Paul Rieth
Das KUiderraffen
Herausgeber: Dr. GEORG U1KTH; Redaktion: I7. V OSTINI, Br. S. SINZHETMER, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICH. Für die Redaktion yerantwnrtlleh: Dr.S. SINZHE1MKK.
G. iliiiitu Eumlveilag. Vcranlworlliclt lür den Uibe;UtenUieil: G. EICHMANN, sfimnitlich in Münrhen. Druck \cu KNORR A DiRTH, G. au. b. li., Muucliea.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
AK'ntrüstungsstürme weh'n jetzt in der Zeitung,
IW Weil ist der Grund nicht iach- und jammerhaft?
Der Damen Hand bei Straßenüberschreitung
Zu stramm oft hinterwärts die Kleider rafft!
Sie sagen, wenn das Röckchen so gespannt wird,
Daß dann dem Mann zu reichlich sich enthüllt,
Was diesem sonst nur ausnahmsweis' bekannt wird:
Das Muskelspiel, das auf- und niederschwillt!
Und, wenn die Jungfrau kleiderraffend wandet:,
Daß ihre Plastik jeder Blick genießt.
Sprecht, ob sie da viel ehrlicher nicht handelt,
Als wenn ein Meer von Latten sie umfließt?
verlangt» den Jüngling nach der Lhe Segnung,
Sr kauft jetzt nicht im Sack mehr seine Brau:
Sr weiß es schon bei flüchtiger Begegnung,
wie weit sie mollig ist und wohlgebaut!
Und „tiefgesunken" schimpfen sie die Männer,
Die solchen Damen folgen mit Genuß
Und inspizieren als Gourmets und Kenner
Die Zorrnenrundung unterm Rückenschlußl
So kann blos der Barbar auf dem Gebiete
Der Schönheit schreiben, dem es nicht bekannt,
Daß schon die alten Griechen Aphrodite
Bewundernd einst „Kallipygos“ genannt!
Und ferner: klagte nicht schon Arnold Bocklin,
Daß viel zu selten Künstler unsrer Zeit
Die Hraucnleiber fefj’ri, von Unterröcklin
Und andrem Krimskrams ledig und befreit?
Jetzt fehlt dem Maler dieser Grund zur Klage,
Der beim Spaziergang, frei und ungenirt,
Und ohne Kostenpunkt am Hellen Tage
Die schönsten Aktmodelle so studirtl
Richt tiefgesunken ist, wer hochbeglückt ist,
wenn liberal und menschlich Line denkt
Und von dem Reiz, mit welchem sie geschmückt ist,
Auch fremden Augen milde Gaben schenkt!
Und warmen Dank verdienen sich die Satten,
Die auch den Zungesellen auf der Welt
Lin Aröslein, sozusagen, mal gestalten,
Das ihnen von der reichen Tafel fällt!
Wahrhaftig, danken müßt Zhr, statt zu wüthen
Wenn ihren Hormenfchatz die Damen nicht
Rach prüder Vätersitte ängstlich hüten,
Rein, Allen gönnen, wie das Sonnenlicht!
Wer weiß: vielleicht noch überraschen diese
Mit einer Mode uns im nächsten Zahr,
Mit der Frau Lva schon im Paradiese
Dem alten Adam so gefährlich war!
Biedermeier mit ei
(Redaktionsschluss. 3. Dez. 1902}
Das KUiderraffen
Herausgeber: Dr. GEORG U1KTH; Redaktion: I7. V OSTINI, Br. S. SINZHETMER, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICH. Für die Redaktion yerantwnrtlleh: Dr.S. SINZHE1MKK.
G. iliiiitu Eumlveilag. Vcranlworlliclt lür den Uibe;UtenUieil: G. EICHMANN, sfimnitlich in Münrhen. Druck \cu KNORR A DiRTH, G. au. b. li., Muucliea.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
AK'ntrüstungsstürme weh'n jetzt in der Zeitung,
IW Weil ist der Grund nicht iach- und jammerhaft?
Der Damen Hand bei Straßenüberschreitung
Zu stramm oft hinterwärts die Kleider rafft!
Sie sagen, wenn das Röckchen so gespannt wird,
Daß dann dem Mann zu reichlich sich enthüllt,
Was diesem sonst nur ausnahmsweis' bekannt wird:
Das Muskelspiel, das auf- und niederschwillt!
Und, wenn die Jungfrau kleiderraffend wandet:,
Daß ihre Plastik jeder Blick genießt.
Sprecht, ob sie da viel ehrlicher nicht handelt,
Als wenn ein Meer von Latten sie umfließt?
verlangt» den Jüngling nach der Lhe Segnung,
Sr kauft jetzt nicht im Sack mehr seine Brau:
Sr weiß es schon bei flüchtiger Begegnung,
wie weit sie mollig ist und wohlgebaut!
Und „tiefgesunken" schimpfen sie die Männer,
Die solchen Damen folgen mit Genuß
Und inspizieren als Gourmets und Kenner
Die Zorrnenrundung unterm Rückenschlußl
So kann blos der Barbar auf dem Gebiete
Der Schönheit schreiben, dem es nicht bekannt,
Daß schon die alten Griechen Aphrodite
Bewundernd einst „Kallipygos“ genannt!
Und ferner: klagte nicht schon Arnold Bocklin,
Daß viel zu selten Künstler unsrer Zeit
Die Hraucnleiber fefj’ri, von Unterröcklin
Und andrem Krimskrams ledig und befreit?
Jetzt fehlt dem Maler dieser Grund zur Klage,
Der beim Spaziergang, frei und ungenirt,
Und ohne Kostenpunkt am Hellen Tage
Die schönsten Aktmodelle so studirtl
Richt tiefgesunken ist, wer hochbeglückt ist,
wenn liberal und menschlich Line denkt
Und von dem Reiz, mit welchem sie geschmückt ist,
Auch fremden Augen milde Gaben schenkt!
Und warmen Dank verdienen sich die Satten,
Die auch den Zungesellen auf der Welt
Lin Aröslein, sozusagen, mal gestalten,
Das ihnen von der reichen Tafel fällt!
Wahrhaftig, danken müßt Zhr, statt zu wüthen
Wenn ihren Hormenfchatz die Damen nicht
Rach prüder Vätersitte ängstlich hüten,
Rein, Allen gönnen, wie das Sonnenlicht!
Wer weiß: vielleicht noch überraschen diese
Mit einer Mode uns im nächsten Zahr,
Mit der Frau Lva schon im Paradiese
Dem alten Adam so gefährlich war!
Biedermeier mit ei
(Redaktionsschluss. 3. Dez. 1902}