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Nr. 33 (Redaktionsschluss: 6. Aug. 1902)

JUGEND

1902

rvagner scl. Erben

Frau Cosima: „Bedaurc, Herr Michel, Marke Par-
sifal ist »ach nicht genügend abgelagert, aber Tann- »ad
Nordhäuser, ebenso frischen Holländer empfehle ich bestens."

Der verewigte Lanätag

(Schilderung eines Tribiinen-Befuchers)

Merkwürdig, so ein hohes Haust Es sieht entfernt
einem Ei re ns ähnlich, nur das; etz nicht rund ist.

Hoch oben ihrostt- der Präsid en t. Etwas unter
ihm sitzen die Minister. Meistens ist nur Einer da,
und auch der nicht gern. Unter den Ministern sitzt
der Referent. Der Referent hat die Ausgabe, objektiv
zu sein.

Manchnial ist er es auch; manchmal will er es
gar nicht sein.

Tiefer als der Referent stehen die Stenographen.
Die Horen Alles und dürfen nicht darauf erwidern.
Sie machen ein sehr gleichgültiges Gesicht. Denn l)
werden sie alle zehn Minuten abgelbst und 2) streichen
die pikantesten Abgeordneten ihre bedeutendsten Sätze
doch lvieder aus dein Stenogramm.

Warum'? — Daruinl

Man nennt das die Immunität des Abgeord-
nete». Immun ist, weit» man sagen kann, was man
will, und nicht eingesteckt wird.

Aber jetzt: der Präsident. Jedermann im
ganzen Land kennt und liebt ihn.

Wer ihn nicht kennt, ist meistens ein Ochse.

Der Präsident ist das Sittlichste an der Kammer.
Darum hat er auch die gröstte Würde; zudem hat
er eine graste Glocke. Die Würde ttustert er
a) den Dienern gegenüber. Wenn sie in Seine
Nähe kommen, ergreift ein Zittern die wctterharte»,
etwas gebrechlichen Männer: Mit gebeugtem Rücken,
angehaltenem Athen, und grösster Hochachtung über-
reichen sie Ihm die Akten. Er würdigt sie — Diener
und Akte» — keines Blickes. Kalt und vornehm
nimmt Er die Akten und Unit, als ob sie Ihn absolut
nicht interessierten. Das ist aristokratisch.

l>) den Ministern gegenüber. Minist.»,- (lat.) —
Diener. Daher. Wen» der Präsident an Seinen Platz

tritt, sieht Er keinen von den Ministern. Schüchtern
blicken sie auf Ihn, wenn Er Sich gesetzt hat. Dann
stosten sie sich a», und der dienstälteste Minister
wagt es, Ihn ehrfurchtsvoll zu begrüben. Kühl er-
widert Er de» Grus, »nd unterhält Sich dann höfiich-
znrückhaltcnd mit de» Ministern.

Was ist auch so ein Minister gegen so einen
Präsidenten!

Der Präsident achtet darauf, dast kein immuni-
sierter Abgeordneter beleidigt wird. Ei» Abgeord-
neter dar! beleidige», aber nicht beleidigt werden.
So will's die höhere Sitte.

Links von mir schien die Journalistentribüne zu
sein. Wenigstens lachten die Leute, die da fasten
und schrieben, so arrogant. Auch hörte ich, wie
einer ganz laut bemerkte, man müsse de», Landtngs-
gebäude eine neue Bezeichnung gebe», nämlich:
Kgl. Batzer.

Schlachthof für Kunst und lvissei, schaff

Der bayer. Löwe: „I glaub' all,veil, i Hab' Flöh, weil's mi gar so elend beißt!"

Herausgeber: Dr.GEOIlG IIIRTII; IU-daktion: F. v. OSTINI, », . S. SINZHEIMEH, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICH. Für die Redaktion verantwortlich: Dr. S. SINZHEIMER.
G. HIRTH’s Kunstverlag, verantworUich lür den Inseratentheil: G. EICHMANN, slimmtlich in München. Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haltung, München,

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[nicht signierter Beitrag]: Der verewigte Landtag
Monogrammist Kneifer: Wagner sel. Erben
Monogrammist Pudel: Pulex niger
 
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