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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 7.1902, Band 2 (Nr. 27-52)

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https://doi.org/10.11588/diglit.3885#0249

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»F>ier tag' ich mich von aller Lieb' und Sorgfalt
Und Oalerpllicht und ülulsverwandtld-aft los,
Und meinem tzerzen fremd, fremd meinem Äuge

Streiflichter der „Jugend"

In Berlin Hot sich der 24jährige Potriz Huber,
einer der erfolgreichsten Künstler des modernen Zier-
stils erschossen. Und noch war sein Sarg nicht unter
der Erde, als schon eine gewisse, neun Mal weise
Journalistik über den Fall Huber herfiel und ihr
Aerdikt abgab: Der Grützen wahn hat ihn nm-
gebracht, die Enttäuschung hat den zum Selbstmörder
gemacht, der sich von seiner Uebersiedlung nach Berlin
das Unmögliche versprach! Punktum! Und nun so-
fort gedruckt, diese Weisheit! Denn eine Zeitung
wie das „Berliner Tageblatt" kann ihre Meinung
doch nicht bis zum nächsten Morgen zurückhalten!
— Nun kommt aber die Aufklärung: Nicht Größen-
wahn, sondern eine unglückselige Liebcsleiden-
sch aft drückte dem Armen den Revolver in die Hand.
7- Zu spät: Mister Snob hat seine Schaufel Dreck
schon in das frische Grab geworfen, statt der Rosen
des Mitleids! Wie mutz dem Herrn jetzt zu Mulh
sein! Und noch war das Grab nicht geschlossen über
Patriz Huber, da lies; ein Anderer im „Frankfurter
Generalanzeiger" einen Unkenruf ertönen, der dem
ganzen modernen Knnsthandwerk den Krach
verkündete. Alles, weil sich ein allzu leidensämstlicher
Jüngling aus Liebcsgram totgeschossen hat! Auch
der konnte nicht warten auf eine Aufklärung, die
gar nicht ans sich warten ließ! — Zum Teufel mit
einer Publicistik, die so fix und eitel und brutal ist,
das; es ihr nicht daraus ankommt, nm ein paar
sensationeller Schlagworte willen offene Gräber zu
schünden! —

Kleines 6espräck

„Es gehr etwas vor hinter den Coulisscn!"
sagte ein Interviewer ;u Posadowskp.

„Wiffcn Sic was?" forschte dieser hoff-
nungsvoll.

ver ckeulscke Vressangstnieier

Für Deutschlands Ehre bricht er eine Lanze,
Indem vor England ans dem Bauch er liegt
Und immer hündisch wedelt mit dem Schwänze, —
Wenn er den wohlverdienten

Fußtritt kriegt!
Cri-Crl

eisässcr - f ran j ösiscb

Mlle Ernestine (lockt ihr Hündchen): „Awer
kumm doch, Petit! Veux tu vite venir ici, mon
cheri! Gehsch Here, dü Aaib!!!"

„Ilix für uns!"

Emil Zola klopfte cinlaßbegehrend an die
Himmelsthür.

Als Petrus, der die „Rougon-Macquart“
genau kannte, den großen Naturalisten er-

&



*■

blickte, rief er lakonisch mit abwehrcnden
Gebärden:

„Na — na!"

0 lieler! Wende diefes Blaff
Und [ieh, was Diez gezeichnet haf:

£in wunderlames Frauenbild,

Schön, hoheitsuoll und engelsmild!

Es Fchmücken diele Weibsfigur
Viel Orden, nebff der Schützentchnur;

Das ganze Kleid iff Ordonnanz,

Der Blechhelm eitel Pracht und Glanz,

Das Euch ift blau, die Ereilen golden —
Sedoch das Schönste an der ßolden
Sind ihre rundlichen, enormen,

Sigantirch aulgeblühten Formen,

Die rieten«, mallen-, fabelhaft
Erltrotzen von gefunder Kraft.

Doch nein! Sn Wahrheit ift die Fülle
nur eine aufgeblat’ne löiille!

Sieh näher zu, to hehlt Du auch es,

Wie mittels eines Summilchlauches
Ein Mann von kritischem Beruf
Das ganze Eoloffalbild schul!

Und dies Sefchöpf, gefüllt mit Dunff,
Das heitzen fie Berliner Kunff!

Doch lofche Art, berühmt zu machen,
Sehört zu den riskanten Sachen:

Auf einmal gibt's ’nen scharfen Eon —

Es platzt die herrliche Perlon.

Und dann — o quae mufafio rerum! —
Fällt ihre ßülle schlapp und leer um!

Und die Moral von der Geschieht:
Pneumatisch macht man fo was nicht,
Wenn’s nicht gedeih’n will fo wie fo —

ßaha! ßehe! ßihi! ßoho!

Pips

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Register
[nicht signierter Beitrag]: Kleines Gespräch
-n-: Streiflichter der "Jugend"
[nicht signierter Beitrag]: Elsässer-Französisch
Pips: O quae mutatio rerum!
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Nix für uns"
Cri-Cri: Der deutsche Pressangstmeier
Monogrammist Hammer: Jeder Zoll ein König
[nicht signierter Beitrag]: "Nix für uns"
 
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