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1902

JUGEND

Nr. 41

«Saufen ist meine Bestimmung, Väterchen: Lrst war ich ledig und da soff ich, weil ich traurig und einsam war; dann Hab'
ich gesoffen aus Zreude, daß ich eine treue Zrau bekommen hatte; dann ist mir meine Zrau untreu geworden, weil ich ge-
soffen habe und jetzt sause ich, weil mir meine Zrau untreu geworden ist!"

Sie gingen. Da pflegte es denn nicht selten
vorzukommen, daß der ehemalige Klient des Ritt-
meisters, in eitel Freude und Wonne aufgelöst,
me Nacht wieder im Asyl zubrachte. Am folgen-
bo» Tage wurde die gegenseitige Bewirthung
fortgesetzt, und eines Morgens erwachte der
„Dankbare" mit dem angenehmen Bewußtsein,
daß er sich auf's Neue gänzlich arm gesoffen.

„Herr des Himmels!.. Bin ich wieder so
Meit?.. Wieder bei Ew. Gnaden Kommando?..
Was nun?"

„Die Lage ist allerdings nicht beneidenswerth,
aber — nur nicht gewimmert und gejammert!"
vasonnierte der Rittmeister, „Alles mit Gleich-
muth ertragen, mein Lieber! Nur nicht philo-

sophircn und keine dummen Fragen! Verstanden?
Philosophie ist schon an sich eine ekligdumme
Geschichte, aber — Philosophie im Katzenjammer
— brrr!.. Der Katzenjammer will Schnaps und
nicht Gewissensbisse und Zahneklappern. Deine
Zähne sind zu was Ander,» da; die mußt Du
schonen, damit mau weiß, wohin man Dir eins
brennen kann!.. Hier hast Du ein Zehnkopcken-
stück, geh' mal hinüber und hol' ein Quart Brannt-
wein, irgend was Warmes, ein Pfund Brot und
zwei Gurken! Sind wir den Katzenjammer los,
so reden wir über die Lage der Dinge."

Die Lage der Dinge wurde erst nach zwei
Tagen völlig klar, wenn von dem Drei- oder
Fünf-Rubelschein, den der Rittmeister bei der

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Ankunft des dankbaren Mannes in der Tasche ge-
habt hatte, auch nicht eine Kopeke mehr übrig war.

„Also wieder mal am Ziel!.. Basta!" sprach
der Rittmeister, „und nun, wo wir uns. Du
dummer Kerl, auf den Hund gesoffen habe»,
wollen wir mal zusehen, wie wir von Neuem
auf de» Pfad eines nüchterne» und tugendhaften
Lebenswandels kommen! Wie richtig hcißt's doch:
ohne Sünde — keine Reue, ohne Neue — keine
Rettung! Das Erste hätten wir, Reue — ist
unnützes Zeug — die soll der Deiwel holen! —
Wir machen uns gleich an die Rettung!.. Du
gehst jetzt zum Fluß hinunter und suchst Dir dort
Arbeit!... Bist Du Deiner nicht ganz sicher, so
laß Dir Deinen Lohn erst später auszahlen. Oder
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Alexander v. Salzmann: Saufen ist meine Bestimmung
 
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