ja von aller Kunst!

Cri-Crl

Der Hbgeordnete Dr. Heini

machte in einer Sitzung der bayrischen Kammer
dem Abgeordneten Dr. Deinhard indirekt den Bor-
wurf der geistigen Versandung und des nicht nüch-
ternen Zustandes. Im Stenogramm waren diese
Worte nachträglich wegkorrigirt, Dr. Heim aber er-
widerte aus einen die Sache kennzeichnenden Vorhalt
des Dr. Deinhard: „Und übrigens habe ich meinen
Kollegen erklärt, selbst wenn essso wäre, wäre das
nicht der unbegründetste Vorwurf, den ich in mei-
nem Leben ausgesprochen hätte." Daraus rief Dr.
Deinhard: „Diese Aeußerung betrachte ich
als eine Unverschämtheit."

Dr. Heini an seinen Daciirgunnni

Vieles, lieber Gummi, hast Du korrigirt,

Was der böse Stenograph geschrieben;

Alles, alles hast Du wegradirt,

Was mich vor den Menschen sonst blamirt, —
Nur die „Unverschämtheit" ist geblieben!

Cri-Cri

Lieber das Ucrluilfcn int kranatteuer

„Granaten" sind — wie wir vorweg bemerken —
eiserne Hohlgcschosse mit Sprengladung, welche ver-
mittelst einer Kanone (lateinisch: ultima ratäo regis)
nach einem bestimmten Ziel geschossen werden und
in erster Linie dazu bestimmt sind, die heiligsten
Güter energisch zu vertheidigen.

Schlägt die Granate auf einen polnischen Schädel
oder sonstigen harten Gegenstand, so pflegen beide
meistens in Stiicke zu gehn.

Die Nörglerpresse ergeht sich wieder einmal in
Schimpfereien, weil in der Gegend des Thorner
Schießplatzes einige Dutzend Granaten in das
Dorf Stellten hineingesauft sind, wodurch eine
Schule stark gefährdet und einige Verwüstungen an-
gerichtet ivurden.

Zur Belehrung und eventuellen Beruhigung des
Publikunts theilen wir Folgendes mit:

1902

Liebespärchen und sonstige meistens geistesab-
wesende Individuen Pflegen sich im Granatfeuer

direkt verrückt zu benehmen. Man hat beobachtet,
daß derartige Personen in ihrer Kopflosigkeit den
Regenschirm öffnen und ein völlig nutzloses Geschrei
ausstoßen.

Ein besonnener Staatsbürger wird immer in
solchen Augenblicken der Gefahr das Richtige treffen
und sich sofort lang aus die Erde werfen. Ist zu-
fälliger Weise ein höherer Vorgesetzter zugegen, so

wird er anstandshalber diesem mit den kurzen Worten
„Bitte nach Ihnen" Zeit gewähren, das Manöver
als erster auszuführen.

Einen geradezu idealen Schuh während eines
Granatfeuers bietet der sogenannte Torfmoor. Steigt
man kurz entschlossen bis zum Halse hinein, so kann
man der weiteren Entwickelung der Dinge mit größter
Seelenruhe entgegensehen.

Manche, etwas cholerisch veranlagte Staatsbürger,
welche zudem in veralteten Rechtsbegriffen befangen
sind, pflegen, wenn sie in ein nach ihrer Ansicht
gänzlich ungerechtfertigtes Granat- oder Shrapnell-
feuer gerathen, der Feuerlinie entgegenzurennen und
dem Batterieführer die größten Grobheiten an den

Kopf zu werfen. Derartige Hitzköpfe erhalten meistens
eine ivohlgezielte Kartätschenladung auf den saha
venia.-

Im klebrigen sollten wir ein Gefühl der Ge-
nugthuung empfinden, daß es auch in der Zeit der
Bankkrache, Desraudantenselbstmorde und Treber-
schwindler selbst einem einfachen Civilisten vergönnt
ist, einen ehrlichen braven Soldatentod zu sterben.
Index
Monogrammist Frosch: Illustrationen zum Text "Über das Verhalten im Granatfeuer"
[nicht signierter Beitrag]: Über das Verhalten im Granatfeuer
A. De Nora: Landmanns Abschied
Arpad Schmidhammer: Bayrisches Marterl
Cri-Cri: Dr. Heim an seinen Radirgummi
Cri-Cri: Zum Fall Hellmuth Eckmann
 
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