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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 7.1902, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 49
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Nr. 49

JUGEND

1902

Eiebe Jugend!

Ein Bischof kommt gelegentlich einer visitations-
reiso in einen pfarrhof und hört dort „kleines
Kindergeschrei". Er wendet sich an den Pfarrer
und meint:

„Aber lieber Bruder in Ehristo, solche Töne in
einem Pfarrhof?! Das Kind gehört doch nicht
herein?"

„Docb. doch," antwortet der Pfarrer, „das war
halt a iiuinrns Gschicht!"

„Wieso Geschichte?" meinte der Andere.

„Na, vor ungefähr einem Jahr hatten wir Ein-
quartierung und da war bei mir a junger lustiger
Leutnant, a mordsfidelcr Kerl. Wia der amal
nachts ins Bett geht, fehgt er obn mein Talar
und mei Schlegelkapperl hänga. Der ziagt an
Talar an, fetzt 's Kapperl auf, geht zur Köchin
eini — und 's Unglück war gfchehgn."

Der Umöbnmigstag

(Frei nach Uhland's „Gewitter")

Der alte Jakob Moischeleben

Sitzt in der Stub' und freut sich eben,

Sonst ist er immer leicht ergrimmt,

Doch heute ist er gut gestimmt,

Genau wie einst die Herr'» im Haag,

Denn heute ist Versöhnungstag.

Er sagt: Heut' ist Versöhnungstag,

Da bin ich frei von Sorg' und Plag',

Da thu' ich Jedermann vergeben,

Sogar dem Gannesf Levylcben,

Ich bin sein Freund mit einem Schlag,

Denn heute ist Versöhnungstag.

Heut Hab' ich nicht den kleinsten Feind,

Die ganze Welt ist jetzt mein Freund,

Die größten Feinde lieb ich heut.

Weil sich der liebe Gott dann freut.

Doch morgen treff' sie All' der Schlag!
— Und heute ist Versöhnungstag. . .

li. E—r

6r kennt sieb aus

(Nach einer wahren Begebenheit)

In der Schule zu X. prüft der gestrenge Herr
Schulinspektor. Er ist eben bei der Naturgeschichte
der Lhiere und läßt sich die auf einer Wandtafel
abgebildcten Vögel benennen. Der zehnjährige
Hansl hat bereits einige Vögel richtig erkannt, als
der Herr Inspektor seine Aufmerksamkeit auf einen
ganz gelben Vogel (Kanarienvogel) leiift: „was
ist bas?" Hansl schweigt. „Nun das kennst Du
nicht", sagt mit einem verschmitzten Lächeln der
Gestrenge. „Das ist doch ein Gimpel!" Doch Hansl,
von der himmelschreienden Unrichtigkeit überzeugt,
antwortet mit einer spöttischen Geberde: „Du
bist a oaner!"

„press"-aUen

Das Manuskript

„Kreuzhimmelschockschwerenothl ist das eine

Schrift... Hieroglyphen
Lese ich lieber — bei Gott! —

als hier das Saumanuskript!

Der „Strich“

Heber ihm tummelt der Leitartikler sich und

der Reporter,

Unter ihm jubelt und scherzt,

weint auch der Feuilletonist.

Der Herr Chef-Redakteur

Gütig-gemessenen Wesens, im Wonnegefühl feiner

Allmacht,

Schatten verbreitend und Licht,

repräsentirt er das Blatt.

Der Druckfehlerteufel

„Allen euch schlag' ich ein Schnippchen: demAutor,
Korrektor und Setzer! —
Heißt ihr mich Teufel?... Ich bin's halb nur
und halb Humorist!"

Die Knnoncenbeilage

Kaum der Beachtung werth erscheint sie dem

eifrigen Leser,

Las er indessen das Blatt,

dünkt sie das Werthvollste ihm.

Der Eeitartikcl

Auf Kothurnen her schreiten die Worte oft,

während der Autor

Sie diktirend in Schlafschuhen das Zimmer

dnrchmaß.

O. E. Heinrich

4^

fr

-vT ty

U

1/ Caspari

Jul. Diez (München)

Petroleum!

Gin neues Trinklied n. d. Melodie, ßrambambu i..

In Frankreich nimmt das petroleumtrinken
so sehr überhand, daß die Aerzte energisches Lim
greifen für nöthig halten.

Petroleum, Du Trank, Du gelber,

Der bernsteinhell im Becher glänzt!

Frau Mutter Erde hat Dich selber
Uns Durstigen zur Lust kredenzt!

Und früh und spät — ich weiß, warum! —
Trink' ich mein Glas Petroleum,

pe—tri—tra—troleum, Petroleum!

Gott Bacchus herrscht nicht mehr im Keller,
Gambrinus, der ist abgcthan —

Der unvergleichliche Rockcfeller
Tritt jener Alten Erbschaft an,

Dieweil das Monopolium
Er hat auf das Petroleum,

Pe— tri—tra—troleum, Petroleum!

Seiti Duft ist süß und himmlisch schmeckt es
Und milde gleitet's durch den Schlund.

Und fehlt ihm das Monsieur des Sektes,

Es ist doch nahrhaft und gesund!

Noch Keiner hat's Delirium
Bekommen voin Petroleum,

pe—tri—tra—troleum, Petroleum!

Es gibt dem inncrn Menschen Wärme
wenn man ihn statt mit Stcinöl heizt,

Auch werden fämmtliche Gedärme
Ihm giftfest und immun gebeizt —■

Baccillen bringt und Kokken um
Im Leibe das Petroleum,

pe—tri—tra—troleum, Petroleum!

Man kriegt es leicht an allen Orten,

Ein jeder hat es fast im Hans —

Und ist mein Oelkrng leer geworden,

So trink ich halt die Lampe aus,

Es wird mein Eapitolinm
Dann hell schon vom Petroleum,

pe—tri—tra—troleum, Petroleum!

Ein F l ä s ch l e i n alter R ü d e s h e i m c r,
Der kostet mich ■— bei meiner Seel! —

So viel schier, als ein ganzer Eimer
vom allerfeinsten Kaiser öl!

Drum heiß' ich jeden Menschen dumm,
verschmäht er das Petroleum,

pe—tri—tra—troleum, Petroleum!

Es kanu's der ärmste Teufel kaufen
Noch billiger, als Spiritus;

An ihm darf sich sogar besaufen
Der Antialkoholikus I
Ein Segen für das Publikum
Ist eben das Petroleum,

Pe—tri—tra—troleum, Petroleum!

So füllt die Gläser in der Runde —
Krenzhimmelbombensaxperment!

Und trinkt, bis daß Luch aus bem Munde
Des Naxhta's blaue Flamme brenilt!

Und wenn wir erplodiren d'rum,
wir kneipen doch Petroleum,

pe—tri—tra—troleum, Petroleum! rips

824
Register
Pips: Petroleum!
K. E-r: Der Versöhnungstag
Otto Eugen Heinrich: "Press"-alien
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Julius Diez: Papierkorb
Walter Caspari: Per aspera ad astra
[nicht signierter Beitrag]: Er kennt sich aus
 
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