1902
JUGEND
6
Nr. 32
Auf Singer wurde scharf aufgepatzt,
aber trotzdem fand er Gelegenheit — er
drückte sich hinten herum — einigeNum-
mern des „Vorwärts" und des „Wahren
Jakob" den Mannschaften in die Taschr
zu prakticiren.
Nun folgte die Besichtigung.
Das meiste Interesse erregten natürlich
die riesigen Thurmgeschütze.
„Da könnten selbst die stärksten der
Herren bequem hinein," erklärte Herr
liclUeit.^ mit launiger Anschau-
erw?de«'^"'»schätzen mid) bod)!«
Er fBrf, ' Wirtel etwaspikirt.
aller behalten, denn
^aktionzs,.»,, ^ngnngen einiger
ihn Über ^ unmög-
t|,0W I)inc iui.h," fbritten Westen-
„Esist ."^schieben.
bemerkt/^'Ä^"be, Herr College,"
l e i n d "'timster Busen-
Platz finxp„'^.'Hnnige Müller-Meiningen, „datz Sie in dem Kaliber nicht
"aen können!" —
offene «I bampste man hinaus. — Durch die Kieler Föhrde gings in die
Die köstliche, frische Secbrise erfrischte auch die Gemiither
und entfernte jeben lästigen gesellschaft-
lichen Zwang. —
Eugen war in köstlicher Laune.
„Fahren Sie um Gotteswillen nicht
in die Startlinie, sonst holt Sie der
Lucanus," warme er mit keckem Witze
Herrn v. Tirpitz, als man einige
Segelyachten des Kaiserlichen Jacht-
klubs Passirte. —
Dann wendete er sich an einige
jüngere Seeoffiziere.
„Können die Herren schön tanzen?"—
„O, warum denn! —
. „Nun — falls Sie mit Ihrem Pan-
sollte»/- ^ zer einmal und) Krefeld verlegt wer-
kleinen Neckereien hin und her. —
bau fäm’i‘re9™b war die Vorsührung der drahtlosen Telegraphie, welche
Ei»j, Parteien stark benutzt wurde.
heilig ^ntrumsmänner lictzen sich mit Rom verbinden und sendeten
gen»» jn ™?et dw ehrerbietigsten Grütze. Der Erfolg war wunderbar:
Dxx -"«nuten 4 Sekunden war der erbetene „Segen" an Bord.
f*Uc’ GedeckOertel bestellte bei Kemprnskh ein Diner zu
"ocke»e hjsd Eugen depcschirte seiner Gattin: „5zabe noch immer
Di ^"tze — frisch und munter — Eugen. —
r'n'9e ksdoch den Tag nicht vor dem Abend loben. Schon jagten
n»ge,e vel Uber das Deck und der Panzer machte bedenkliche Schwank-
®Ie ersten Opser
lvaren einige Nationalliberale, welche trotz aller An-
strengungen des Abg. Sattler bei den ersten
Stützen umkippten und nach der rechten Seite
rollten.
Das Centrum hielt sich lange ivacker und
hatte sich in innigem Gebet um seinen Führer
geschaart. —
Das Gefühl der absoluten Hilfslosigkcit verbin-
det selbst unversöhnliche Gegner und bringt leicht
grotesk-humoristische Sccnen zu Stande:
Genosse Wurm wurde aus den Schootz des
Grafen Kanitz geschleudert, der ihn lieb-
reich umfatzt hielt.
Oertel und Singer hatten sich wei-
tiend umklammert und wechselten trost-
reiche Worte. —
Eugen erging es so sürchterlich, wie
es ihm sicher nicht einmal sein Feind
Miguel gewünscht hätte:
Die schrecklichen Svmptome der Seekrankheit, Wcltekel und Lebensüber-
drntz, hatten ihn gepackt. — Er verfluchte seine ganze parlamentarische Thälig-
keit, ja sogar die „Freisinnige Zeitung."
Hilfeflehend streckte er die Arme Herrn
v. Tirpitz entgegen:
„Mit mir geht es zu Ende — Sie sind
mir nicht böse — ich habe Ihnen so manches
Schiff gestrichen!!"
v. Tirpitz nickte bedauernd.
„Die schönen Auslandskreuzer im vor-
igen Jahre —" stöhnte er weiter.
„Verhalten Sic sich ruhig," er-
mahnte der freundliche Staatssekretär,
„und suchen Sie durch geistige Kon-
zentration deir kleinen Anfall zu
überwinden. Hier ist eine interessante
T a b e l l e, sie stellt das Grötzenverhält-
nitz der europäischen Flotten zu ein-
ander dar. Es wird Ihnen — glaube
ich — helfen!"
Ein dankbarer Blick Eugens lohnte
ihm die Bemühung. —
Der Himmel hatte Erbarmen mit den Reichsboten und bald leuchtete
eine friedliche Abendsonne auf die beruhigte See.
„Stimmt an die frohen Lieder,
Denn dem väterlichen Herd
Sind die Schiffe zugekehrt
Und zur Heimath geht es wieder —"
deklamirte der literattirkundige Liebermann obenauf der Commandobrücke.
Jn ungetrübter Harmonie und unter mehrmaligem Absingen des „Flaggen-
liedes," wobei fiel) die Freisinnigen Müller und der glücklich genesene Eugen
besonders lebhaft betheiligten, wurde die Rückreise angetreten.
Nur der hämische Singer hatte sich grollend von der Gesellschaft
entfernt. Er steckte seinen unförmlichen Kopf durch ein „Bullenauge" und
pfiff solange die Marseillaise, bis ihm der durchaus konservativ gesinnte
Aegir unter dem Gelächter seiner schadenfrohen Hofdamen einen tüchtigen
Wischer applizirte.
JUGEND
6
Nr. 32
Auf Singer wurde scharf aufgepatzt,
aber trotzdem fand er Gelegenheit — er
drückte sich hinten herum — einigeNum-
mern des „Vorwärts" und des „Wahren
Jakob" den Mannschaften in die Taschr
zu prakticiren.
Nun folgte die Besichtigung.
Das meiste Interesse erregten natürlich
die riesigen Thurmgeschütze.
„Da könnten selbst die stärksten der
Herren bequem hinein," erklärte Herr
liclUeit.^ mit launiger Anschau-
erw?de«'^"'»schätzen mid) bod)!«
Er fBrf, ' Wirtel etwaspikirt.
aller behalten, denn
^aktionzs,.»,, ^ngnngen einiger
ihn Über ^ unmög-
t|,0W I)inc iui.h," fbritten Westen-
„Esist ."^schieben.
bemerkt/^'Ä^"be, Herr College,"
l e i n d "'timster Busen-
Platz finxp„'^.'Hnnige Müller-Meiningen, „datz Sie in dem Kaliber nicht
"aen können!" —
offene «I bampste man hinaus. — Durch die Kieler Föhrde gings in die
Die köstliche, frische Secbrise erfrischte auch die Gemiither
und entfernte jeben lästigen gesellschaft-
lichen Zwang. —
Eugen war in köstlicher Laune.
„Fahren Sie um Gotteswillen nicht
in die Startlinie, sonst holt Sie der
Lucanus," warme er mit keckem Witze
Herrn v. Tirpitz, als man einige
Segelyachten des Kaiserlichen Jacht-
klubs Passirte. —
Dann wendete er sich an einige
jüngere Seeoffiziere.
„Können die Herren schön tanzen?"—
„O, warum denn! —
. „Nun — falls Sie mit Ihrem Pan-
sollte»/- ^ zer einmal und) Krefeld verlegt wer-
kleinen Neckereien hin und her. —
bau fäm’i‘re9™b war die Vorsührung der drahtlosen Telegraphie, welche
Ei»j, Parteien stark benutzt wurde.
heilig ^ntrumsmänner lictzen sich mit Rom verbinden und sendeten
gen»» jn ™?et dw ehrerbietigsten Grütze. Der Erfolg war wunderbar:
Dxx -"«nuten 4 Sekunden war der erbetene „Segen" an Bord.
f*Uc’ GedeckOertel bestellte bei Kemprnskh ein Diner zu
"ocke»e hjsd Eugen depcschirte seiner Gattin: „5zabe noch immer
Di ^"tze — frisch und munter — Eugen. —
r'n'9e ksdoch den Tag nicht vor dem Abend loben. Schon jagten
n»ge,e vel Uber das Deck und der Panzer machte bedenkliche Schwank-
®Ie ersten Opser
lvaren einige Nationalliberale, welche trotz aller An-
strengungen des Abg. Sattler bei den ersten
Stützen umkippten und nach der rechten Seite
rollten.
Das Centrum hielt sich lange ivacker und
hatte sich in innigem Gebet um seinen Führer
geschaart. —
Das Gefühl der absoluten Hilfslosigkcit verbin-
det selbst unversöhnliche Gegner und bringt leicht
grotesk-humoristische Sccnen zu Stande:
Genosse Wurm wurde aus den Schootz des
Grafen Kanitz geschleudert, der ihn lieb-
reich umfatzt hielt.
Oertel und Singer hatten sich wei-
tiend umklammert und wechselten trost-
reiche Worte. —
Eugen erging es so sürchterlich, wie
es ihm sicher nicht einmal sein Feind
Miguel gewünscht hätte:
Die schrecklichen Svmptome der Seekrankheit, Wcltekel und Lebensüber-
drntz, hatten ihn gepackt. — Er verfluchte seine ganze parlamentarische Thälig-
keit, ja sogar die „Freisinnige Zeitung."
Hilfeflehend streckte er die Arme Herrn
v. Tirpitz entgegen:
„Mit mir geht es zu Ende — Sie sind
mir nicht böse — ich habe Ihnen so manches
Schiff gestrichen!!"
v. Tirpitz nickte bedauernd.
„Die schönen Auslandskreuzer im vor-
igen Jahre —" stöhnte er weiter.
„Verhalten Sic sich ruhig," er-
mahnte der freundliche Staatssekretär,
„und suchen Sie durch geistige Kon-
zentration deir kleinen Anfall zu
überwinden. Hier ist eine interessante
T a b e l l e, sie stellt das Grötzenverhält-
nitz der europäischen Flotten zu ein-
ander dar. Es wird Ihnen — glaube
ich — helfen!"
Ein dankbarer Blick Eugens lohnte
ihm die Bemühung. —
Der Himmel hatte Erbarmen mit den Reichsboten und bald leuchtete
eine friedliche Abendsonne auf die beruhigte See.
„Stimmt an die frohen Lieder,
Denn dem väterlichen Herd
Sind die Schiffe zugekehrt
Und zur Heimath geht es wieder —"
deklamirte der literattirkundige Liebermann obenauf der Commandobrücke.
Jn ungetrübter Harmonie und unter mehrmaligem Absingen des „Flaggen-
liedes," wobei fiel) die Freisinnigen Müller und der glücklich genesene Eugen
besonders lebhaft betheiligten, wurde die Rückreise angetreten.
Nur der hämische Singer hatte sich grollend von der Gesellschaft
entfernt. Er steckte seinen unförmlichen Kopf durch ein „Bullenauge" und
pfiff solange die Marseillaise, bis ihm der durchaus konservativ gesinnte
Aegir unter dem Gelächter seiner schadenfrohen Hofdamen einen tüchtigen
Wischer applizirte.