La danse mystique
Ernst Stern (München)
„Durch die Kleidchen weht der Wind
Wie durch Llütenzweige,
Zeder Con schmeckt nach JJbsyntl) —
Süss und bitter, streng und lind
Spielt die Wundergeige.
Unsre Seelen werden frei.
Duftend melancholisch
Schwindet bang die Melodei —
Und wir fühlen alle Drei:
Wir sind hochsymbolisch." r. e,
ceremotttc begann. Die vielen Leute mit den ur-
alte» Lylindern und vorsintflutlichen Bratenröcken,
die mit der traurigsten Miene von der Welt einem
ganz Unbetheiligten die pände zum Beileid schütteln
und ftd; dann vom Wetter unterhalten, von den
Kursen, Kunden, Weibern —; der gravitätische
Friedhofdiener, der mit der Würde eines Königs
Ordnung hält in dem „Trauertrubel" —; die
Leichenfrau, die im Stillen die Gebühren aus-
redjnet für sich und die Träger und den Deren
Pfarrer —; und dann er selbst, der Ehrwürdige,
der Begräbnißgeschäftsinhaber, der seine lateinischen
Phrasen vcrständnißlos herunternäselt und seine
Leichenpredigt dritter Klasse abhaspeln wird, welche
auf Peiler und Pfennig ausgerechnet ist und von
Gemeinplätzen trieft wie ein Bauerndirnschädel
von Gel am Sonntag —; ach. und ganz, ganz
weit hinten, abseits der gaffenden Menge ein
schwarzäugiges Mädchen, das heute sich zu Tod
weinen möchte, weil sie Dich geliebt und morgen
einen andern lieben wird, mit dem sie sich zu Tod
lädst —; wenn Du das Alles gesehen hast —, und
Deine todteu Augen haben es gesehen . . . dann
begreife td; Dein Lachen ...
Und immer denke ich an die weißen Zähne
hinter den blauen Lippen, deren Grinsen so schreck-
lich war, daß ein kleiner Knabe, welchen ich an
der pand führte, sich ängstlich an mich anschmiegte
und frug: „Vater, lachen denn die Todten?"
— Ja, mein Kind, und sie haben wirklich den
besten Grund dazu....
Dev gute Ton in allen Lrvenslagen
Ein Berliner Gardeoffizier kommt im Ma-
növer auf ein großes Landgut in Guartier.
Die Dame des Dauses, Mutter einer etwas
ältlidjcn Tochter, die den schneidigen Dragoner-
leutnant schon von einem Berliner winter-
aufenthalt kennt und ihn gerne zum Schwieger-
sohn „aoanctrcu" lassen möchte überhäuft ihn
mit Liebenswürdigkeit. Als der Gast sich eines
Abends früh aus dem Familienkreis empfohlen
hat, da er am andern Morgen bereits um
Uhr zum Dienst aufbrcdjen muß, beschließt
die gnädige Frau, ihrem Zimmermädchen noch-
mals ciiizufchärfen, ja nidst das rechtzeitige
Wecken des Perm Offiziers zu vergessen, vor
dem Sdstafengehen begibt sie sich nochmals in
die Stube des Mädchens und tritt, ohne an-
zuklopfen, ein. was erblickt sie?! — Sie fin-
det die hübsche Marie — mit ihrem präsum-
tiven Schwiegersohn in zärtlicher Situation: er
hat das Mädchen auf dem Schooß, raucht eine
Zigarette und betrachtet mit ihr in schmunzelndem
Linverständniß ein frivoles Witzblatt! Starres
Entsetzen! Marie kreischt auf und flüchtet in die
Fensternische, der perr Leutnant aber, in bequemster
Paustoilette, ridstet ftd; stramm auf und spricht,
mit eleganter Verbeugung gegen die gestrenge
perrin des pauses, das erlösende Wort:
„Gnädige Frau, — ich muß ge-
stehen, — der Schein ist gegen mich!"
Dr. M.
Wicht und Glfenkind
(Zur Zeichnung v. Karl Yelttg)
Du Sonnenfräulein, Du lichtes, kleines,
Was treibst Du hier?
Du Elfenkind, Du wunderfeines —
Komm’ doch mit mir!
fleht weisse ITläuslein spann’ ich Dir ein
fln eine Karosse aus Elfenbein,
Dann fahren wir los
Bis tief hinein in der Berge Schooss:
Da gleisst und karfunkelt’s von allen Wänden,
Da wühlst Du in Schätzen mit spielenden Bänden,
Rubine das Pflaster, die Decke Cürkiesen,
Brillanten die Kiesel, Smaragden die Wiesen.
Und alles Geräth, das dorten steht,
3st zierlich und hold geschmiedet aus Gold:
Spangen und Kettlein,
Stühlchen und Bettlein,
Becher und Kännlein!
Und drollige Männlein
Purzeln und kollern uieltausendweis’
Zu Deinem Plaisir herum im Kreis —
Da gibt es zu lachen!
Werden Dich gar wohl zur Königin macken,
Galant, wie sie sind!
Drum komme geschwind,
Elfenkind!-
0 Du putziger Wicht, o Du putziger Wicht,
Wie find ich Dich grässlich!
Die dicke Nase im rocken Gesicht,
Wie ist sie hässlich!
Das Wünsflein so rund und die Beinchen so krumm
Und so dumm, so dumm!
magst Du da schwätzen,
Von Deinen Schätzen!
Brillanten schimmern mir übergenug
Des Morgens im Chau,
Als bunte Suwelen durchgaukeln Im Flug
Die Falter die flu!
Was brauch’ ich Dein Goldt Auf allen Wegen
Funkelt mir Sonnengold entgegen,
Und feiner geschmiedet ist Jede Mücke,
Als Euere zierlichsten Meisterstücke!
Und Alles lebt und Alles webt
Und Jubelt hell!
Du armer Gesell,
Geh Du nur zu und lass’ mich in Ruh’
3m blühenden Bag!
3ch brauche den üag.
3ch brauche das Dicht!
Verstehst Du das nicht,
Du dummer Wicht? i,. j, l,
86z
Ernst Stern (München)
„Durch die Kleidchen weht der Wind
Wie durch Llütenzweige,
Zeder Con schmeckt nach JJbsyntl) —
Süss und bitter, streng und lind
Spielt die Wundergeige.
Unsre Seelen werden frei.
Duftend melancholisch
Schwindet bang die Melodei —
Und wir fühlen alle Drei:
Wir sind hochsymbolisch." r. e,
ceremotttc begann. Die vielen Leute mit den ur-
alte» Lylindern und vorsintflutlichen Bratenröcken,
die mit der traurigsten Miene von der Welt einem
ganz Unbetheiligten die pände zum Beileid schütteln
und ftd; dann vom Wetter unterhalten, von den
Kursen, Kunden, Weibern —; der gravitätische
Friedhofdiener, der mit der Würde eines Königs
Ordnung hält in dem „Trauertrubel" —; die
Leichenfrau, die im Stillen die Gebühren aus-
redjnet für sich und die Träger und den Deren
Pfarrer —; und dann er selbst, der Ehrwürdige,
der Begräbnißgeschäftsinhaber, der seine lateinischen
Phrasen vcrständnißlos herunternäselt und seine
Leichenpredigt dritter Klasse abhaspeln wird, welche
auf Peiler und Pfennig ausgerechnet ist und von
Gemeinplätzen trieft wie ein Bauerndirnschädel
von Gel am Sonntag —; ach. und ganz, ganz
weit hinten, abseits der gaffenden Menge ein
schwarzäugiges Mädchen, das heute sich zu Tod
weinen möchte, weil sie Dich geliebt und morgen
einen andern lieben wird, mit dem sie sich zu Tod
lädst —; wenn Du das Alles gesehen hast —, und
Deine todteu Augen haben es gesehen . . . dann
begreife td; Dein Lachen ...
Und immer denke ich an die weißen Zähne
hinter den blauen Lippen, deren Grinsen so schreck-
lich war, daß ein kleiner Knabe, welchen ich an
der pand führte, sich ängstlich an mich anschmiegte
und frug: „Vater, lachen denn die Todten?"
— Ja, mein Kind, und sie haben wirklich den
besten Grund dazu....
Dev gute Ton in allen Lrvenslagen
Ein Berliner Gardeoffizier kommt im Ma-
növer auf ein großes Landgut in Guartier.
Die Dame des Dauses, Mutter einer etwas
ältlidjcn Tochter, die den schneidigen Dragoner-
leutnant schon von einem Berliner winter-
aufenthalt kennt und ihn gerne zum Schwieger-
sohn „aoanctrcu" lassen möchte überhäuft ihn
mit Liebenswürdigkeit. Als der Gast sich eines
Abends früh aus dem Familienkreis empfohlen
hat, da er am andern Morgen bereits um
Uhr zum Dienst aufbrcdjen muß, beschließt
die gnädige Frau, ihrem Zimmermädchen noch-
mals ciiizufchärfen, ja nidst das rechtzeitige
Wecken des Perm Offiziers zu vergessen, vor
dem Sdstafengehen begibt sie sich nochmals in
die Stube des Mädchens und tritt, ohne an-
zuklopfen, ein. was erblickt sie?! — Sie fin-
det die hübsche Marie — mit ihrem präsum-
tiven Schwiegersohn in zärtlicher Situation: er
hat das Mädchen auf dem Schooß, raucht eine
Zigarette und betrachtet mit ihr in schmunzelndem
Linverständniß ein frivoles Witzblatt! Starres
Entsetzen! Marie kreischt auf und flüchtet in die
Fensternische, der perr Leutnant aber, in bequemster
Paustoilette, ridstet ftd; stramm auf und spricht,
mit eleganter Verbeugung gegen die gestrenge
perrin des pauses, das erlösende Wort:
„Gnädige Frau, — ich muß ge-
stehen, — der Schein ist gegen mich!"
Dr. M.
Wicht und Glfenkind
(Zur Zeichnung v. Karl Yelttg)
Du Sonnenfräulein, Du lichtes, kleines,
Was treibst Du hier?
Du Elfenkind, Du wunderfeines —
Komm’ doch mit mir!
fleht weisse ITläuslein spann’ ich Dir ein
fln eine Karosse aus Elfenbein,
Dann fahren wir los
Bis tief hinein in der Berge Schooss:
Da gleisst und karfunkelt’s von allen Wänden,
Da wühlst Du in Schätzen mit spielenden Bänden,
Rubine das Pflaster, die Decke Cürkiesen,
Brillanten die Kiesel, Smaragden die Wiesen.
Und alles Geräth, das dorten steht,
3st zierlich und hold geschmiedet aus Gold:
Spangen und Kettlein,
Stühlchen und Bettlein,
Becher und Kännlein!
Und drollige Männlein
Purzeln und kollern uieltausendweis’
Zu Deinem Plaisir herum im Kreis —
Da gibt es zu lachen!
Werden Dich gar wohl zur Königin macken,
Galant, wie sie sind!
Drum komme geschwind,
Elfenkind!-
0 Du putziger Wicht, o Du putziger Wicht,
Wie find ich Dich grässlich!
Die dicke Nase im rocken Gesicht,
Wie ist sie hässlich!
Das Wünsflein so rund und die Beinchen so krumm
Und so dumm, so dumm!
magst Du da schwätzen,
Von Deinen Schätzen!
Brillanten schimmern mir übergenug
Des Morgens im Chau,
Als bunte Suwelen durchgaukeln Im Flug
Die Falter die flu!
Was brauch’ ich Dein Goldt Auf allen Wegen
Funkelt mir Sonnengold entgegen,
Und feiner geschmiedet ist Jede Mücke,
Als Euere zierlichsten Meisterstücke!
Und Alles lebt und Alles webt
Und Jubelt hell!
Du armer Gesell,
Geh Du nur zu und lass’ mich in Ruh’
3m blühenden Bag!
3ch brauche den üag.
3ch brauche das Dicht!
Verstehst Du das nicht,
Du dummer Wicht? i,. j, l,
86z